13. Dezember 2020

Begriffspaare

Gestern der SARS-CoV-2 / Covid-19 Antigen-Test. Negativ. Dann die sechste Tele-Drink-Session im zweiten Lockdown dieses Jahres. Für die Abend-Session hatte ich wieder zwei Fläschchen eingekühlt, damit die Lichter ordentlich angehen. Positiv. (Der Cava, den ich schätze, und ein Grüner Veltliner, sanfter Wein aus der Puch Sonderedition.)

Dieser Hauch von Trunkenheit ist für mich ein unverzichtbarer Bestandteil kleiner Feste, welche ich mir derzeit einmal pro Woche erlaube. Bei mir löst das gewöhnlich eine milde Fröhlichkeit aus, von der ich heuer eindeutig zu wenig erlebe.


Der Mangel an Geselligkeit hat etwas von lauerndem Zahnschmerz, den man erst einmal ahnt, dessen Ausbruch ungewiß ist, dessen Heftigkeit man nicht vorhersagen kann. Das Fehlen realer Begegnung erzeugt eine merkwürdige Form der Einsamkeit, die nach einer Weile in einem eigentümlich zu klingen beginnt.

Ich banne das unter der Woche mit Arbeitsdisziplin und mit Konzentration auf die selbstgewählten Aufgaben. Das ist ein sehr feiner Modus, bloß manchmal etwas anstrengend. Was mich in den letzten Tagen bewegt hat, läßt sich in einem kleinen Ensemble von Begriffspaaren bündeln.

+) Menschen ringen um Ressourcen und um Rang.
+) Wir verzehren uns nach Autonomie und nach Zugehörigkeit.
+) Dabei bewegen uns spirituelle und kulturelle Bedürfnisse.
+) Wir schwanken in diesen Abläufen stets zwischen der Konzentration auf Eigennutz und der Sorge um das Gemeinwohl.

Ich hab in meiner gestrigen Notiz betont, daß Charles Darwin gerne unterschoben wird, er habe mit „Survival of the Fittest“ das Recht des Stärkeren gemeint. Das ist Mumpitz! Darwin meinte nicht den Einzelnen, der vielleicht härter zuschlägt als andere, sondern die ganze Spezies.


Und er meinte mit „The Fittest“ nicht das Faustrecht einiger weniger, sondern die Stärke jener Spezies, die sich vorgefundenen Bedingungen am besten anpaßt. Tragen wir zusammen, was wir heute über all diese Fragen wissen, ziehe ich daraus den Schluß:
+) Kooperation geht vor Konkurrenz

Alles andere haben unsere Leute über Jahrhunderte mehrfach durchgespielt und im 20. Jahrhundert noch einmal in allen Facetten ausgelotet. Es wurde jedesmal ein Fiasko, das von den Schüssen in Sarajevo, über den großen Krieg und das Dritte Reich, in den Kalten Krieg geführt hat, um im Untergang Jugoslawiens noch einmal alle Fehlleistungen menschlicher Geltungssucht durchzuspielen. Blutbad auf Blutbad.

Und dennoch finde ich auch in unseren Reihen erneut, derzeit mehr denn je, dieses problematische Setting:
+) Protektion geht vor Kompetenz

Das braucht viel Schönrederei, Netzwerkarbeit und Werbebudgets. Es wird vermutlich nicht anders dagegenzuhalten sein, als mit dem Einrichten von Nischen der Kompetenz. Es wird sich wohl auch herkömmliche Höflichkeit nicht aufrechterhalten lassen…


-- [Die neue Bourgeoisie] --
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