15. Februar 2020
Also weiter im Betrachten der Querverbindungen zwischen
Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Nun: Ich hab gerade
ein Bündel sehr alter Filmer hervorgekramt, welche in dieser
oder jener Weise des Menschen Ringen mit technischen Lösungen
thematisieren. Manches davon als kritische Auseinandersetzung,
manches als Unterhaltung, manches im Feiern der Möglichkeiten.
Wie bemerkenswert, daß Georges Méliès schon 1902 eine Reise
zum Mond dargestellt hat, wobei sich die Passagiere mit
einer Kanone zum Trabanten schießen lassen. Das Erschaffen von
Menschen oder Menschen-Surrogaten taucht immer wieder auf, vom
Golem zu Frankensteins Monster, später als
Cyborgs.
Das hat sich in jüngerer Vergangenheit
folgerichtig in Software aufgelöst, erscheint zum Beispiel als
eine Wesenheit in den Netzen. Raumüberwindung und
Geschwindigkeit werden vielfältig abgehandelt. Derlei kann sich
in selbstreferentieller Raserei ausdrücken (The Fast and the
Furious oder American Graffitti), in rebellischen
Akten (Convoy) oder in Oden an den Rennsport (Le
Mans).
Wo der Mensch mit dem Moloch Technik kämpft,
mag das als Tragödie (Metropolis) oder Komödie (Modern
Times) daherkommen. Ab 1914 gab der umfassend mechanisierte
Krieg allerhand neue Motive her.
Außerdem fällt manches Filmschaffen in den Bereich Circus
Maximus. Die großen Spiele. Ob sich Gladiatoren gegenseitig
zerfitzeln, ob Sklaven den Löwen vorgeworfen werden, ob
Rennfahrer reihenweise sterben, wie das noch in den Tagen von
Jochen Rindt Standard war, es ist (um es mit Johann Nepomuk
Nestroy zu sagen) alles Chimäre, aber mich unterhalt’s.
In
Metropolis von Fritz Lang (1927) habe ich zwei sehr
schöne Kuß-Szene gesehen, die zu jener Zeit geradezu skandalös
gewirkt haben müssen, zumal in der ersten Brigitte Helm als der
aktive Teil erscheint. Das hat damals sicher für Unrihe gesorgt.
Im Film: Freder Fredersen hat sich in Maria verliebt, während er
gerade gegen seinen Vater rebelliert, der ein Technokrat und
Tyrann ist, außerdem Herr über eine Zweiklassengesellschaft, in
der eine Elite sich auf die Mühen einer elenden Arbeiterschaft
stützt.
In diesem Setting wird es zwischendurch äußerst
freudianisch. Joh Fredersen trauert noch immer seiner
Frau nach, die starb, als sie Freder gebar. Erfinder Rotwang,
der Typ des Mad Scientist, verspricht ihm, eine
Maschinenfrau zu bauen, die man von einem Menschen nicht
unterscheiden kann. (Wozu der Aufwand in einer Welt attraktiver
Frauen?)
Fredersen befiehlt Rotwang, der Maschinenfrau das Gesicht von
Maria zu geben. Sie, die sich eben in dessen Sohn Freder
verliebt hat, erleidet Gewalt durch den Wissenschafter und wird
für der alten Tyrannen zum Abbild seiner verlorenen Frau. Das
möchte man psychologisch lieber nicht ausdeuten. Es reicht als
Motiv vom Thema der jungen Frau als Fetisch und Beute bis zum
umfassenden Anspruch des Fürsten auf alle Frauen, die ihm
gefallen.
Natürlich findet man darin Pygmalion
wieder, der sich von realen Frauen enttäusch fühlt, sich eine
ideale Frau als Statue anfertigt, die ihm von Aphrodite zum
Leben erweckt wird.
Mit jüngeren Science Fiction Filmen werde ich mich später
befassen. Da finden wir dann auch Pandora. Sie wurde im
Auftrag von Zeus erschaffen, mit größter weiblicher
Anziehungskraft ausgestattet, aber dazu bestimmt, den Menschen
Übel zu bringen. Eine Racheakt des Göttervaters an Prometheus.
Also eigentlich eine Sache unter Männern, wobei die Frau als
Medium benutzt wurde.
Dieser Mythos klingt auch noch an, wenn etwa Alicia Vikander in
Ex Machina (2014) ein solches Wesen gibt, das sich dann
freilich gegen seine Schöpfer auflehnt. Den Gegenentwurf dazu
zeigte Antonio Banderas als Jacq Vaucan 2014 in
Autómata.
Die Menschen haben ihre Biosphäre vergiftet, zerstört, die
Spezies ist am Ende. Bleiben von der Menschheit nur noch jene
von ihnen geschaffenen Androiden, ursprünglich ihre Sklaven, die
auf Wasser, Luft und Boden nicht angewiesen sind. (Alle Bilder
auf dieser Seite stammen aus Metropolis.)
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