31. Jänner 2014

Ich erfahre weiterhin on stage und back stage, wie mein Benehmen zu bewerten sei, aber ich bekomme keine Antworten beziehungsweise sachlichen Einwände zu meinen vorgebrachten Fragen. Aber vielleicht wird das noch.

Auf Facebook sind die ironischen Vemummten-Selbstportraits wieder wetgehend verschwunden. Es bleibt hauptsächlich der Polizeieinsatz als Thema und es bleiben Rücktrittsforderungen an den Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl.

log1947a.jpg (27086 Byte)

Mit Fragen zum Nationalsimus gehe ich lieber
zum Schmied als zum Schmiedel, etwa zu Eric Hobsbawm

Diese Teilthema interessiert mich derzeit wenig, da es ohnehin durch hochkarätige Leute aus dem Journalismus ebenso abgedeckt wird wie durch beunruhigte Bürgerinnen und Bürger, bis hin zu polemischen Kräften, die offenbar froh sind, daß sie irgendwas zur Sache beitragen können.

Was die jungen und alten Grünen angeht, scheinen nun nach Tagen neue Klarheiten entstanden zu sein. Die Website nowkr.at ist nun offline. Die Stellungnahme der Jungen finde ich nach wie vor ungenügend und etwas problematisch: [link] Aber die Reflexion der Ereignisse darf ja Zeit beanspruchen.

Die gesamte Themenstellung ist mehr als komplex, ist weitreichend. Mich würde interessieren, was von den Leuten nach einer längeren Reflexionsphase darüber zu erfahren ist.

Meine Generation betreffend hat Peter Pilz auf seiner Website [link] ohne viel Herumgerede konstatiert: "Gerade eine Grüne Partei braucht junge Grüne, die vor fast nichts Respekt haben, am wenigsten vor einem Parteivorstand. Aber für uns alle gilt die Grenze, ab der nichts mehr grün ist."

log1947b.jpg (24183 Byte)

Peter Pilz verzichtet auf Lavieren und Auslüchte

Er meint die Grenze zur Gewalttätigkeit. Pilz: "Ich habe jetzt endgültig genug davon, dass ein paar Jungfunktionäre Jahr für Jahr dieselbe Frage aufwerfen: Wie halten es die Grünen mit Gewalt? Diese Frage ist seit unserer Gründung beantwortet."

Das ist für mich eine beruhigende Position, ohne die mir für mich und bei anderen schwere Orientierungsprobleme blieben. Speziell auch deshalb, weil ich, wie hier schon erwähnt, zwar rational, aber nicht emotional ein Gegner von Gewalt bin.

Die große Herausforderung lautet für mich daher: Wie ist Gewaltverzicht sicherzustellen und  welche Strategien können mir Gewaltanwendung ersetzen, wo es um berechtigte Forderungen geht?

Das ist für mich auch einer der Hauptgründe, warum ich den "Schwarzen Block" für einen Haufen Hooligans halte, der Militanz proklamiert, Gewaltanwendung praktiziert und in der Begründung wie Legitimation seiner Gewaltpraxis eine ziemlich schaurige Privatmythologie pflegt, die mit dem Etikett "Antifa" behaftet ist.

Also darf ich die Grünen in der ganzen Dache sich selbst überlassen und mich mit diesen merkwürdigen Feinden der offenen Gesellschaft noch ein wenig ausführlicher befassen.

Werde ich nun weiter damit behelligt werden, daß ich mich der ganzen Angelegenheit mit Reden und Schreiben annähere? Darf ich als bekannt voraussetzen, daß ich nicht erst seit Jahren, sondern seit Jahrzehnten als freier Schriftsteller lebe? Sprache und Text sind demnach generell meine bevorzugten Mittel, mich mit relevanten Themen zu befassen und das sollte daher als legitim gelten können.

Die Autonomen, Antifa und Schwarzer Block haben Kapitalismuskritik ins Zentrum ihrer Auseinandersetzungen gestellt und folgern, daß der Staat mit seinem Gewaltmonopol eine notwendige Einrichtung im Kapitalismus sei. Wer also den Kapitalismus bekämpfe, müsse den Staat bekämpfen.

log1947c.jpg (22973 Byte)

Ein historischer text als ineresssante Lektüre

Arbeitet man sich durch mehrere programmatische Papiere dieser Communities, stechen noch eine "Kritik des traditionellen Antifaschismus" und ein Nationalismus-Diskurs besonders hervor.

Ich habe das im vorigen Eintrag mit der Zuschreibung "Kapitalismuskritik im Boulevard-Stil und allerhand vulgär-marxistisches Geschwafel" kommentiert. Viel Privatmythologie, allerhand Selbstdefinition durch Feindmarkierung.

