17. Juli 2018 Letztes
Wochenende konnte ich diese Spange ziehen, ihre Enden an Orten festmachen, wo in der
Steiermark die Erste Industrielle Revolution anbrach und sich schließlich die Zweite
Industrielle Revolution exemplarisch manifestierte.
Das Schloß in Burgau
Eine Spange von Burgau, wohin Graf Karl Batthyány Ende 19.
Jahrhundert aus England geschmuggelte Maschinen bringen ließ, nach Neudau, wohin sich die
Textilfabrik später verlagert hatte, Richtung Graz, wo Johann Puch an den südlichen Rand
gerückt war, um die technische Automatisierungswelle der Jahre rund 2010 bis 2013
aufzunehmen.
Beachtet man das Dreieck Albersdorf-Hofstätten-Ludersdorf,
unser zentrales Projektgebiet ("Dorf 4.0"), dann läßt sich darüber
von Burgau nach Graz praktisch eine annähernd gerade Linie legen. Das ist also keine
idealisierte Darstellung, sondern eine reale Skizze. Ein überschaubarer historischer Raum
als eine steirische Nische jenes Geschehens, wo Weltgeschichte die Regionalgeschichte
berührt. Siehe dazu den Eintrag im Projekt-Logbuch: "Als die Industrielle
Revolution ausbrach"!
Textilfabrik in Neudau
Die Region ist voller kurioser Details, durch die sich
über unzählige Mosaiksteine eine Vorstellung entwickeln läßt, was das Leben der
Menschen ausgemacht hat. Der Friedhof von Hainersdorf zeigt sich als ein Exempel dafür.
Ich kenne derzeit kein anderes Beispiel für so eine exponierte Lage.
Diese Lage erlaubt einen ungewöhnlichen Blick auf die
Außenmauern, welche durch höchst unterschiedlich gestaltete Grabsteine eine erstaunliche
Struktur erhalten. Im Inneren dieser Mauern findet man eine Art lokale Enzyklopädie
beachtlicher Familiengeschichten. Dabei auch architektonische Elemente, die ich in der
Gegend nicht erwartet hätte.
Der Friedhof von Hainersdorf
Dieses Umschau-Halten ist unter anderem ein Erkunden der
soziokulturellen Bedingungen für zwei Projekte, die ineinandergreifen sollen: "Ich bin eine Geschichte"
(Menschen blicken zurück) und "Wegmarken" (Klein- und Flurdenkmäler).
Das meint, wenn ich mich bei der Verständigung mit einigen
Menschen auf diese Projekte und das Dorfdreieck konzentriere, dann ist dieser
konkrete Ortsbezug sehr reizvoll, weil da vieles überaus greifbar wird. Zugleich ist aber
der größer Bezugsrahmen wichtig, um besser zu verstehen, wovon das Klima hier bestimmt
wurde.
Juliana Ohner, Grundbesitzerin
Es scheint mir bis heute nicht wirklich klar, wie
weitreichend die Wirkung von Mentalitätsgeschichte ist, zumal die
Lebensverhältnisse gerade noch sehr viel enger, stellenweise sehr repressiv waren. Das
heißt ja auch, Neues zu probieren, mit dem eigenen Leben zu experimentieren, all das war
für unsere Leute oft mit harten Konsequenzen verbunden. Um sich aufzuraffen, mußte man
erhebliche Risiken eingehen. Oder ist das auch heute nicht anders? |