8. Dezember 2015 Ich
hab gestern eine "neue Renaissance"
erwähnt, kurz Renaissance 2.0., wie sie Peter Weibel beschreibt. Und es ist
rundum von Industrie 4.0 die Rede, gestützt auf ein Internet der Dinge.
Wie stets gehen in all dem Realität und Vision ineinander.
Wir haben nun (bei Kunst Ost & Kultur.at)
über mehr als zwei Jahre diesen Themen-Triptychon erarbeitet: "Die Ehre des
Handwerks, das Gewicht der Kunst, der Geist in der Maschine". Das ist
gewissermaßen ein Themenhorizont, der für mich den Übergang in diese neue Situation (Renaissance
2.0.) faßt.
Weibel meint mit Renaissance 2.0. Entwicklungen,
die nun möglich sind, nachdem der Mensch über Sprache und Theoriebildung eine
Technologie hervorgebracht hat, die ihn "aus der Gewalt der Natur" herantreten
lasse, was er Exo-Evolution nennt: "Dort, wo die Natur sagt, das Leben
ist zu Ende, sagt der Mensch, mit Hilfe von Technik geht es weiter."
In den Veranstaltungen unseres heurigen Kunstsymposions
[link] und in den
folgenden Debatten kamen immer wieder Fragen auf wie den Wissen entstünde, wie Erfahrung
entstehe und wie wir uns dem widmen könnten, was noch nicht gedacht werden kann.
Die Noetik ist eine Wissenschaft, welche sich mit
solchen Fragen befaßt. Eine Lehre vom Denken und Erkennen geistiger
Gegenstände. Ich erwähne das, weil Weibel von einer "noetischen
Wende" spricht: "Wir schlagen daher eine noetische Wende vor: Die
Grenzen unserer Werkzeuge bilden die Grenzen unserer Welt, unserer Wahrnehmung, unseres
Lebens."
Was nun die vierte Industrielle Revolution und das
Internet der Dinge angeht, sollte man sich vorstellen, daß Millionen von
Endgeräten bei den Menschen mit Sensoren ausgestattet und vernetzt sind. Was wir in
diesem Zusammenhang schon kennen, ist ein Sender-Empfänger- System auf der Basis von
Radiowellen.
Unternehmer Ewald Ulrich arbeitet mit solcher Technologie,
entwickelt derlei Systeme. Das Kürzel RFID steht für "radio-frequency
identification". Dabei geht es um ein automatisches und berührungsfreies
Lokalisieren sowie Identifizieren von Lebewesen und von Objekten.
HEIMO MÜLLER (LINKS) UND EWALD
ULRICH
Damit ist auch Medienfachmann Heimo Müller ("Blogmobil")
befaßt, den unter anderem Datenbanken und die Interaktion von Menschen mit
Datenbeständen beschäftigen. Ich hatte gestern mit Müller und Ulrich ein
Arbeitsgespräch, weil das Arbeitsvorhaben "Konvergenz 2016" von einem
Zusammenwirken der Genres Kunst, Wirtschaft und Wissnschaft (KWW) handelt.
Weibel meint zu diesem Zusammenhängen und der Basis einer Renaissance
2.0.: "Durch die Informations- und Kommunikationstechnologie und die
fortschreitende Mathematisierung der Welt, also die Verwandlung der Dinge in Daten, wurde
die Infosphäre geschaffen. Exo-Evolution und Infosphäre bedingen einander."
Was wir regional als neuen KWW-Ansatz in die
Praxis führen, hat in Weibels Darstellung seine größere Entsprechung: "Wissenschaft
und Kunst sind Akteure der noetischen Wende, sie teilen sich eine gemeinsame
Sphäre."
GÜNTHER MARCHNER
Als ich Ende November Wissenschafter Günther Marchner in
Gleisdorf zu Gast hatte, besprachen wir eine Arbeits-Achse Gleisdorf - Bad Mitterndorf.
Dabei rückten folgende Punkte in den Fokus:
+) Wie entsteht Neues?
+) Wie reflektiert man Wandel?
+) Wie sorgt man für die Zukunftsfähigkeit einer Region?
+) Wie steht es um unsere Fehlerkultur und eine Kultur des Nichtwissens?
Wir werden in solchen Zusammenhängen zu klären haben,
welche Rolle und Funktion die Gegenwartskunst in derlei Prozessen finden kann und was das
für die Praxis bedeutet, vor allem auch für die regionale Wissens- und Kulturarbeit.
Nun ist der Begriff Industrie 4.0 bis heute
keineswegs mit einer Definition versehen, die sich auf einen größeren, intersubjektiven
Konsens stützt. (Die Debatte läuft noch.) In der nötigen Zusammenschau unserer
aktuellen Themenstellung scheint mir für die derzeitige Orientierung ein Statement von
Zukunftsforscher Klaus Kofler nützlich:
"Industrie 4.0 ist die logische Weiterentwicklung
dessen, was vor 25 Jahren mit dem Internet begann. Was folgt, ist, dass wir alle
Komponenten, die in Zusammenhang mit der Produktion von Gütern stehen, vernetzen. So wie
wir mit dem Internet, die Art, wie wir mit Information umgehen, grundlegend verändert
haben, wird sich die Produktion ändern. Daraus resultiert, dass wir uns einer totalen
Vernetzung von Mensch und Maschine unterziehen, die wir nicht mehr rückgängig machen
können." [Quelle]
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