4. Februar 2014 Ich
kenne keinen Text, in dem sich die Nazi selbst Faschisten genannt
hätten; im Gegensatz zu Mussolinis Leuten. Die italienische Partei trug den Namen
Partito Nazionale Fascista, was sich von den Kampfbünden herleitete, den
Fasci italiani di combattimento.
Ernst Nolte, dessen Faschismustheorie Anlaß
für den Historikerstreit (Habermas- Kontroverse)
war, legte zum Auftakt seines Buches Die disparaten Wurzeln dar. In
der Folge unterschied er zwischen dem italienischen Faschismus und dem
Nationalsozialismus, um den Faschismus schließlich als transpolitisches
Phänomen zu bezeichnen.
Die Kommunisten faßten dagegen ursprünglich alles, was den Kapitalismus nicht direkt
bekämpfen wollte und sich nicht der "Weltrevolution" widmete, unter Faschismus
zusammen. So galt ihnen auch die Sozialdemokratie als "faschistisch".
Damit will ich unterstreichen, daß Faschismus keine historische oder gegenwärtige
Größe sei, die sich über eine gemeinsame Beschreibung darstellen ließe, in der sich
laufende Diskurse einig wären. Auch die wissenschaftlichen Debatten der Gegenwart zeigen
in einzelnen Punkten Dissens, womit ich betonen möchte: Wer Faschismus sagt
und überdies Antifaschismus als Aktionsprogramm wählt, muß seine
oder ihre Gründe nennen, muß uns wissen lassen, wie das gemeint ist.
Immanuel Geiss
Immanuel Geiss, dessen Arbeit für mein
Verständnis all dieser Dinge so wichtig ist wie die Werke von Aries, Hobsbawm oder Le
Goff, und damit meine ich jetzt nicht speziell den Faschismus, sondern Europa,
Geiss hat in seinem Buch über die Habermas-Kontroverse für die
laufende Debatte ein simples Prinzip zentral angeordnet:
Meinung und Gegenmeinung müssen sich
ihrerseits öffentlicher Kritik stellen.
Davon sind österreichische Antifa, Autonome
und Schwarzer Block nicht suspendiert. Nun sind, was wir derzeit sehen, ihre
Beiträge zum öffentlichen Diskurs das Dreinhauen. Und was wir inhaltlich in diversen
Publikationen finden, handelt wenig schlüssig von Figuren wie Musulini
etc. Eine Kasperliade, bei der auch entsprechend zugeschlagen wird.
Satiriker Rainer Nikowitz bot gestern im
Magazin profil einen scharfen Blick auf die Hooligans, die
anläßlich des Wiener Akademikerballs einen Schwarzen
Block formiert haben. Er interviewte einen
dieser Antifaschisten, der übrigens binäre
Geschlechteridentität als Hirngespinst abtut und sich daher konsequent
Geschwister Scholl nennt.
So erfahren wir etwas über den Kampf gegen Schaufenster, der mit
etwas Belesenheit leicht als Quijoterie erkannt werden kann, als Don Quijotes
Kampf gegen die Spiegel.
Kleiner Einschub: Wer ohne Esprit und ohne Selbstironie
auskommt, erscheint mir auch auf dem politischen Feld nicht besonders vertrauenswürdig. |
Rainer
Nikowitz |
In den Videoclips erscheinen die
Schwarzvermummten als harte Typen. Sind sie das? Man muß schon in einer Prügelei
gesteckt zu haben. um zu wissen, wie weh das tut, wenn man ungebremst was ins Maul
bekommt. Auch das Austeilen ist nichts für Ungeübte.
Ich bin vor Jahren durch die Subwolves
bzw. Subway Army", Anhänger des Fußballteams Wolverhampton
Wanderers F.C. [link],
auf diesen Typ der Streetfighter aufmerksam geworden. Solche Berichte hatten mich verblüfft. Das sind Hooligans, welche sich
regelmäßig aufmachten, um a) gegnerische Fans umzuhauen und b) in Polizeieinheiten
hineinzurennen. Dabei wurde strategisch penibel geplant und mit enormem Körpereinsatz
zugeschlagen.
Die Rituale der Brutalisierung von Männern, um aus ihnen
taugliche Schläger zu machen, sind kein kulturelles Allgemeingut beziehungsweise kein
allgemeines Kulturgut. |
Logo
der Wolverhampton Wanderers F.C. |
Das Ergebnis hat in Hollywood eine extrem
leistungsfähige Propagandamaschine. Überprüfen Sie einfach stichprobenartig die
Actionfilme der letzten 20 bis 30 Jahre. Sie werden ganz leicht eine Standard-Kerl-Nummer
auffinden können, die in Nuancen variiert, aber im Kern dominant auftritt, die sich
unseren Buben als Rollenmodell empfiehlt.
Dieser Typ Kerl ist einfach zu identifizieren. Er
ist gut trainiert, weil kampferprobt. Ein streitbarer und gewaltbereiter Mann,
vorzugsweise homophob und frauenverachtend, außerdem meist ein Kumpel, wahlweise ein
scheuer und wortkarger Einzelgänger.
Wir staunen, daß ihn jemand bloß Schwanzlutscher
zu rufen braucht, um dafür alle Knochen gebrochen zu bekommen. Der Kerl hat also
offenbar eine etwas wackelige Männlichkeit, wenn es ihn derart aufregt, als schwul
bezeichnet zu werden, was gewöhnlich ja nicht als Sachverhaltsdarstellung gemeint ist.
Das kompensiert der Kerl im unerklärlichen Glück
einer flatterhaften Weiblichkeit, die es offenbar nicht nur herzerwärmend, sondern
ausgesprochen geil findet, von ihm herumgeschubst und gedemütigt zu werden.
Wer also staunt, wie die Nazi-Propaganda greifen konnte,
die uns aus heutiger Sicht -- etwa in diversen Filmen -- fast lächerlich erscheint,
solche Manieriertheit und Posen und all das Gehampel, das Gekrächze und Gebrüll, möge
sich ein wenig unserem Action-Kino widmen.
Die Lächerlichkeit, in der sich vorherrschende
Männerkultur da produzieren darf, ist gleich brüllend und augenrollend geblieben.
Wer allerdings sehen möchte, wo gewalttätige
Männlichkeit heute in realer Praxis steht, kann die erigierten Männchen aus
Hollywood-Krachern ruhig beiseite lassen. In dieser Frage empfehle ich, das Web ein wenig
unter dem Stichwort "Mara Salvatrucha" zu durchforsten...
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