30. August 2014

Jetzt müßte ich wissen: Bringt es Glück, wenn das Glückskeks-Orakel, blind für mich als konkreten Adressaten, einen Schreibfehler in den Orakelspruch setzt? Oder bringt mir das Bonuspunkte beim Schicksal?

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Es wird mir also nach meinen großen Bemühungen (Commitment, das N bleibt unverzichtbar) Erfolg beschieden sein. Ich erwarte nicht weniger und sollte nun dem Orakel antworten dürfen: Definieren Sie Erfolg. Wir Menschen sind so sinnsüchtige Wesen. Das Orakel weiß natürlich: Solche Erwiderungen kommen nicht. Der Glückskeks-Finder bastelt sich die Botschaft selbst zurecht.

Wie viele Wochen hocke ich nun große Teile des Tages in meinem Glücksbunker? Dort wird im Zwielicht an meinem Glück gearbeitet. (Natürlich von mir und niemandem sonst.) Es ist ein Teilzeitglück aus Teilzeitfertigung, denn würde ich mich ganztägig mit Glücksproduktion beschäftigen, bliebe mir kein Zeit mehr, Glück zu haben.

Sie verstehen, wie das funktioniert? Ich weiß, das ist etwas knifflig. Glücksproduktion, das ist natürlich ein ewiges Herumfieseln an Möglichkeitsräumen. Das handelt vom Einwerfen aller möglichen materiellen und immateriellen Güter in diesen Möglichkeitsraum.

Damit ist ein Fundus etabliert, mit dem Menschen spielen können. Verstehen Sie mich recht, ich bin ein Freund solider Arbeit. Eben das ereignet sich oft im Spielen. Das Erproben von Variationen im vergnügten Umgang mit den Dingen.

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BOOKLETS ZUM KUNSTSYMPOSION

Das stets gut geplante, zielgerichtete Tun ist ja bei all dem nur eine von mehreren möglichen Spielarten. Ich hab mir eben mit unserem Kunstsymposion einen weiten Möglichkeitsraum aufgemacht. Das ergibt eine fröhliche Art der Pausenlosigkeit mit kurzweiligen Erschöpfungszuständen. Ja, kurzzeitig sind sie auch, aber vor allem unterhaltsam.

Dazwischen läuft dann die Glücksproduktion über Kontrastmomente. So habe ich kürzlich Friedrich Spekner kennengelernt, den Mann, der in der historischen Steyr-Daimler-Puch AG einst das Design Centre aufgebaut hatte, das damals noch Design Center hieß.

Unser freundliches Einvernehmen hat mir eben Blätter zugespielt, von denen ich bisher noch nie etwas gesehen habe; sie sind auch in einschlägigen Publikationen nicht dokumentiert.

Das paßt natürlich zu den laufenden Ereignissen, da wir vom Kunstsymposion in die Alltagskultur verzweigen, wo auch das traditionelle Handwerk zuhause ist.

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Das führt zur Session, die dem Stichwort "Mythos Puch" Taten folgen läßt. Damit zeichnet sich im aktuellen Möglichkeitsraum eine vorläufige Struktur ab.

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Dieser Lauf der Dinge bedeutet überdies, daß ich meiner nächsten Komplexitätskrise jede Chance gegeben hab. Zwischendurch kommen Malis an wie etwa jenes, in dem mir Maler Radenko Milak offenbart, was er und Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov inzwischen auf dem Punkt haben: "Yes...because they need bigger car we decide to take big painting...thanks martin...see you soon "

Natürlich könnte das beunruhigend sein, denn genau solche Details bedeuten, daß das Budget zu ächzen beginnt. Aber Sie müssen verstehen, daß diese Art der Empfindlichkeit bedeuten würde, hier wäre eben der Fokus ungenau ausgerichtet.

Das Geld ist nicht mein Unternehmensgegenstand, sondern ein Medium, das ich in andere Belange konvertiere. Es muß also verschwinden, damit manches geschehen kann. Der Satzteil "we decide to take big painting" bedeutet, daß im Konvolut ein opulentes Ölgemälde auf dem Weg ist und kommenden Montag hier eintreffen wird.

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Dieses rührende Motiv zeigt uns Bosniaken, welche sich der Okkupationsmacht Österreich andienen, indem sie sich um eine Büste des Kaisers Franz Josef scharen, als wäre er es selbst. Über den braven Leuten ein Banner mit der Botschaft: "Zivio car i kralj Franjo Josipi.". (Das J im Franjo ist wohl zu allerletzt drangekommen.) "Es lebe der Kaiser und König Franz Joseph." Punkt. Kein Rufzeichen.

Ich habe das gestern mit der Kuratorin erörtert. Woran mag es gelegen haben, daß sich ein Teil der Südslawen auf solche Art mit den Osmanen arrangierte, später mit den Österreichrn, überdies in der Folge Eigenarten herausbildete, die heute als ethnische Merkmale wahrgenommen werden. ("Bosniaken" ist ein junger Begriff staatspolitischer Natur, der südslawische Leute bezeichnet, die ursprünglich aus anderen Ethnien stammen, aber unter den Osmanen zum Islam konvertiert sind.)

Im Kontrast dazu serbische Leute, die im Widerstand blieben und das Kriegerische offenbar zu einem Stück ihrer kollektiven Identität gemacht haben. Ein Beispiel: Bisher konnte mir noch niemand erklären, wie es zu erklären sei, daß zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg serbische Leute den angeblich höchsten Blutzoll geleistet hatten, gemessen an der Bevölkerungszahl der Ethnie, obwohl sie zu der Zeit nicht einmal Eigenstaatlichkeit besaßen.

Ist das "Inat", jene kuriose Mischung aus Trotz, Wut und Unbeugsamkeit? Woher kommt sowas? Kann man es sich auch wider abgewöhnen, wenn die Zeiten sich geändert haben?

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