6. Juni 2015 Die
Farbe der Geschwindigkeit. Dieses Thema hab ich mit dem Dottore schon
mehrfach angefaßt. Das hängt sehr wesentlich mit seiner Mischung aus Leidenschaft und
Kompetenzen zusammen. Er teilt mit mir das Dasein eines Automobil-Paparazzo. Wir
jagen sie im Alltag. Die bemerkenswerten Stücken. In seinem Fall mit italienischen
Schwerpunkten, aber mit fundiertem Gesamtverständnis.
Auf diesem Foto sieht man Norbert Gall mit Anneliese
Abarth, der Witwe des legendären Motorflüsterers Carlo Abarth. Gall war damals
Brand Manager bei Abarth Austria, hatte davor bei Fiat angeheuert. Heute
ist er Marketing Manager für DAF Trucks.
Die Farbe der Geschwindigkeit hatten wir uns als
Thema für den "Internationalen Museumstag 2013" vorgenommen: [link] Der Zugang muß
manchen erläutert werden. Farbe, das bedeutet, Licht schwingt in dieser oder jener
Frequenz. Ergo sind die unterschiedlichen Farben unterschiedliche Bewegungszustände des
Lichts, Schwingungen in unterschiedlicher Frequenz = Geschwindigkeit. Klar? Klar!
Der Zusammenhang zwischen Farbe und Geschwindigkeit
ist demnach sehr symbolträchtig. Gestern trafen wir uns, wie schon zuvor, bei einer
Autobahnraststätte, um eine Konferenz zu absolvieren. Mit Gall rundet sich meine Liga
der ehrenwerten Gentlemen um einen wichtigen Akteur.
Mein 2015er Kunstsymposion hat ja die Ehre des
Handwerks, das Gewicht der Kunst und den Geist in der Maschine
gemeinsam zum Thema. In der Politik würde man das eventuell eine Querschnittsmaterie
nennen. Wenn wir diese Teilthemen bearbeiten, um einen Gesamtanspruch zu fördern
nämlich: Eine Epoche begreifen, bin ich auf ein kontrastreiches Set von
Kompetenzen und Leidenschaften angewiesen.
Gall ist seit Jahren mit einer eigenen Leiste in meinem
Online-Projekt [flame] präsent: [link] Wir hatten also schon reichlich Anlaß, uns über Formen,
Funktionen, Zusammenhänge im Automobilismus zu verständigen. Dieser Generalfetisch
unserer Kultur gibt ja einiges zu Grübeln auf.
In meinen Erörterungen zur Straße des 20.
Jahrhunderts [link]
habe ich der Nachkriegszeit vier Grundformen zugeschrieben: Den Ponton, den Ovoid,
die Box und den Keil. Wir haben gestern diese Überlegung überprüft.
Gall hatte ein Kompendium dabei, das alle Konzepte des Turiner Automobilsalons zeigt.
Erstaunlich, was den Serienprodukten alles vorausgeht.
Gall betont klarerweise, daß wir in der Geometrie nur drei
Grundformen haben. Den Kreis, das Quadrat und das Dreieck. Das
entspräche Ovoid, Box und Keil. Da Automobile aber komplexe
Funktionen haben, sind zahlreiche Abwandlungen dieser Grundformen naheliegend.
Das berührt in einigen Punkten auch Fragen, die ich eben
erst in der Grübel-Stube mit den Jungs von Ana-U und von WiGL-Design
durchgenommen hatte: [link]
Das sind ja zugleich wichtige Motive der Pop-Kultur. Wir leben einen Wohlstand in
einer Massenkultur, die uns über einfache Grundmuster stets neue Geschichten anbietet,
aufdrängt.
Das haben wir auch debattiert. Polemisch verkürzt: Hatte
bei uns einst die Kirche ein Monopol, um der Gesellschaft Identität
anzubieten, so kommt dieses Angebot heute von der Werbebranche. Siehe dazu: Von
Bildern und Mythen (Medien und Werbung bestimmen die Selbstwahrnehmung des 'postmodernen'
Subjekts) von Matthias Marschik. [Quelle als PDF]
Kein Zufall, daß ich Marschik erwähne. Er hatte den
Eröffnungsvortrag für das 2013er Kunstsymposion gehalten: "Der Mythos vom
Ganzen und Einen" (Identitätskonstruktionen in der Spätmoderne); siehe dazu: [link]
Das alles rücken wir uns also gerade zurecht, wo es
zusammenwirkt: Ein radikales Jahrhundert, von dem sich vieles innerhalb unserer
Biographien ereignet hat. Die Popkultur als ein Phänomen, das die Welt umspannt.
Die Identitätsangebote durch Werbung in einer Zeit des Massenkonsums. Das
Automobil als Generalfetisch dieser Zeit...
-- [Kunstsymposion 2015]
[Generaldokumentation] --
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