7. April 2014

Im Gelingen liegt ein sanfter Schrecken. Wenn gehabte Anstrengungen sich in Ergebnissen einlösen, auflösen, ist das für mich immer auf merkwürdige Art beunruhigend. Die Mühe ist so greifbar, das Gelingen irritierend.

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Dazwischen blitzen banale Kuriositäten auf. Etwa ein innenbeleuchteter Wasserhahn. Dieses Produkt aus China hat mich kurz ins Grübeln gebracht. Sind wir wie die "Wilden" in unseren eurozentristischen Geschichten? Lassen wir uns Schätze für Glasperlen und Taschenspiegel abjagen? Wogegen wird sowas eingetauscht?

Ich hab dafür einmal einen Begriff aufgeschnappt, für den es kein Entsprechung in unserer Sprache gib: "Wow-Effekt". Man könnte sagen: Es wowdelt. Jedenfalls mag ein Kind nicht mehr erstaunt sein als ich es war, da mit dem losbrechenden Wasserstrahl das blaue Licht anging.

Aber eigentlich haben mich gerade ganz andere Belange gefesselt. Vor rund einem Jahrzehnt hatte ich für mich den Soziologen Gunnar Heinsohn entdeckt. Eine Notiz im Logbuch weist darauf hin: "Um Brot wird gebettelt. Getötet wird für Status und Macht." Quelle: 10. Oktober 2004

Von Heinsohn stammt die Feststellung, Terror sei der kleine Bruder der Eroberung. "Wenn ich nicht erobern kann, mache ich wenigstens Terror." Ein Aspekt, der ausführlicheres Nachdenken lohnt. Apropos nachdenken.

In diesem Zusammenhang stoße ich neuerdings wieder stärker auf die Frage nach intellektueller Selbstachtung. Davor habe ich eher nach intellektueller Redlichkeit gefragt, Aber die, so nehme ich jetzt an, bedingt Selbstachtung. Ohne das Eine kann das Andere vermutlich nichts werden.

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Es ist gerade eine Zeit, wo man morgens gegen eine tiefstehende Sonne anfährt. Assoziationen und Metaphern. Ich denke, es war Karl Kraus, der anmerkte, bei einem Tiefstand der Sonne der Kultur würden selbst Zwerge lange Schatten werfen.

Da ich aber stets betone, daß ich Pessimismus für eine Art von Feigheit halte, kann ich mich mit solchen Perspektiven nicht weiter befassen, ohne an meinen eigenen Richtlinien entlangzuschrammen. Pech!

Also weiter in Sachen gelingender Aufgaben, denn das Scheitern ist nichts, wofür man Rat erhalten würde, der einem auch nützt. Das Scheitern regt meist nur zufriedene Reaktionen der Umgebung an, denn was immer mißlingt, trägt dazu bei, den Stand der Dinge nicht durcheinander zu bringen. Scheitern sichert die Ruhe der Anderen.

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Das Gegenteil davon, in Symbolen ausgedrückt, schließlich heruntergekommen und in Fragwürdigkeit: Sonntags hab ich beim Spazieren wieder einmal so eine klassische Zuversichtsmaschine entdeckt. Stand verstaubt in einem Vorgarten, den ich ungeniert betreten hab. Ich tippe auf einen 1966er Chrysler 300 (non-letter series). In dem Jahr war ich gerade zehn Jahre alt geworden.

Das Zeitalter der wuchtigen Systemkonkurrenz. Diese verrückte Ost-West-Geschichte, nachdem sich unsere Barbaren in meinem näheren Lebensraum der Roten Armee hatten ergeben müssen, was ein Schock gewesen sein muß, ein Schrecken auf zweierlei Art.

Erstens hatte dieses Nazigesindel mit seiner Soldateska im Osten furchtbar gewütet und zweitens war man sich einig gewesen, es da bloß mit "Untermenschen" zu tun zu haben. Genau denen mußte man sich ergeben, die Waffen streckebn. Blöd gelaufen!

Zwischen 56 und 66 mußte das alles in Deckung gebracht werden und was dabei querstand, wurde abgeschlagen. Der Kalte Krieg war zwar eine stete Bedrohung, doch für den Rest der Zeit, jenseits des Fürchtens, durfte ungebremste Zuversicht gepflegt werden. Das Prügeln war in meiner Kinderstube langsam weniger geworden und die Traumata der Alten schienen sich leidlich zurechtgerückt zu haben.

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DIE AKTUELLEN BOOKLETS

Im Lichte dieser Hintergrundbetrachtungen rundet sich mein Auftakt zu The Track: Axiom | 2014. Die Arbeit daran verzweigt sich in das aktuelle April-Festival, mein nächstes Booklet ist eben in Druck gegangen, online ist es schon verfügbar: [link]

Worum geht es also gerade?

Mein Mädchen sagt mir manchmal, ich hätte zu viele Baustellen gleichzeitig offen. Vermutlich stimmt das. Aber bildet das nicht die Welt ab, die mich umtreibt? Ist jedes Fokussieren und Glätten nicht eine Komplexitätsreduktion, die uns blind zu machen droht?

Zugleich bleibt diese hohe Komplexität, in der dann auch zu viele Baustellen aufgehen, ein Kräftespiel, in der man permanent am Rande der Überforderung, als des Erblindens steht. Unsere Wahrnehmung kappt Verbindungen, wenn ein Overflow einsetzt.

Ich weiß demnach noch nicht so genau, worum es im Augenblick gehen soll. Wird sich wahrscheinlich finden...

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