28. Jänner 2019

Die Qualen der Frau Elke IV

Beschimpfen, verhöhnen, abwerten. Ich habe gestern die Tagebuchaufzeichnungen von Victor Klemperer erwähnt, weil er penibel dokumentiert hat, wie die Tyrannei im Privaten an Boden gewann, indem sich laufend mehr Menschen die Freiheit nahmen, andere zu schikanieren und zu beleidigen. Klemperer schärft so die Aufmerksamkeit dafür, welche Wucht aus dem Banalen heraus kommen kann, wenn das medial verstärkt und politisch legitimiert wird.

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Seit ich auf der Welt bin, leistet sich diese Gesellschaft ein Ausmaß an innerfamiliärer Gewalt, das erschreckend ist und das nicht mehr - wie in Zeiten davor - halbwegs lückenlos durch gesellschaftlichen Konsens gedeckt wird. Der Staat sanktioniert weite Bereiche dieser handgreiflichen Menschenverachtung. Daß sie dennoch blüht und wütet, wurzelt sehr wesentlich in einem Sprachgebrauch, der Gewalttätigkeit ist und Gewalttätigkeit deckt. Diese galoppierende Art der Menschenverachtung hat inzwischen durch die neue Mediensituation allerhand Verschärfungen entwickelt.

Klemperer hat mit seiner kritischen Arbeit über die "Lingua Tertii Imperii" anschaulich gemacht, wie Sprachformen und Sprachgebrauch sich als Instrumente der Menschenverachtung und der Herrschaft eignen können. In früheren Jahren habe ich vor allem auch durch Arbeiten der österreichischen Sprachwissenschafterin Ruth Wodak wichtige Abregungen zur Sache erhalten. Feministische Literatur hat das stark bearbeitet. Hannah Arendt war für mich wesentlich. Ereignisse wie die Habermas-Kontroverse haben mich beschäftigt.

Egal, welche Quellen man bevorzugt, wir hatten genug Zeit und Anlaß, in dieser Sache Klarheiten und klare Positionen zu finden, von denen als gesichert gelten sollte, daß diese Machenschaften nicht weitergetrieben werden. Wenn uns heute Hate Speech in den Social Media etwas anderes zeigt, wäre das Nachdruck auf die Frage, wie und wodurch man sich selbst solcher Schäbigkeit verweigern kann.

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Damit möchte ich ausreichend begründet haben, weshalb ich Frau Elke hier exemplarisch vor den Vorhang zerren wollte, nachdem sie mir Wochen und Monate Abschätzigkeiten gemailt hat, die nicht in Dialogen zwischen uns beiden wurzeln, sondern, wie sie auch selbst mehrfach betont, in meinen Publikationen. Originalton als Anschauungsmaterial. Pars pro toto in einer Zeit, das sich unübersehbar gebildete Kreise solchen Modi anschließen. Und das hatten wir schon einmal, das ist Inventar präfaschistischer Verhältnisse.

Ich bekomme solche Post mit einiger Regelmäßigkeit und möchte annehmen, das gehört eben zu meiner Profession. Manchmal verdichtet es sich in solcher Weise, wo sich offenbar  Herzchen kein lohnenderes Ziel vorstellen können, um ihr Weltbild zu präzisieren. (Frau Elke am 27.01.2019 14:54: "...und Akademiker magst Du sowieso nicht.ausserdem nennt man sich nicht selbst Kuenstler oder Intellektueller. Diese Attribute werden von anderen erwähnt; der Rest ist unfein.")

Bleiben noch einige Sätzen zum anderen Teil solcher Entwicklungen zu notieren. Ein Bildungsbürgertum, das sich in weiten Bereichen von den Mühen der Bildung, des Wissenserwerbs, verabschiedet hat, simuliert seinen Status als Gebildete, leitet aus dieser Statussimulation Ansprüche ab und attackiert notfalls Wißbegierige, durch die der Kontrast sichtbarer wird.

In solchen Posen hat sich schon einmal die Mittelschicht der Tyrannei dienstbar gemacht, was in der Wasserträgerei für die Nationalsozialisten ja bloß ging, indem man kritische Diskurse (auch über sich selbst) einstellte, aber weiter simuliert hat, um in Fragen der intellektuellen Selbstachtung lebensfähig zu bleiben.

