20. Februar 2012 In Österreich hat ein Ausmaß an Korruption Platz gefunden, das auch in den dazu
angewandten Methoden meine Vorstellungskraft ein wenig überfordert. Im Zusammenhang mit
der Bundespolitik lese ich inzwischen von weitreichender Bestechung und von gekauften
Gesetzen.
Das ist schwer zu schlucken. Aber es muß auch
klar sein, daß solche Zustände mit wachsendem Geplärre nicht zu ändern sind. Ich
denke, wir blieben aussichtslos, wenn daraus eine generelle Frontstellung zwischen Leuten
aus Politik und Verwaltung und dem Rest der Bevölkerung entstünde.
Ich denke, die Situation muß von der Basis
her aufgeräumt werden; auch von der Basis der Politik aus. Damit meine ich, daß wir im
Alltag konkreten Kontakt mit Leuten aus Politik und Verwaltung brauchen, darauf angewiesen
sind. Darin sollten wir uns nicht trennen lassen; zumal diese Leute in überschaubareren
Lebensräumen ja auch Mitenschen sind, die teilweise zu unseren persönlichen
Lebenskreisen gehören.
Aus regionaler Erfahrung weiß ich, daß die
Lokalpolitik der Landesebene oft mißtraut und der Bundesebene gelegentlich mit Haß
begegnet; auch innerhalb der jeweils eigenen Partei. In diesem Klima der Ressentiments ist
nichts leichter, als Stagnation und Kompetenzverlust zu zementieren, die zunehmende
Fragmentierung dieser Gesellschaft weiterzutreiben.
Ich halte es für unbedingt geboten, auf
Unterstellungen zu verzichten, wenn so ein Biotop der Abwärtsbewegungen überwunden
werden soll. Ich kann in einer Kontroverse nur behaupten, was sich auch belegen läßt
bzw. was erhärteten Verdacht nahelegt. Daß dabei schlampige Verallgemeinerungen enorm
schaden, halte ich für evident.
Unter'm Strich müßte außerdem herauskommen,
daß ich auch meinem Opponenten Respekt dafür entgegenbringen kann, daß er sich eine
klare Haltung erarbeitet hat und seine Ansichten öffentlich darlegt. Das ist für mich
ohnehin eines der Hauptereignisse von Demokratie:
Sich eine klare Haltung erarbeiten und seine
Ansichten öffentlich darlegen.
Schwierig? Ja! Nein! Ich muß jemanden nicht
mögen, um am Kontrast des Andersdenkenden schätzen zu können, daß wir in
Antwortvielfalt leben und auf diese Art eine pluralistische Gesellschaft konstituieren.
Der Philosoph Karl Popper hat uns vor
Jahrzehnten eine interessante Anregung hinterlassen: Wenn ich bei Bedarf die Ideen
angreife und nicht die Menschen, deren Ideen das sind, dann dürfen Ideen sterben
und nicht die Menschen müssen ihr Leben lassen.
Das ist eine Überlegung, die sich ganz gut
abwandeln ließe. Ich muß zwar selbst dafür sorgen, daß meine Ansichten Gewicht und
Legitimität haben, aber erst durch die Einwände von Opponenten bekommen sie eine
tiefergehende Schärfe.
Im Westen Europas hat außerdem der Autor
Emile Zola eine Tradition initiiert, in der sich Personen ohne "öffentlichen
Auftrag" in die öffentlichen Diskurse einbringen und dabei unter Umständen auch den
Staat anfechten. Zola gibt damit ein Beispiel dafür, was wir uns unter einem
"Intellektuellen" vorstellen dürfen. Einen kritischen Geist, der seine
Kompetenzen auf "realpolitische" Situationen anwendet; und zwar im Lichte der
Öffentlichkeit.
Schöne neue Woche! Die
Meinungsverschiedenheit mit Regisseur Heinz Trenczak (Foto), siehe den gestrigen Eintrag, bekam eine kuriose Wendung. Aus
einer Dialogsequenz mit Verleger Heinz Rüdisser, der medienrechtlich für meine Glosse mitverantwortlich ist, erfuhr ich eben, daß Trenczak
unsere Debatte sehr energisch zu beenden gedenkt: "bzw. überlege, ob sich ein
jurist der sache annehmen sollte." (Quelle: "Spektral" auf
Facebook)
Den Grund: "...sollst (musst) du
wissen, dass krusche aus unserem (d.h. meinem & seinem) bilateralen,
nicht-öffentlichen und also privaten chat-verlauf ohne meine zustimmung und ohne mein
wissen zitiert & veröffentlicht hat."
Wovon schreibt er? Davon:
Krusche: "kannst du es auch
näher erklären?"
Trenczak: "kann ich."
Krusche: "ich würds gerne genauer erfahren"
Trenczak: "das mach ich nicht öffentlich."
Krusche: "was also heißt, du äußerst zwar öffentlich deinen korruptionsvorwurf,
aber die begründung is nix für die öffentlichkeit..."
Das war's. Mehr stand da nicht. Das setzt
momentan etwas enge Grenzen in der Möglichkeit, jene kulturpolitische Debatte
voranzubringen, wie sie Filmkritiker Reini Urban in der Sache skizziert hat. Die
Verfaßtheit von Kunstfestivals, die Auswahlmodi bezüglich der Werke, der Umgang mit
Ablehnung, die Frage danach, ob allfällige Wünsche/Erwartungen von Sponsoren
berücksichtigt oder übergangen werden sollen, da liegt also viel Diskussionsstoff auf
dem Tisch. Die Diskussion mit nachvollziehbaren Begründngen steht momentan noch aus... |