10. Oktober 2013 Die
Session mit dem Duo "diSTRUKTURA" hat den herbstlichen Gleisdorfer
Schwerpunkt abgerundet, im Rahmen der "talking communities" ist ein
weiteres Stück Klärungsarbeit gediehen, was denn nun Rolle, Möglichkeiten und
Modalitäten von Kunstschaffenden in dieser Gesellschaft angeht; siehe Dazu: "Gleisdorfer
Kunstdiskurs" [link]
Das ergibt zwei neue Positionen innerhalb des temporären
Gefüges, die sich nun auf "meiner Strecke" manifestiert haben, was
bedeutet, die Markierungen aus den ersten zehn Jahren von "the long distance
howl" haben im Raum Gleisdorf eine weitere Verdichtung erfahren:
+) diSTRUKTURA | homeland (intervention)
+) Position #8,
8.10.2013: diSTRUKTURA (Kunstschaffende)
Es hätte gar nicht trefflicher kommen können, da nun eine
österreichische Nationalsratswahl den Status quo unmißverständlich illustriert hat. Ein
deutlicher Rechtsruck der Wählerschaft. Die unübersehbare Entzauberung der alten
"Großparteien", welche ohne ihre fest gefügten Vorfeldorganisationen nicht
bloß in den Schwierigkeiten wären, die sie eben erfahren, sondern in existenziellen
Krisen.
Dazu, wie im vorigen
Eintrag schon erwähnt, der skurrile bis lächerliche Showdown des Patriarchats im
Auftreten des Frank Stronach, dem der vaterländische Hace Strache, was die
Lächerlichkeit patriarchalen Gehabes angeht, komplementär beisprang.
Als wäre all das nicht genug, offenbart sich nun auch
laufend politisches Personal im Ministerrang und knapp darunter mit Geschwafel,
Ausflüchten, rhetorischen Verzierungen, um nur alles zu schaffen aber keine kohörenten
Antworten auf Journalistenfragen.
Ich schätze die Klarheit dieses Status quo, die penetrante
Deutlichkeit dieser halbseidenen Zustände. Ich kann mich vor allem den Klagen in meinem
Milieu nicht anschließen. Klagen, welche den Zustand, die Befindlichkeiten jener Menschen
beweinen, die sich mit diesen erbärmlichen Verhältnissen eingerichtet haben.
Ich frage mich eher, was wir uns selbst anzulasten haben,
daß es so kommen konnte, daß es sich so wenigstens die letzten dreißig Jahre recht
ungestört ergeben konnte.
Es ist uns natürlich peinlich, heute darüber zu reden,
daß es in unseren Reihen zu viel Borniertheit und Bequemlichkeit gab, um die
Herausforderungen der Neuen Rechten auch nur angemessen wahrzunehmen, ganz zu
schweigen von der Option, diese Herausforderungen anzunehmen.
Rückblickend läßt sich sagen, da war einfach zu viel
Selbstbezogenheit und Partystimmung. Wer jetzt das Wehklagen mitmacht, übertönt auch
noch diese Gedanken.
Es gefällt mir nicht, was sich da ereignet, aber ich
erkenne es als harte Konsequenz dessen, was wir mitzuverantworten haben. Es berührt den
Stand der Dinge in meiner künstlerischen Arbeit, weil der aktuelle Abschnitt "the
track: axiom" eine Reaktion auf "next code" ist; und das hat
mit diesen Zuständen zu tun.
Ich hatte etwa 2006 die Vorstellung, wird könnten aus dem
20. Jahrhundert angemessene Lehren ziehen, die Sprache und die Codes der Vaterländischen
hinter uns lassen, Auschwitz und Srebrenica verstanden haben und einen "nächsten
Code" einführen.
Das wurzelt in meiner Überzeugung, daß jedem bedeutenden
Massaker des 20. Jahrhunderts ausnahmslos ein "Krieg der Worte"
vorangegangen ist, daß also die Gequälten und die Toten immer zuvor herbeigeredet
wurden. Stets wurden die Opfer erst auf symbolischer Ebene zurechtgestellt, dann folgten
die phsyischen Attacken.
Dieser "next code", also etwa eine
Sprache, die Menschenverachtung ausschließt, hat sich nicht finden, nicht ausarbeiten
lassen. Die aktuellen österreichischen Wahlen belegen, daß der "old code"
kraftvoll restauriert wurde.
Meine Konsequenz mußte daher sein, mich an der
Möglichkeit von Axiomen zu orientieren, denn die werden konstituiert, ja,
konstatiert, und nicht von anderen Zuständen hergeleitet. Deshalb "the track:
axiom" mit dem Blick auf die Spanne 1914 bis 2014. Deshalb auch die Frage nach
Rollen und Funktionen Kunstschaffender, nach Grundlagen der Kunst.
Was hat nun das heurige Gleisdorfer Kunstsymposion mit dem
Stand der Dinge in Österreich zu tun? Es hat einen klaren Fokus auf drei Genres:
Wissensarbeit, künstlerische Praxis und Kulturarbeit.
Kein Zufall, denn es sind diese drei Bereiche auf
exemplarische Art, die in diesem reichen Land seit Jahren, seit Jahrzehnten abgewertet
werden. Das zu beklagen ist auch vollkommen müßig. Es stellen sich bloß Fragen, was wir
dagegen zu unternehmen gedenken; und wann wir damit beginnen wollen.
-- [Dokumentation] -- |