24. Juni 2014 Meine Fahrt nach Wien zur Kultur-Enquete war mit reichlich Lesestoff
unterfüttert. Dabei erwies sich die aktuelle KUPFzeitung (Juni/August 2014) als
wichtiger Beitrag zur kommenden Debatte. Der 21st century digital boy Jürgen
Lüpke legt darin eine Betrachtung vor, in der ich erstmals die Sprachregelung mittlerweile
"klassische" Kulturinitiativen las.
Siehe dazu seinen Beitrag "Die
Ränder der Kulturarbeit", in dem Lüpke eingangs konstatiert: "less
rock more talk: In der zeitgenössischen, initiativen Kulturarbeit manifestieren sich neue
Inhalte und neue Player, die 'fast ohne Kultur' auskommen." (Die Quelle)
Ich sehe mich selbst inzwischen als etwas
antiquierten Charakter, weshalb ich mit Erleichterung feststelle, daß die Differenz, die
ich im steirischen Geschehen empfinde, erstens ganz solider Art ist und zweitens meine
Prioritäten von jenen der jungen Partien deutlich trennt. ich sehe ferner, daß das
inzwischen eben auch Gegenstand solcher Erörterungen ist.
So saß ich auf dem Weg nach Wien mit dem Heft
in Hartberg, wo wir vor Jahren durchgekommen sind, als ich einen fahrenden Zug mit einem Symposion bespielte. Auf
dieser Tour hatte ich den Philosophen Günther Friesinger [link] kennengelernt, den
ich nun wieder treffen sollte.
Lüpke denkt über die Zukunftsfähigkeit
der Kulturarbeit nach. Das haben wir mehr als nötig. Neue Felder, neue
Distinktionsflächen, neue Handlungsräume, Heteropien... Werden wir zuwarten, bis
andere ihre Definitionsmacht auf uns anwenden? Werden wir selbst gewillt und in der Lage
sein, zu beschreiben, was das jetzt alles ist und werden soll?
Wir. Uns. Trübe Kategorien! Was immer uns in
der Steiermark klar oder unklar sein mag, bundesweit hat sich das alles -- wie mir scheint
-- längst deutlicher ausdifferenziert. Was die "Initiativenszene" sei,
in und mit der ich die letzten rund 30 Jahre verbracht habe, ist offenbar ein Fall für
die Traditionspflege. Lüpkes Zuschreibung "mittlerweile 'klassische'
Kulturinitiativen" erscheint mir als nobler Ausweg in der Sprachregelung.
Ich hatte hier am 19. Februar dieses Jahres
notiert:
Für die Steiermark läßt sich feststellen: Es hat geendet. Dieser Bereich war ein
bemerkenswertes soziokultuelles Phänomen und ist zum "Regelbetrieb" geworden,
der keine besondere Hervorhebung mehr rechtfertigt. Aber niemand aus diesem Milieu sagt:
Es ist vorbei! Also sage ich: Es ist vorbei! (Die Quelle)
Das war deutlich weniger nobel ausgedrückt.
Aber mir scheint, mit Lüpkes Zugang kann ich mich anfreunden. In der Sache war ich mir
mit Günther Marchner einig, was wir in unserer Bad Mitterndorfer Klausur noch
vertieften. Also Strich darunter!
Die Wiener Session war dann vergleichsweise
sehr erfrischend. Allerhand inspirierte Leute, denen leicht anzumerken ist, daß sie Laune
haben, in neue Verhältnisse rüberzugehen, statt an alten Zuständen festzukleben. Davon
kann ich derzeit gar nicht genug kriegen; derlei Aufbruchsstimmungen.
Die Jahre nach dem Lehman Brothers-Crash
und diversen Konsequenzen habe ich derart anstrengend erlebt, daß sich diese Ärgernisse
auch ausgezahlt haben sollten. Und das tun sie, wenn wir mit den eben gemachten
Erfahrungen was weiterbringen.