Ich schlage dazu ein kleines Experiment vor. Lesen Sie ZUERST das Manifest der Kommunistischen Partei, das am 21. Februar 1848 in London erschienen ist (Volltext), und DANN einige Texte der Antifa. Weshalb?

Weil ich vermute, Sie werden meine Erfahrung teilen. Vieles an Kapitalismuskritik, die uns von der Antifa in teilweise ziemlich schlampigen bis polemischen Texten aufgetischt wird, habe ich davor im Manifest schon kennengelernt. Präziser. Und mit dem verblüffenden Effekt, daß im Manifest teilweise Dinge prognostiziert sind, die wir heute, über 150 Jahre später, als höchst treffsichere Beschreibung erkennen können.

Wenn ich also darüber etwas wissen will, gehe ich zum Schmied und nicht zu Schmiedel. Mit dem Nationalismus-Diskurs erging es mir ähnlich. Zwei Nachmittage Lektüre von Texten des Eric Hobsbawm oder Ernest Gellner helfen mir in der Orientierung weit mehr als eine ganze Reihe der Antifa-Schriften.

Ich finde außerdem ziemlich provokant, mit welchem Tunnelblick bei den Autonomen auf Österreich geblickt wird. Komplexitätsreduktion, wie sie eben auf dem Boulevard bewährt ist. Ein Beispiel: "Österreich ist nämlich ein Land das personell, strukturell und ideologisch, sowohl an faschistische, als auch nationalsozialistische Traditionen anknüpft und diese fortführt."

Es habe sich "die gesamte postnazistische, österreichische Gesellschaft, unsere Feindschaft verdient." So schreiben "antideutsche Antifaschistinnen aus dem Westen Österreichs" in einem Text "Über uns". Quelle: [link]

Diese Art der Simplifizierung, um eine ganze Bevölkerung zum Feindbild aufzublasen und so die eigene Legitimation herbeischreiben zu wollen, könnte kaum polemischer sein und würde jedes faschistische System schmücken.

Diese Art der "Wir-Konstruktion" ließe sich natürlich leicht als ein Abschluß der Klassenbesten in einer "Schule des Nationalismus" erkennen, wenn deren Diskurse sich auch Opponenten stellen müßte, wenn die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden zulässig wäre. "Die Anderen" sind hier aber ofenbar bloß eine Wand, gegen die gespielt wird.

log1947d.jpg (35395 Byte)

Mit Vollgas in den Tunnel: Privatmythologien der Antifa

Einen anderen Text finde ich noch viel skurriler, denn er interpretiert die postnazistsichen Qualitäten Österreichs als so herausragend, daß wir uns als Quelle der Inspiration und des Ursprungs für die Neue Rechte in ganz Europa betrachten dürfen, obwohl ich doch denke, daß solche Kräfte in Italien, Frankreich, Ungarn etc. darin nicht auf das kleine Österreich angewiesen sind.

"Zweifelsohne, die postnazistische Tradition Österreichs hat dazu geführt, dass sich so einiges das hier seinen Anfang nahm europaweit ausbreitete. Hierfür steht besonders das Jahr 2000 mit der schwarz-blauen Regierung." Quelle: [link]

Zweifelsohne? Na, das möchte ich aber sehr bezweifeln! Einen Feind definieren, aufbauschen, dämonisieren, um die eigene Position zu legitimieren und das eigene Sein zu beschreiben, kommt das nun irgendwem bekannt vor? Richtig! Das konnten schon die Schwarzen Korps nach dem Großen Krieg, das konnten die Austrofaschisten, das konnten die Nazi weit besser.

Daher interessiert mich, ob wir derzeit willens und in der Lage sind, über Fragen zum Faschismus einige Klarheit zu bekommen und uns der Neuen Rechten in Europa angemessen entgegenzustellen; offenbar auch in der Auseinandersetzung mit einer jungen Antifa.

Wäre vielleicht vorerst einmal zu erörtern: Welche Fragen sollten vordringlich gestellt werden?

P.S.:
Mit "Boulevard" meine ich ein Ensemble von Komplexitätsreduktion, Simplifizierung der Themen, binären Feindbildern und einer Tendenz zu bipoaren Weltbildern bei gleichzeitig permanenter Abwertung Andersdenkender.

P.P.S:
Das ist itatsächlich ein Konzept, in dem ich Grundlagen des historischen Faschismus wiedererkenne.

-- [Imperium] --

[kontakt] [reset] [krusche]
5•14