6. Oktober 2017 Der Wahlkampf hat mir bisher an materiellen
Dingen einige wohlschmeckende Äpfel eingebracht, aber auch einige Kugelschreiber, die so
sehr nichts taugen, daß ich sie sofort weggeschmissen hab, weil man mit ihnen nicht
schreiben kann.
Ich will nun das Deutungsgeschäft nicht
übertreiben. Unter den Drucksorten, die mir in die Hände kamen, war ja wenigstens eine,
die auch inhaltlich ansprechend ist. Bemerkenswert, daß bei dieser Wahl nun werbende
Gruppierungen im Spiel sind, deren Inhalte ich bloß via Internet erfahren kann, weil ihre
Kampagnen nicht auf Mittel gestützt sind, die sie mir in meinem Lebensraum greifbarer
machen. Plakate, Poster, Flugblätter, Infostände sind eben manchen nicht verfügbar.
Ich hab also FPÖ, Grüne, Neos, ÖVP und SPÖ
vor Augen, das übrige Angebot muß ich suchen. Einzig die Nachschau bezüglich der
Düringer-Partie kann für mich entfallen. Dem Mann mißtraue ich seit seiner "Wutbürger-Rede",
der bisher bloß Schritte gefolgt sind, die mir den Eindruck machen, daß er sein Publikum
bewirtschaftet und auf skurrile Art den Kräften der FPÖ gleichkommt. Sein Hauptinhalt
scheint es zu sein, uns allen mitzuteilen, wie deppert die Anderen sind.
Selbstdefinition durch Feindmarkierung halte ich für eine politische bankrotterklärung.
Düringers Art des Prediger-Geschäftes fällt eher unter sektenhaftes Verhalten als unter
politische Relevanz.
Ich wollte mich nun eigentlich auf das
regionale Echo des Wahlkampfes konzentrieren und anschließend die Parteiprogramme
durchnehmen. Allerdings nicht, um mich damit auf den Wahltag zu beziehen, sondern um das
alles ein wenig zu dokumentieren, weil die politische Situation des Landes eine sehr
relevante Hintergrundfolie für mein Langzeitprojekt "The Long Distance
Howl" [link] ist. Damit
wird dann auch das Klima deutlicher, in dem unser 2017er Kunstsymposion [link] stattfindet.
Aber die bundesweiten Kräftespiele drängen
sich wuchtig zwischen diese Reflexionen. Das zeugt von korrupten Verhältnissen. Es erscheint
mir unmöglich, die Faktenlage bis zur Wahl verläßlich zu klären. Es erscheint mir
naheliegend, daß jede Fraktion abstreiten wird, was man ihr an allfälligen Schritten der
Niedertracht und Heuchelei vorwirft. Ich gehe davon aus, daß Österreich über
ausreichend vorzügliches publizistisches Personal verfügt, um ans Licht zu bringen, was
da alles der Fall gewesen ist.
Wie sehr hat mich gestern ein Youtube-Video
erstaunt: "Wahl 2017 - Überzeugen in letzter Minute (Gesamtsendung), ORF III,
5.10.2017" [link] Darin erscheint mir ausgerechnet der versierte FPÖ-Scharfmacher
Herbert Kickl wie eine Säule der Aufrichtigkeit. Ein geradezu verstörendes Erlebnis,
denn dieser Mann hat mit seiner inhaltlichen Arbeit über Jahre ganz unmißverständlich
gezeigt, wohin seine Auffassung von Menschenwürde reicht, was bedeutet, ich halte ihn
keinesfalls für einen positiven Referenzpunkt in diesen Fragen.
Aber vielleicht läßt sich all das auch
positiv sehen. Und zwar im Sinn einer Klärung der Befindlichkeit unserer Politik mit
speziellem Augenmerk auf jene von Christlichsozialen und Sozialdemokraten. Ein Stand der
Dinge, welcher sich einfach nicht mehr beschönigen oder gar verbergen läßt. (Offenbar
erlebt man das in Deutschland ähnlich.)
Ich mußte in der Region zur Kenntnis nehmen,
daß in vielen Punkten nach wie vor Protektion vor Kompetenz geht und daß sich
stellenweise eine Art der "Funktionärsherrlichkeit" breit macht, deren
Wirkmächtigkeit von Sachkenntnis nicht ausreichend gedeckt ist, ganz egal, was das an
möglichen Schäden nach sich zieht. Ich muß zur Kenntnis nehmen, daß eine öffentliche
Erörterung solcher Angelegenheiten nicht möglich ist.
Die Simulation von kompetenter Arbeit und von
Problemlösungen hat naturgemäß Grenzen. Werden diese Grenzen erreicht, beginnt die
Macht repressiv zu werden. Das ist nichts Neues. Aber zurück zum regionalpolitischen
Geschehen. Ich hab im gestrigen Eintrag meinen
Rundgang durch das Stadtzentrum geschildert. Es ist klar, Poster müssen knapp gefaßt auf
den Punkt kommen, ihre Sache pointiert darstellen.
Dabei halte ich das Betonen von Eigenschaften
bloß für Karaoke, denn was sollte bei dieser Themenstellung ein Kandidat anderes tun,
als sich die besten Eigenschaften attestieren zu lassen? Politische Makulatur!
Ich will auch von all diesen Eifrigen, den
Begehrlichen, die grade um ihre Möglichkeiten kämpfen, nichts hören, was sie über ihre
Konkurrenz denken. Wo es Verdachtsmomente und Fragwürdiges gibt, mögen sie ihr Wissen
und ihre Annahmen der Vierten Gewalt [link] übergeben,
dem publizistischen Personal, statt diesen Berufszweig systematisch in Frage zu stellen.
Ich traue keiner politischen Kraft auch nur
drei Meter weit, die sich etwas anderes wünscht als eine kompetente, leistungsfähige
Medienbranche, die den Politik-Profis nichts schenkt und sie hart in die Pflicht nimmt.
Das heißt, zusammengefaßt, sobald eine
Politikerin, ein Politiker beginnt, über die Konkurrenz herzuziehen, schalte ich ab. Ich
brauche das von diesen Leuten nicht zu hören, ich hole mir das gewünschte Wissen lieber
von erfahrenen Kräften des Journalismus.
Sobald eine Politikerin, ein Politiker,
Sendezeit oder Platz im Blatt hat, im Web, wo auch immer, interessiert mich nur das:
Welchen von unseren aktuellen Problemen wollen Sie sich widmen? Wie möchten Sie vorgehen,
um dabei was zu erreichen? Was bewegt Sie selbst in all dem?
-- [Kunstsymposion: Politik]
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