24. August 2013 Meine
Leute, diese Gemütsmenschen. Ägypten ist zwar ein wenig größer als Österreich, man
kann dort also zu allerhand Ungemütlichkeiten Abstand halten, aber auch wenn Fachleute
betonen, daß ein zerrüttetes Land wenigstens noch im Tourismus etwas an nötigem Geld
verdienen kann, werde ich die Vorstellung nicht los, daß sich hier der Zynismus feiert.
In der "Kleinen Zeitung" vom 19.8.2013
durften wir ebenso wie aus anderen Blättern erfahren, daß sich reiselustige Menschen
entweder gar keine Sorgen machen oder eben etwas mulmig fühlen.
Das österreichische Außenministerium stellt fest: "Im
Hinblick auf die aktuellen Ereignisse wird vor einem Neuantritt von Reisen nach Ägypten,
inklusive in die Badeorte und Fremdenverkehrseinrichtungen am Roten Meer und am Golf von
Aqaba, gewarnt. Die An- und Abreisen von den und über die internationalen Flughäfen in
Ägypten sind von dieser Warnung nicht umfasst." [Quelle]
In Deutschland sieht man es ähnlich: "Aufgrund
der aktuellen Lage und der Unvorhersehbarkeit der Entwicklungen wird von Reisen nach
Ägypten derzeit abgeraten. Von Reisen nach Kairo, in die Touristenzentren in Oberägypten
(Luxor, Assuan, Nilkreuzfahrten) und in das Nildelta wird dringend abgeraten." [Quelle]
Bei Anbietern wie TUI sieht die PR immer noch so aus: "Mit
TUI hält ein Urlaub in Ägypten länger. Sie möchten einen rundum perfekten Urlaub? Sich
um nichts kümmern müssen? Alles aus einer Hand?" [Quelle]
In "News" stand kürzlich zu lesen: "Urlaub
trotz Unruhen... Österreicher fliegen weiter nach Ägypten" [Quelle]
Ich denke, daran irritiert mich vor allem, daß sich in diesen Geschichten eine
Wahrnehmung der Welt ausdrückt, die nicht einmal 1 + 1 in einen nachvollziehbaren
Zusammenhang bringt.
Es ist allein schon ein Affront auf der Ebene der Bilder,
denn die Strandgemütlichkeit und die blutenden Leute auf dem selben Kanal, aus dem selben
Land, illustrieren eine Art der fragmentierten Betrachtung, die nicht bloß bei so großen
Themen problematisch erscheint. Die gleich Unfähigkeit, Zusammenhänge herzustellen und
solche Wahrnehmung auf das eigene Handeln umzulegen, zeigt sich ja dann auch im eigenen
Alltag, in weit weniger brisanten Situationen.
.
Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde in meinem
Milieu abgefeiert, was man sich unter dem "Arabischen Frühling"
vorstellte. Zitat vom 9.12. des Vorjahres:
>>Ich habe im vorigen Eintrag ein Beispiel für
kulturelle Besinnungslosigkeit genannt, jenes fröhliche Völkchen, das sich in Graz 2011
eine "Oase des Aufstandes" gegönnt hat<< [Quelle]
Welche Qualitäten die Aufstände haben, aus denen der
Anlaß zum Feiern bezogen wurde, ist ja für Laien heute noch schwer zu beurteilen.
Aber es sieht doch eher so aus, daß hier ähnlich den Urlaubsreisenden gehandelt wurde,
also in einer sehr selbstreferenziellen Deutung dessen, was man da vor sich zu haben
glaubte.
Worum es mir nun gehen mag?
Na, wenigstens um die Vorstellung, eine Verfeinerung
eigener Reflexionsmöglichkeiten könnte uns allen nicht schaden. Das dürfte allerdings
zur Voraussetzung haben, daß jemand sich Kenntnisse von Zusammenhängen verschafft.
Zugegeben, schon klingt es nach Arbeit...
Die Gegenposition dazu hat man bei TUI ja, wie erwähnt, in
bestechender Klarheit formuliert: "Sich um nichts kümmern müssen? Alles aus
einer Hand?" |