So hab ich dort zum Beispiel KUPF-Exponent
Richard Schachinger kennengelernt, hier neben Kuratorin Maren Richter, der ganz
offensichtlich einen anderen Teil des Geschehens repräsentiert als jenen, auf dem ich
herumstehe. Dort haben sich, wie mir scheint, längst neue Kräftespiele entwickelt, die
zugleich auch schon Gegenstand konsequenter Reflexionen sind.
Dazu im erwähnen Heft ebenfalls lesenswert: "Kulturarbeit entwickelt Regionen" von Julia Müllegger,
Richard Schachinger und Klemens Pilsl.
Ich hab eingangs Philosoph Günther Friesinger
erwähnt, der uns damals beim "rollenden Symposion" begleitet hatte.
Friesinger ersetzte auf dem Podium im Parlament Rainer Rosegger, der verhindert war.
Die beiden Männer hatte ich im Vorjahr schon
in einer gemeinsamen Session in Weiz erlebt: [link] Von da
her war klar, hier gibt es elaborierte Positionen, was nun den Umgang mit Gegenwartskunst
abseits des Landeszentrums betrifft. Gegenwartskunst!
Auf dem Podium (von links): Kulturminister
Josef Ostermayer, Nationalratsabgeordnete Elisabeth Hakel, Kuratorin Maren Richter und
Philosoph Günther Friesinger. Das war ein gutes Setting, um ein paar Dinge zu
unterstreichen.
Natürlich ist das dann kein ausreichender
Rahmen gewesen, um meine Themenliste durchzugehen, aber die nützt als Arbeitsgrundlage
für ein paar andere Schritte. Zur Debatte: labor-memo
vom 16.06.2014 (PDF, 29 kb).
Es blieb wesentlich, eine weitere kleine Fahne
in den Boden zu rammen, um eine Stelle zu markieren, ab der ein paar Debatten und
Arbeitsschritte merklich anders zu gewichten sind als davor. So hab ich nun zwei Fähnchen
auf meinem Terrain, die etwas verdeutlichen sollen.
Eines ist mein Es ist vorbei!-Fähnchen
(Die Quelle), welches ich gemeinsam mit
Günther Marchner eingeschlagen habe. Das war nötig, um unsere Kulturspange zwischen
Gleisdorf und Bad Mitterndorf zu markieren.
Das andere Fähnchen bezeichnet die Stelle, ab
der wohl noch öfter und möglichst deutlich gesagt werden muß: Wir brauchen in der
Provinz nicht das Landeszentrum, um zu klären, wovon unser geistiges Klima und unser
Kulturgeschehen handelt.
Wir brauchen diesen Referenzpunkt
Landeszentrum auch nicht, um unsere Angelegenheiten darzustellen. Da ist aufgrund
entsprechender Vorgeschichten längst ein genuines Gefüge von Provinzkulturen,
die nicht provinziell sind.
Dabei spielt die Gegenwartskunst eine
wesentliche Rolle. Dabei sind laufende Diskurse unverzichtbar. Dabei ist der Blick über
Tellerränder derart selbstverständlich, daß ich ihn weiter nicht mehr werde erwähnen
müssen.
Unterm Schreiben dieser Notizen merke ich, am
unklarsten ist mir derzeit die Frage, was denn nun adäquate Verhältnisse zu den Zentren
seien. Diese Überlegung ist schon seit über eineinhalb Jahren von eher banalen Dingen
belastet; etwa daß ich schon wieder Monate warte, damit EU LEADER-Abrechnungen
es von Graz aus bis Wien schaffen, damit die Gelder endlich daher kommen, die wir vor
Monaten privat vorgeschossen haben.
Nun endet der Juni und ich darf für ein
weiteres Quartal Zinsen bezahlen, die mir niemand ersetzt, während meine eigene
materielle Existenz kracht, da ich hier den laufenden Betrieb sichern muß, was die
Verwaltung in Graz offenbar nicht bekümmert. Naja, so ist das eben.
Wie sagte mir eine zuständige
Sachbearbeiterin, nachdem eine meiner Abrechnungen Monate einfach liegengeblieben war? "Wollen
sie sich beschweren?" Ich entgegnete: "Bringt mir das was?"
-- [Zentral.Lokal.] -- |