21. Juni 2020

Handwerk, Technik & Kunst

Im gestrigen Eintrag kam diese Bildunterschrift vor: „Bucky Ball auf winzig: Der kleine R 16 vor der Baumgartner'schen Zuckerdose“. Zugegeben, man muß nicht unbedingt wissen, was ein Buckyball ist. Wer auf ein Kinderspielzeug tippt, liegt daneben.

Ich hab nebenan, bei Kunst Ost, eben erneut Künstler Hartmut Skerbisch zitiert. Mit ihm hatte ich mich nämlich in den 1990er Jahre tiefer auf das Thema Platonische Körper eingelassen. Dabei kommt man dann um Richard Buckminster Fuller nicht herum. Seine Sphären… die Buckyballs (schließlich die sogenannten Fulerene).

Das paßt jetzt auch mit ein paar Schnittpunkten zur Profession von Barbara Baumgartner, deren Zuckerdose eine Assoziationskette ausgelöst hat. Baumgartner (ganz links auf der Zuckerdose zu sehn) ist Designerin. Also Skerbisch, der ohne Buckminster Fuller nicht auskam. (Von Bucky haben wir die Metapher „Raumschiff Erde“.)

Ich mußte jetzt erst nachsehen, was ich damals zu notieren hatte. Etwa: „Aus klassischer Sicht ist Skulptur das Freilegen der Form aus dem Material. Zeitgemäß bedeutet das für Skerbisch: Was ist das Rätsel der Gegenstände, die uns umgeben und die wir handhaben? ‚Da mag ich nicht an der Oberfläche bleiben.‘ Er dringt in die Körper ein. So geht er den Prinzipien, auch Geheimnissen der Natur und des Materials nach, um zu klären, wie es zu den Formen von Gegenständen kommt. Er fragt freilich auch nach den Wirkungsweisen. Folglich sind seine Themen und seine Lösungsansätze gleichermaßen in der Kunst und in der Wissenschaft angelegt.“ [Quelle]

Ich sehe erst jetzt im Rückblick, wie sehr Skerbisch in unseren Debatten dafür gesorgt hatte, mit die Wege zu den Handwerkern zu ebnen. Auch auf Umwegen, im Erkunden, was nun das Digitale sei. Da war zum Beispiel meine Email vom Dezember 1999 an ihn mit der Passage „den auftakt hätten wir und ich stell nun ins web, was wir haben. die struktur möcht ich nach meinem ‚eisberg – schema‘ aufziehen: a) das objekt / b) info / c) kontext. ich habs in ‚Oberflächlichkeit und Tiefenrausch‘ skizziert.“ [Quelle]

Zu meinem Erstaunen ist der erwähnte Text noch online: „Die Postmoderne gilt als Abschnitt, der auf Tiefe eher verzichten läßt und zum Verweilen an der Oberfläche einlädt. So zumindest der Befund aus einigen Diskursen darüber, wohin sich die Moderne selbst modernisiert habe.“ Du meine Güte, waren wir schrullig! Hier also in der KW 44/1999: Oberflächlichkeit und Tiefenrausch“ (Die Gegenwart in Hypertext und Hypermedia)


Von links: Werke von Malewitsch, Jaray,
Buckminster Fuller und Warhol.Baldose

Ich springe in das Jahr 2015, wo ich für meinen Blick auf unseren Weg vom Pop zur Gegenwart vier Markierungen gewählt habe, Werke von Malewitsch, Jaray, Buckminster Fuller und Warhol. Wie das zusammenhängt, hab ich hier erläutert: [Link]

Dieses Motiv gehört zum Teilprojekt "the track: pop | ikarus". Daß der Blick in Europas Mythologie auch auf Daedalus und Hephaistos verweist, vor allem aber auf Prometheus, liegt nahe. Im Mai 2015 folgte auf meine Notiz Die Ehre des Handwerks: Es hat begonnen“ der Text Platonische Körper“. Da liefen also nach rund 15 jahren einige Themenlinien erneut zusammen.



Das Unikat Puch Jamos auf einem Foto aus dem Archiv Lanner

Nun hab ich gestern auch mein Arbeitsgespräch mit Manuel Wutti erwähnt und daß wir Archivalien auf dem Tisch hatten, die Leihgaben von Ferdinand Micha Lanner sind. Material, das teilweise noch nie veröffentlicht wurde. Wie geht das alles zusammen?

Kunst und Technik waren in der Antike eng verzahnt. Vieles, was wir heute als Kunst deuten, galt damals als Handwerk. Ich kann bei Wutti, der ein exzellenter Mechaniker ist, teilweise die gleichen Motive und Emotionen finden, die ich aus der Befassung mit Kunst kenne. Das heißt, so verschieden wir beide sein mögen, wir schöpfen stellenweise aus den gleichen Quellen und haben manchmal vergleichbare Intentionen. Das geht den Menschen offenkundig seit Jahrtausenden so.

-- [Die Novelle] --

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