17. August 2014 Imperium:
Diese vorherrschende Männerkultur II
Ich hab als erstes Bild im vorigen Eintrag ein Foto aus dem Film "Casualties of War"
(1989) von Brian De
Palma gezeigt. Sean Penn sielt Meserve, den Kommandanten einer Patrouille.
Michael J. Fox ist Eriksson, sein Gegenspieler.
De Palma zeigt uns, was möglich wird, wenn eine
Gesellschaft die Brutalisierung ihrer Leute zuläßt, wovon Krieg heute die
Maximalvariante ist. Meserve und seine Kumpel haben beschlossen, auf ihrer nächsten
Patrouille ein Dorf zu besuchen, aus dem sie ein vietnamesisches Bauernmädchen
verschleppen.
Die junge Frau wird mehrfach vergewaltigt, wird gefoltert
und zuletzt ermordet. Eriksson stellt sich dagegen, bemüht sich danach, Meserve vor ein
Kriegsgericht zu bringen. Auf diesem Weg versuchen höherrangige Vorgesetzte permanent,
die Sache herunterzuspielen.
Das Motiv ist Standard. Was die Deutsche Wehrmacht angeht,
haben Arbeiten von Regina Mühlhäuser [link] und anderen Kräften das Thema "Sexuelle Gewalt im
Krieg" transparenter gemacht.
Japan war mit seinem eigenen faschistischen Konzept
Alliierter Nazi-Deutschlands: "Im Zweiten Weltkrieg verschleppten japanische
Soldaten Zehntausende Frauen. Sie vergewaltigten und folterten die sogenannten
'Trostfrauen'." [Quelle]
Milovan Djilas, damals einer der Führer von Titos
Partisanenarmee, beginnt den Teil II seines Buches "Gespräche mit Stalin"
mit den Übergriffen der Roten Armee nach ihrem Einmarsch in Beograd. An einer Stelle
nennt er 121 Fälle von Vergewaltigung, "von denen 111 mit Mord gekoppelt
waren".
Später findet sich in diesem Buch die Schilderung eines
vor Wut weinenden Stalin, der über Djilas gesagt haben soll: "Kann er nicht
verstehen, wenn ein Soldat, der Tausende von Kilometern durch Blut und Feuer und Tod
gegangen ist, an einer Frau seine Freude hat oder eine Kleinigkeit mitgehen läßt?"
Im Jahr 2005 schrieb Andrea Böhm in der
"Zeit": "Die sexuelle Grausamkeit im Kongo übersteigt jedes
Vorstellungsvermögen." [Quelle] Sie erwähnt in ihrem Beitrag "Krieg gegen
Frauen" auch ausdrücklich Bosnien. (Eben diesen Titel trägt ein Buch, das
Marilyn French 1992 herausgebracht hat: "The War Against Women".)
Man kann zu diesem Thema endlos weiter Details auflisten
und dabei die Erde mehrfach umrunden; quer durch viele Kulturen, Ideologien, Konfessionen.
Die Mischung von sexuellem Begehren, Machtdemonstration und purer Lust an Gewaltausübung
läßt sich in beliebigen Dosierungen der einzelnen Zutaten finden und darstellen.
Amnesty International stellt fest: "In
Konfliktsituationen wird Gewalt gegen Frauen oftmals als Kriegswaffe eingesetzt, um Frauen
oder ihre Männer zu erniedrigen und die Gemeinschaft, der sie angehören, zu
terrorisieren." [Quelle]
Es hat einen besonderen Grund, daß ich hier und im vorigen
Eintrag die Filmfigur Sgt. Meserve zeige. Der Krieger schwenkt sein Schnellfeuergewehr und
greift sich ans Gemächt, sagt dazu mehrfach: "Das ist meine Knarre und das ist
meine Waffe."
Diese Phrase "This is my Rifle. This is my
Gun" zitiert auch Stanley Kubrik in "Full Metal Jacket" (1987). Die Sache erklärt
sich durch eine ihr folgende Zeile: "One is for Killing. The other's for
Fun." Das singt der Drill-Sergeant (Gunnery Sergeant Hartman, gespielt von
Ronald Lee Ermey) mit seinen Rekruten: [Quelle]
Gunnery Sergeant Shawn D. Angell im
Marine Corps Base Quantico (Foto: Public Domain)
Hartmann/Ermey zitiert einen populären Folksong von Mark
Maysey, in dem der beschreibt, was einem Rookie 1969 in Vietnam als erstes klar
gemacht wurde. Nach der Anreise ("Boarded an airplane and headed off for
Nam") werden den Rekruten zwei Arten des Schießens empfohlen:
"Then he picked up his rifle
and raised it in the air
Grabbed his crotch with his other hand
as we all stood and stared
He said:
This is my rifle This is my gun.
One is for killing The others for fun."
Der Kommandierende im Lied faßt den Kern des
Soldatendaseins dann noch kurz zusammen: "So until this war is over / Or until
your time is done / This is your rifle and this one is your gun."
Dieses morbide Zelebrieren der eigenen Latte ist in derlei
trivialen Geschichten mit der Kraft motorisierter Verbände gekoppelt. Der virile,
kraftstrotzende Kerl in entsprechenden Posen vergrößert so seine Silhouette und
assoziiert seine Potenz mit der Wucht von Maschinen.
Man kann solche Posen nicht mit einem Moped einnehmen.
Motorräder sind die Minimalanforderung. Autos, Panzer, Jagdflugzeuge, Schlachtschiffe mit
ihrer gigantischen Artillerie, hier geht's lang.
Holt man das Motiv auf eine abstraktere Ebene herunter,
stellt sich dieser Teil der Geschichte in den Nutzfahrzeugen dar. Die Logistik des Tötens
handelt ganz wesentlich von einem leistungsfähigen Transportwesen. Deshalb habe ich für
meinen Beitrag zu "9.500.000" einige LKW-Bilder aus vormaligen Zonen
des Tötens zusammengetragen.
So steht etwa dieser rote Doppelkabiner (oben) im Ort
Srebrenica. Sehr adrett ist auch ein Feuerwehrwagen, den ich im Ort Omarska fotografiert
habe. Dort war auf dem Bergwerksgelände ein Konzentrationslager eingerichtet, in dessen
berüchtigtem "Weißen Haus" Frauen systematisch vergewaltigt und ganz
generell bosnische Leute totgeschlagen wurden.
Einer der Künstler bei unserem Symposion, Muhidin Saric [link], hat an dieser Stätte, wie
auch in Keraterm, überlebt. Die bosnische Kroatin Jadranka Cigelj beschreibt in
ihrem Buch "Appartment 102, Omarska" [link]
ihre Erfahrungen mit dem Konzept der Demütigung und systematischen Vergewaltigung.
-- [9.500.000:
Imperium] [Das
Kunstsymposion] -- |