11. Juli 2014

Gestern im Gleisdorfer MiR die Vernissage zu Arbeiten von Michael Ramminger und dabei Bianca Scharler als ausdauernde Chronistin regionalen Kunstgeschehens. Zeig mir eine andere Gegend, wo Kunst in regionalen Blättern so kontinuierlich stattfindet, ohne dabei als Dekoration zurechtgestellt zu werden!

log2011a.jpg (24700 Byte)

Dabei bin ich derzeit in viel schlichteren Dingen befangen. Es geht mir dann um das Banale, das zu einem durchdringen kann, ohne daß ich deshalb eine Schönheit der kleinen Dinge besingen wollte, denn wenn schon, dann bitte große Emotionen! Den Kleinkram halte ich für selbstverständlich wie unverzichtbar, ohne daß man ihn anzubeten bräuchte. (Naja, für Buddhisten mag das eventuell anders aussehen.)

Und wie komme ich drauf? Durch Esoterik. Durch das besinnungslose Zitieren von Paulo Coehlo. Durch eine Flut von miesen Kitschbildern im Web zwo, mit oder ohne flache Sätze, die sich als Weisheiten auszugeben versuchen. Sowas macht mich aufmerksam.

Denn wenn schon Kitschbilder, dann aber voll ins Eingemachte! Nein! Es müssen doch alle tun dürfen, was ihnen beliebt. Also nicht Neruda, nicht Nabokov, nicht Zweig, sondern Coelho. Aber das trennt uns eben. Tut mir leid!

Das war nur so hingeschrieben. Es tut mir nicht wirklich leid, sondern wer nur Schund lesen will, bleibt eben mit daraus gewonnener Weltsicht allein oder in einschlägigen Lesegruppen. Damit kann ich mich gar nicht weiter befassen.

Wie kam ich auf all das gerade? Kleine, banale Dinge. Die neue Waschmaschine ist so leise und braucht so lang. Da ihre Programme nicht mehr mechanisch, sondern elektronisch getriggert werden, weiß ich nie genau, wo sich der Waschgang gerade befindet.

Das Maschinchen sollte also ein kleines Display haben, eine Art Waschgangfortschrittsanzeige. Hat sie aber nicht. Die gute Nachricht ist dagegen: Olivenöl aus der Flasche über den Salat zu gießen macht mir nicht halb so viel Vergnügen, wie das Ausgießen aus einer kühlen, kubischen Blechdose. Blech ist ein wunderbarer Stoff.

log2011b.jpg (17917 Byte)

Nebenbei bemerkt: War nicht Don Vito Corleone in der Geschichte durch den Import von Olivenöl groß geworden? Ich lande dauernd in irgendeiner Filmsequenz. Das ist wie gieriges Lesen von Schundhefteln.

Ein wunderschönes Wort: Schundhefteln. Eigentlich: Schundheftln. Auf das letzte E konnte in der Aussprache gut verzichtet werden. Don Vito Corleone: "Der Pate" (1972) ist für mich so wichtig wie etwa auch "Balde Runner" (1982). Das sind Jahrhundertwerke der Populärkultur.

Rutger Hauer in der "Sterbeszene" des Roy Batty, das ist die Poesie aus den Schundheften, von denen mein Leben und mein Geschmack geprägt sind. Ich hab den "Blade Runner" in meiner kleinen "Geist in der Maschine-Reflexion" ausgespart, als ich in einer Sequenz von "Transcendence" (21014) ein Puch Maxi entdeckte; siehe: [link]

Der Geist in der Maschine und der Aufstand der Maschinen, das Thema erreicht uns ja auch hier in regionaler Kulturarbeit. Ich hatte in "Quid pro quo" gerade vom Unternehmer Ewald Ulrich erzählt: [link]

log2011c.jpg (20537 Byte)

Ulrich, hier auf dem Foto rechts, neben Künstler Winfried Lehmann, hat sehr eigenwillige Ansichten, was diese Fragen angeht. Das korrespondiert wiederum mit einigen Fragen, die der Film "Transcendence" aufwirft.

Ich halte beides für attraktiv, solche Dinge ganz seriös UND auch mit trivialen Mitteln zu bereiten. Die Mensch-Maschinen-Interaktion mag uns im Bereich EDV noch etwas gewöhnungsbedüftig vorkommen, hat aber etwa über das Thema Kraftfahrzeug längst symbiotische Formen gezeigt, die uns ahnen lassen, wie weit wir gehen, um mit Maschinensystemen zu verschmelzen.

Ich hänge bei all dem noch sehr an den Bildern, auf denen Blue Collar-Workers eine "Ehre des Handwerks" hochhalten. Für Ulrich ist das eine antiquierte Pose. Das ist insofern lustig, als ich handwerklich im Rang einer veritablen Niete lebe, während beim ihm gut die Hälfte der Freiberger Betriebsansiedelung eine Feinmechaniker-Werkstatt ist.

Wir befinden uns also in augenscheinlichem Kontrast. Das halte ich für aussichtsreich. Ich hab ein gewisses Faible für Dissens. Naja, was wäre ich ohne meine Irrtümer? Ein zutiefst triviales Wesen. Genau! So ist das gemeint. Wenn immer alles stimmen und klappen würde, wäre das sehr trivial...

[kontakt] [reset] [krusche]
28•14