Mindestens wenn ich zuhause und für mich bin, geht es nicht ganz
ohne Pathos. Ich hatte im
vorigen Eintrag notiert: "Der erste Februar 2020 erlaubt mir eine kleine Markierung."
Diese Markierung bestand darin, nach etwas Arbeit an einem Text
auf eine Flasche Weißburgunder-Sekt überzugehen. Es ging darum,
mit einem feinen Geschmack im Mund eine Ära ausklingen zu lassen
und in leichter Trunkenheit jene Stunden Schlaf nachzuholen,
die ich davor aufgeschoben hatte.
Dieses Ende einer Ära begann
1988, als ich hier in der Oststeiermark begann, eine
bestimmte Idee der kollektiven Wissens- und Kulturarbeit zu
realisieren. Die Überlegungen dazu stammten vom Ende der
1970er her, als sich Ideen einer eigenständigen
Regionalentwicklung durchgesetzt hatten. Das war, in
verkürzter Deutung, ein Weg, um das alte Denkmuster
"Zentrum/Provinz" zu kippen und das Gefälle zwischen Zentren
und ihrer Peripherie einzuebnen.
Deshalb mußte es auch dieser Sekt der Marke "Erzherzog
Johann" sein, denn es ist von einiger Ironie, daß
dieser ungewöhnliche Aristokrat heute auf eine Art populär
ist, die an eine Operette denken läßt und den Blick auf
seine epochalen Leistungen verstellt.
Aber so sind wir. Derlei Dinge drehen wir auch andersrum. Da
wird dann Kaiser Franz Josef als gütiger Monarch verehrt,
obwohl er eine außergewöhnliche Niete war, nicht in der Lage
zu regieren und darin von bemerkenswerter Rolle im
Großen Krieg.
Noch bevor ich von dieser Geselligkeit mit meiner
Erinnerungen eingeschlafen war, rief mich Heimo "The
Driver" an, um einen Gang in die Gegend einzufordern.
Wir sind für manche Momente solide Peripatetiker, denken im
Gehen über das Leben nach, während Jack Russel Tristan
bemüht ist, uns mit seiner langen Leine zu Fall zu bringen.
Nun also ein kleine Trunkenheit in den Morgenstunden des
ersten Februars, um in den Tag hineinzuschlafen, als ein
Abgesang jener Phase, in der ich eine Vorstellung von
einer kulturellen "Szene" verfolgt hab, die
begleitet werden solle, um in einem konkreten Lebensraum ein
geistiges Klima zu stärken.
Zugegeben, eine romantische Idee, die mir aber immer noch
gefällt. An dieser Option finde ich bis heute nichts
auszusetzen. Sie leidet bloß an Beweglichkeit, an Dynamik,
wo die Trittbrettfahrerei gar so sehr ausufert. Das ist ein
markantes Leiden dieses Kulturbetriebs. Vor allem die
mittelmäßigen Kräfte fahren gerne gratis mit, um so, auf dem
Trittbrett erhöht stehend und dynamisch erscheinend, der
eigenen Sichtbarkeit zu dienen.
Aber wer weiß, vielleicht sind das bloß Usancen von
Untertanen und Höflingen, die unsere Leute ja kürzlich noch
waren. Vielleicht ist das banale Gewohnheit, über die man
nicht weiter nachzudenken braucht.
Ich hab das 2019er Jahr genutzt, um meine Geschäfte in
Ordnung zu bringen, mich von den Mühen der Jahre davor
auszuschlafen und die Idee, man könne sich im Kulturleben
langfristig und fruchtbar für eine "Szene"
engagieren, langsam loszuwerden.
Wie oft hab ich gestaunt, daß vor allem eher mittelmäßige
Geister in einer Kooperationssituation ganz schnell
vergessen haben, daß wir Kolleginnen und Kollegen als
Künstler sind, um mich wie ihren Manager zu behandeln, ohne
aber Marktwert und Umsatz zu generieren, für den mir
Prozente zustünden. Solche Arten der Beziehungen haben nun
geendet.
Das bedeutet, ich arbeite bloß noch mit bewährten Leuten,
deren Kompetenzen und deren professionelle Arbeitsweisen
evident sind, was zwischendurch auch Raum läßt, mit jungen Leuten
zu kooperieren, auf die ich einfach neugierig bin, die keine
speziellen Referenzen brauchen. Das ist im
vorigen Eintrag
schon etwas überschaubar geworden.
Aus dem jüngsten Arbeitsgespräch mit Sammler und Schrauber
Gottfried Lagler hab ich nun für die kommenden Jahres diesen
Themenraster festgelegt:
+) Arbeitsjahr 2020: Von den 1920er Jahren zum Zweiten Weltkrieg
+) Arbeitsjahr 2021: Vom Steyr Baby zu Ponton & selbsttragenden Karosserien
+) Arbeitsjahr 2022: Die gelungene Volksmotorisierung und die Keilform
Das ist nun für eines der relevanten Genres in
"Design und Epochen" aufgeschlüsselt, um so bei
"Mythos Puch“
einen Themen-Raster zu haben. Nun wird es interessant,
Formensprache und übrige Codes mit anderen Genres zu
vergleichen.
Wenn es also für die Phase II von "Mensch und Maschine" nun heißt: "Hundert Jahre sind um", dann sollte in aktueller Wissens- und Kulturarbeit auch beachtet werden, was in diesem Zeitfenster auf übrigen Themenfeldern als markante Zeichen, als wirksame Codes sichtbar wurde.