Daraus ergab sich seinerzeit eine atemberaubende Kumpanei mit den Nazi-Kanaillen, aus deren Reihen wohl kein einziger Nobelpreisträger, kein einziger Autor vorn Rang kam, aber immerhin Leute wie Leni Riefenstahl oder Hannerl Reitsch jeweils ihr Metier meisterhaft beherrschten.

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Zurück zum Banalen und zur Gegenwart. Frau Elke hatte sich mir also in beratender Funktion zugesellt. Was die Kunst angeht, empfahl sie mir das alte Ägypten als Referenzsystem und machte "Vergangenheit, Treue, Pflichtbewusstsein" als relevante Themen geltend; siehe den Eintrag vom 27.1.19! Wir könnten wenigstens ab der Renaissance mit unseren Betrachtungen ansetzen, da wurde vieles gedacht und erprobt, was wir heute leben. Aber nein, Ägypten, das seit der Landung Napoleons offenbar seinen Schock aus der Konfrontation mit dem Westen bis heute nicht verarbeitet hat. Und da bloß der rund fünftausend Jahre alte Teil.

Gut. Dann also Geschichte! Da könnte eine Dame doch glänzen, zumal mit akademischer Bildung und nach eigenen Angaben vormals in Bonn für "eine der bekanntesten Presseagenturen Deutschlands" in leitender Position tätig etc. Was war die Feudalzeit und was der Ständestaat, aus dem heraus sich unsere heutigen Bedingungen entwickeln ließen?

Zeiten, in denen es kaum soziale Mobilität gab. Menschen wußten, "wohin sie gehörten". In einen anderen Stand aufzusteigen war nur wenigen möglich. Das brach dann vor allem durch die Ökonomie auf, aber auch durch die Erosionen gesellschaftlicher Hierarchien in großen Veränderungen wie der Pestkrise, dem Dreißigjährigen Krieg etc. Frau Elke verwarf meine Notizen zu diesen Themen und schrieb mir:

"Es gibt da noch das Thema der Graf etc : er war ... Lang, lang ist es her, der Finanzmann des Herrschers." Wie nun? Der Graf also nicht in erster Linie Gefolgsmann seines Herren? Nicht seinem Fürsten verpflichtet, sondern einer Nation, die es vor dem späten 19. Jahrhundert gar nicht gab? Frau Elke teilte mir mit, der "Finanzmann des Herrschers" wie vielleicht auch andere Funktionäre des Feudalsystems, wäre so einzuschätzen: "Davon wurden ehemals die Adeligen adelig weil sie ihrer Nation grosse Dienste erwiesen hatten." Da verwöhnt sie mich erneut mit Versatzstücken aus der Boulevardpresse, aus Groschenromanen, aus welchen Quellen auch immer, mit denen alte Herrschaftsverhältnisse gerne verklärt werden. Hier die vollständige Mail: [link]

Nein, es ist nicht "lang, lang" her, sondern es endete die Erbuntertänigkeit bei uns im Jahr 1848, aber es bedurfte noch des Großen Krieges, indem sich die Habsburger mit Anmaßung und Schwung selbst versenkt haben, damit das Gottesgnadentum als politische Kategorie ausgedient hatte.

Der Kaiser herrschte über "Meine Völker" und nicht über eine Nation. Die Aristokratie diente daher auch keiner Nation, sondern ihrem Fürsten. Dieser Herrschaft waren "Meine Völker", wie man rückblickend gut sehen kann, scheißegal, wenn es nicht grade um Arbeitsleistung oder Kriegsdienst ging. Ansonsten sollte diese Völker spuren und wer dagegen aufbegehrte, wurde demonstrativ mit entsetzlichen Strafen belegt.

Frau Elke kann sich also ihren "verdienten Adel" sonst wo hinstecken. Und da sie mir die Ritter als höchstrangige Edle nahegelegt hat (siehe die Mail!), darf ich den französischen Historiker Jacques Le Goff empfehlen, dessen Werke über die Ritterschaft Frau Elke ja im französischen Original lesen könnte. Sehr aufschlußreich!

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