2. Jänner 2017 Der
Jahreswechsel, das ist sehr abstrakt. Ich habe dabei hauptsächlich Verwaltungsaufgaben zu
erledigen. Buchhaltungen abschließen und neue Ordner anlegen. Klärungen mit der
Sozialversicherung. Solche Erledigungen sind das. Ebenso fad wie unabwendbar. Zum
magischen Denken finde ich gerade keine ausreichend interessanten Anlässe.
Aber ich mag die kristallene Kälte, den
harten Sonnenschein und die Ruhe, von der ich immer noch umgeben bin. Lesen, hören,
nachdenken, schreiben. Außerdem scher ich mich seit einer Weile mehr um das Kochen, was
mich an eine Kuriosität erinnert. In meinen Kindertagen hat jemand, der mutmaßlich nicht
ganz bei Trost war, den Begriff "Küchengerüche" ersonnen und die
Düfte des Essens als Kulturschande markiert.
Die Suchmaschine liefert mir sofort eine
"Duftkerze Gegen Küchengerüche". Dazu die lachhafte Behauptung: "Die
Laternenkerze besteht aus einem Molekül, das speziell erforscht wurde, um Küchengerüche
zu beseitigen." (Ziemlich großes Molekül?)
Ich wüßte zu gerne, welcher Art ein Molekül
sei, das "speziell" auf Küchengerüche gehetzt werden kann. Freilich
müßte es ja nicht erforscht, sondern entwickelt worden sein. Egal!
Diese Lustigkeit kann ich nun sich selbst überlassen und andere Themen suchen.
Mich fesselt grade etwas Gedankliches. Im
Dezember des Vorjahres gab Philosoph Alain Badiou in einer Schweizer "Sternstunde
Philosophie" ein Interview, erwähnte dabei "Vier kreative Register der
Menschen". Badiou ergänzte, er nenne diese Register auch Wahrheitsverfahren.
Die sind der Reihe nach:
+) Wissenschaft
+) Kunst
+) Liebe und
+) Politik,
...wobei er die Liebe als die Transformation der persönlichen Existenz durch
Begegnung erläuterte. Das sind also sehr anregende Überlegungen. Mir gefällt der
Begriff "kreative Register" sehr gut, er riecht nach prozeßhaften
Eigenschaften. Und ich mag, daß Badiou die Liebe dazuzählt.
In diesem Interview gibt es eine Stelle, da
sagt der Philosoph: "Wer sich nur an Gleichaltrige wendet, stirbt mit ihnen
aus." Das ist allerdings brisant. (Ich versuche gerade, vorerst darüber nicht
weiter nachzudenken.
Statt dessen beschäftigt mich momentan sehr
das Thema Pferdekraft, genauer: der Kentaurische Pakt. Hier eine knappe
Skizze des Themas: [link]
Laut Evolutionsbiologe Josef H. Reichholf begann das mit den Pferden vor etwa 5.500 Jahren
in Asien. (Mit Hunden sind wir dagegen schon wenigstens seit 30-40.000 Jahre.)
Pferde wurden nicht, wie Schafe, Ziegen oder
Rinder, zur lebenden Fleischreserve gezählt, auch wenn man in Österreich den
Verzehr von Pferdefleisch kennt. Physiologe Jared Diamond nennt bezüglich unserer
Nutztiere als "Die Großen Fünf": Schaf, Ziege, Kuh/Rind, Schwein und
Pferd.
Napoleon setzte Geschwindigkeit als Waffe ein.
Seine Reiterei warf Europa über den Haufen. Mit dessen Kriegen endet zugleich der Kentaurische
Pakt., auch wenn der Pferdeeinsatz bei uns mit dem Zweiten Weltkrieg noch
einmal Spitzen erreichte. Danach setzt in Europa die Volksmotorisierung und die
Maschinisierung der Landwirtschaft gleichermaßen energisch ein.
Die Zweite Industrielle Revolution produzierte
Maschinensysteme, unter denen die alte agrarische Welt versank. Das ergab zugleich auch
weitreichende Umbrüche in dem, was man sich unter Volkskultur vorstellen kann.
Diesbezügliche Verschiebungen, in denen eine
junge Unterhaltungsindustrie astronomische Geldsummen bewegt hat, werden derzeit noch
nicht angemessen debattiert, während etliche politische Fraktionen seit Jahren Wahlkampf
betreiben, indem sie diese Themen verramschen; Volk, Kultur, unsere Heimat. Naja, da
besteht allerhand Klärungsbedarf... |