24. Februar 2020

Mindestens wenn ich zuhause und für mich bin, geht es nicht ganz ohne Pathos. Ich hatte im vorigen Eintrag notiert: "Der erste Februar 2020 erlaubt mir eine kleine Markierung." Diese Markierung bestand darin, nach etwas Arbeit an einem Text auf eine Flasche Weißburgunder-Sekt überzugehen. Es ging darum, mit einem feinen Geschmack im Mund eine Ära ausklingen zu lassen und in leichter Trunkenheit jene Stunden Schlaf nachzuholen, die ich davor aufgeschoben hatte.

Dieses Ende einer Ära begann 1988, als ich hier in der Oststeiermark begann, eine bestimmte Idee der kollektiven Wissens- und Kulturarbeit zu realisieren. Die Überlegungen dazu stammten vom Ende der 1970er her, als sich Ideen einer eigenständigen Regionalentwicklung durchgesetzt hatten. Das war, in verkürzter Deutung, ein Weg, um das alte Denkmuster "Zentrum/Provinz" zu kippen und das Gefälle zwischen Zentren und ihrer Peripherie einzuebnen.

Deshalb mußte es auch dieser Sekt der Marke "Erzherzog Johann" sein, denn es ist von einiger Ironie, daß dieser ungewöhnliche Aristokrat heute auf eine Art populär ist, die an eine Operette denken läßt und den Blick auf seine epochalen Leistungen verstellt.

Aber so sind wir. Derlei Dinge drehen wir auch andersrum. Da wird dann Kaiser Franz Josef als gütiger Monarch verehrt, obwohl er eine außergewöhnliche Niete war, nicht in der Lage zu regieren und darin von bemerkenswerter Rolle im Großen Krieg.

Noch bevor ich von dieser Geselligkeit mit meiner Erinnerungen eingeschlafen war, rief mich Heimo "The Driver" an, um einen Gang in die Gegend einzufordern. Wir sind für manche Momente solide Peripatetiker, denken im Gehen über das Leben nach, während Jack Russel Tristan bemüht ist, uns mit seiner langen Leine zu Fall zu bringen.

Nun also ein kleine Trunkenheit in den Morgenstunden des ersten Februars, um in den Tag hineinzuschlafen, als ein Abgesang jener Phase, in der ich eine Vorstellung von einer kulturellen "Szene" verfolgt hab, die begleitet werden solle, um in einem konkreten Lebensraum ein geistiges Klima zu stärken.

Zugegeben, eine romantische Idee, die mir aber immer noch gefällt. An dieser Option finde ich bis heute nichts auszusetzen. Sie leidet bloß an Beweglichkeit, an Dynamik, wo die Trittbrettfahrerei gar so sehr ausufert. Das ist ein markantes Leiden dieses Kulturbetriebs. Vor allem die mittelmäßigen Kräfte fahren gerne gratis mit, um so, auf dem Trittbrett erhöht stehend und dynamisch erscheinend, der eigenen Sichtbarkeit zu dienen.

Aber wer weiß, vielleicht sind das bloß Usancen von Untertanen und Höflingen, die unsere Leute ja kürzlich noch waren. Vielleicht ist das banale Gewohnheit, über die man nicht weiter nachzudenken braucht.

Ich hab das 2019er Jahr genutzt, um meine Geschäfte in Ordnung zu bringen, mich von den Mühen der Jahre davor auszuschlafen und die Idee, man könne sich im Kulturleben langfristig und fruchtbar für eine "Szene" engagieren, langsam loszuwerden.

Wie oft hab ich gestaunt, daß vor allem eher mittelmäßige Geister in einer Kooperationssituation ganz schnell vergessen haben, daß wir Kolleginnen und Kollegen als Künstler sind, um mich wie ihren Manager zu behandeln, ohne aber Marktwert und Umsatz zu generieren, für den mir Prozente zustünden. Solche Arten der Beziehungen haben nun geendet.

Das bedeutet, ich arbeite bloß noch mit bewährten Leuten, deren Kompetenzen und deren professionelle Arbeitsweisen evident sind, was zwischendurch auch Raum läßt, mit jungen Leuten zu kooperieren, auf die ich einfach neugierig bin, die keine speziellen Referenzen brauchen. Das ist im vorigen Eintrag schon etwas überschaubar geworden.

Aus dem jüngsten Arbeitsgespräch mit Sammler und Schrauber Gottfried Lagler hab ich nun für die kommenden Jahres diesen Themenraster festgelegt:
+) Arbeitsjahr 2020: Von den 1920er Jahren zum Zweiten Weltkrieg
+) Arbeitsjahr 2021: Vom Steyr Baby zu Ponton & selbsttragenden Karosserien
+) Arbeitsjahr 2022: Die gelungene Volksmotorisierung und die Keilform

Das ist nun für eines der relevanten Genres in "Design und Epochen" aufgeschlüsselt, um so bei "Mythos Puch“ einen Themen-Raster zu haben. Nun wird es interessant, Formensprache und übrige Codes mit anderen Genres zu vergleichen.

Wenn es also für die Phase II von "Mensch und Maschine" nun heißt: "Hundert Jahre sind um", dann sollte in aktueller Wissens- und Kulturarbeit auch beachtet werden, was in diesem Zeitfenster auf übrigen Themenfeldern als markante Zeichen, als wirksame Codes sichtbar wurde.

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