31. März 2015

Ich habe im gestrigen Eintrag skizziert, wie eine subalterne Kraft der Kommune mich zum Statisten umgekupfert hat, während sie a) ein von mir initiiertes Kulturprojekt – den Kulturpakt Gleisdorf – unter ihre Deutungshoheit brachte und dabei b) einige Themen besetzte, die ich über Jahre gründlich erschlossen hab.

Das ereignete sich in diesem ersten Quartal 2015, als in der Abteilung alle meine diesbezüglichen Projektunterlagen, Konzepte, Memos, Berichte, sowie alle Artikel, die ich darüber publiziert habe, zum Projektabschluß in Form einer Daten-CD auflagen.

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Katharina Scheidl ist "innerhalb der Stadtgemeinde Gleisdorf für die Koordination des Kulturpaktes zuständig", heißt es in einer eben erschienenen Publikation [link] der Abteilung für Kultur und Marketing, die nun auch als Beilage zum Gleisdorfer Stadtjournal breit gestreut wurde. Auf der Website Gleisdorfs wird Scheidl als "Bereichsleiterin" des "Kulturpakt Gleisdorf" geführt, wo ich übrigens immer noch als Konsulent genannt werde: [link] (Konsultiert wurde ich nie.)

Eben diese Publikation verwertet meine Arbeit aus mehreren Jahren, verwertet die Arbeit von Kunst Ost, und besetzt, wie erwähnt, einige unserer Themen. Hier ist überschaubar gemacht, wie wir uns dem Themenkomplex Volkskultur, altes Wissen und Handwerk angenähert haben: [link]

Es ist nicht bloß die Marktschreierei ("Wir sind Kulturpakt"), an der ich mich stoße. Daß ich in einer angeblichen O-Ton-Passage im Scheidl-Interview vorkomme, in der mir der neoliberale Kampfbegriff "Leistungsträger" in den Mund gelegt wurde, nimmt mich sehr gegen dieses Unternehmen ein.

Ich habe gestern betont, daß dieser ideologisch aufgeladene Begriff das Eigentliche verdeckt, den Begriff "Leistungsaustausch" im sehr konkreten Zusammenhang eines Anspruchs Kulturschaffender auf öffentliche Gelder.

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Die genannte Kulturpakt-Publikation als Sonderbeilage des
Gleisdorfer
Statdtjournal: Damit ist eine Kulturinitiative der
Basis per offiziellem Gleisdorf-Logo endgültig von Bottom up
zu Top down gewendet und die inhaltliche Enteignung von
Kunst Ost in dieser Initiative tausendfach verkündet

Warum also verwechselt die "Bereichsleiterin" diese Begriffe, während sie offenbar geneigt ist, die Kultur zur Magd des Marketing zu machen? Und was ist überhaupt ein "Leistungsträger"?

Ich hab gestern erwähnt, dies sei ursprünglich ein simpler Terminus gewesen. Ein nüchterner Fachbegriff in einem Vokabular, wo man auch "Kostenträger" etc. findet. Dabei blieb es nicht. Heut geht der Alltagsgebrauch dieses Wortes sogar über den Einzelnen, der mit einer Leistung entscheidend zu einem Gesamterfolg beiträgt, hinaus.

Das Wort meint inzwischen speziell jene, die einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens leisten. Da kam längst auch eine Klassifizierung a la Klassengesellschaft durch. Es ist zugleich eine wunderbar trübe Kategorie, denn woran bemißt sich denn "überdurchschnittlich" und was ist mit "Erfolg" gemeint? Vor rund einem Jahrzehnt nannte Finanzstaatssekretär Alfred Finz von der ÖVP einen kategorialen Unterschied zwischen dem „kleinen Mann" und dem „Leistungsträger“. (Pure Ideologie!)

Im April 2011, war zu erfahren: Finanzministerin Maria Fekter formulierte: "Ich will die Anwältin der Leistungsträger sein.“ Damals notierte Eva Linsinger im Wochenmagazin profil: „Der neue ideologische Kampfbegriff der ÖVP heißt ‚Leistung’. Was genau sie damit meint, außer der guten alten Besitzstandswahrung, weiß sie jedoch selbst nicht.“ [Quelle]

Es wäre also wohl neu zu klären, auf welche Kriterien und Qualitäten sich eine zeitgemäße Wissens- und Kulturarbeit abseits des Landeszentrums stützen soll. Wir haben an diesen Fragen und an einer kollektiven Kulturpraxis nun in drei Jahresprojekten gearbeitet: 2009, 2010 bis 2013 und 2014. Eines der Ergebnisse ist in "Die Ehre des Handwerks" zusammengefaßt.

Zum Vergleich: Geheimer Wandel in wenigen Monaten

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Kulturpakt in der KW 45/2014 [link] | Kulturpakt in der KW 13/2015 [link]

Gerwald Hierzi, zuständiger Abteilungsleiter, beantwortete meine Vorhaltungen per Email mit: "Hallo, nehme ich zur Kenntnis. Hab aber eine andere Haltung dazu.", ohne das näher auszuführen.

Die andere Haltung ist ja durch die Handlungsweise der Abteilung für Kultur und Marketing evident. Die Gründe für diese inhaltliche Enteignung von Kunst Ost sind in dieser Sache allerdings noch nicht erklärt. Ich warte ab...

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