28. Oktober 2021
Ich. Denunziant.
Vorausgeschickt: angesichts unsere Geschichte – von
Metternich bis Hitler – ist das eines der härtesten
Schimpfworte, mit dem man in meinem Milieu bedacht werden
kann: Denunziant. Es mag ja sein, daß jemand einfach zu
unbeleckt ist, um diesen historischen Hintergrund wenigstens
skizzenhaft zu kennen. Aber Mentalitätsgeschichte drückt
sich eben sehr wesentlich auch in dem aus, was uns nicht
bewußt ist. Der Mensch als Zoon politikon zeigt solche
Seiten, um Gemeinschaft zu konstituieren.
Ich habe
heute keinen Zweifel, was die Lakaien kenntlich macht, zeigt
sich unter anderem so: Der Sklave träumt nicht frei zu sein,
sondern Herr zu sein. Und in dieser Aussichtslosigkeit küßt
er Stiefel der Herren, um sich genug Gunst zu sichern, in
der sich dieser Traum weiterträumen läßt, während man
dienstbar ist. Und fügsam.
Denn das wissen meine Leute, nachdem sie aus unzähligen
Generationen der Subalternen hervorgegangen sind: Unmut
entlädt sich nur von oben nach unten. Wer das umdreht, von
unten nach oben grollt, ist der Rebellion verdächtig und
wird entsprechend sanktioniert. Das zeigt sich auch in
meinem Milieu. Wer sich auch bloß ein Stück etabliert fühlt,
betont mitunter die Hierarchie, in der man sich über
jemandem einreihen darf.
+) 27.10.2021: Eva H., eine
Bedienstete der Bezirkshauptmannschaft, quittiert mir eine
recht genau begründete Kritik mit den Worten: „komm lass
gut sein, und denunzier gerne die Leute weiter die für DICH
7 Tage die Woche arbeiten. Bin Besseres von dir gewohnt. Hab
einen schönen Tag!“
Kleiner Einschub: Im
öffentlichen Dienst arbeitet jemand für MICH, und zwar für
MEIN Steuergeld? Diese Argumentationslinie offenbart eine
etwas besinnungslose Auffassung von Staat und Gemeinwesen,
auch von Leistungsaustausch und von den Fragen, welche
Pflichten man im öffentlichen Dienst wem gegenüber
eingegangen ist, um jene soziale Sicherheit zu genießen, die
ich als Freelancer nicht kenne.
+) 16.10.2021: Erwin
P., ein Exponent der bürgerlichen Mitte, intellektuell
offenkundig außerstande meine Glossen zu entschlüsseln,
schrieb mir: „Wer den Kommunismus verteidigt und solchen
Unsinn schreibt, sollte auf der Stelle nach Nordkorea
gehen!!!!! Von Geschichte hast du keine Ahnung!!!!“
Man ahnt, der Mann würde keine drei Minuten seriöser
Debatte, in der man seine Gründe nennen muß, mit wem auch
immer durchstehen. Interessantes Detail: eines von zwei
Likes dieser Ausreiseempfehlung an mich kommt von einer
Sabina D.-D., derzeit „Österreichischer Integrationsfonds“,
davor bei der „Caritas“ beschäftigt. Das Revival einer
Attitüde aus dem Kalten Krieg hat merkwürdige Akteure und
Akteurinnen. (Siehe dazu auch den Eintrag vom
18. Oktober 2021)
+) 5.10.2021: Eine
Landesbedienstete (Kulturabteilung) und eine
Kulturgewerkschafterin (Vorstand) fühlen sich durch meine
Glossen in ihrem Ruf geschädigt. Sie beauftragen den
Kulturszene-Anwalt schlechthin, mich davon abzubringen. Das
ist im ersten Schreiben des Anwalts mit einer sehr hohen
Geldforderung und der Androhung gerichtlicher Schritte
verbunden.
Das sind Nachrichten aus einem aktuellen
Zeitfenster. So viel zu den erkennbaren Lagerbildungen des
Jahres 2021, wobei wir nun klären müssen, wer sich dabei
mit welchen Begriffen und Bilder ausstaffiert, um die eigene
Position nach außen darzustellen. Was nun die Wissens- und
Kultrarbeit sowie die Kunstpraxis angeht, ist ein wenig
diffus geworden, wer a) die primären Kräfte sind und wer b)
deren Arbeit bewirtschaftet. [Details
dazu]
+)
Wachsende Unruhe (Übersicht)
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