2. November 2011

Mächtiger Fastback. Der rollte gestern in dieser Stille des Nachmittags an mir vorbei. Erste Generation, vierte Version. Was für ein Koordinatensystem! So ausufernd wurde zum Beginn der 1970er-Jahre in den Staaten produziert.

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Die Nase läßt an ein Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg denken. Und daß dieser Ford Mustang den Beinamen "Mach 1" trägt, reklamiert ihn gedanklich in die Liga von Kampf-Jets: Einfache Schallgeschwindigkeit. (Der Mach 1 in meinem Archiv: [link])

Mach, das meint übrigens vor allem den altösterreichischen Physiker Ernst Mach, nach dem die Relation zur Schallgeschwindigkeit benannt wird. Was macht uns eigentlich so versessen auf Beschleunigung, auf Geschwindigkeit, auf Höhe und derlei Kategorien? Seit der griechischen Mythologie sind solche Motive überliefert.

Ich hab eben begonnen, markante Stellen unserer Mobilitätsgeschichte ein wenig detaillierte herauszuarbeiten; siehe dazu etwa "Heftige Kurbeleien (Schnell sein auf Muskelbasis)": [link] Individuelle Mobilität, die sich letztlich im Besitz eines Automobils einlöst, ist eine derart mit Ideologie befrachtete Angelegenheit, da wird den wenigstens bewußt, wie massiv eine lange Zeit fominante Mega-Branche seit wenigstens 90 Jahren ganze Völker mit unbeschreiblichem Mitteleinsatz bearbeitet.

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Ich bin selbst unrettbar ein Kind dieses Kultursegments. Wäre ich ein reicher Mann, würde das auch mutmaßlich 1:1 umsetzen. So begnüge ich mich mit Archivalien, Miniaturen und Surrogaten, die bloß einen Bruchteil der Anschaffungs- und Folgekosten verursachen.

Momentan löst sich das bei mir vor allem in einer Kinder-Marotte ein, im Sammeln von Klebebildern: [link] Vorgestern konnte ich ein wichtiges Stück komplettieren, den österreichischen Steyr "Typ 50". Das war eine feine Konstruktion, selbst für die Mittelschicht fast noch zu teuer. (Massenmobilität auf der Basis von Automobilen ist ein sehr junges Phänomen.)

Apropos Mittelschicht! Das Thema hab ich ja gestern angerissen. Ich bekomme dazu unter meinen Leuten keine brauchbare Debatte zustande. Das deutsche Finanzministerium geht dabei klarer zur Sache: [link] Da heißt es etwa: "Das Mediannettoeinkommen liegt in Deutschland monatlich zwischen 2.600 Euro und 5.000 Euro. Viele seriöse Studien bezeichnen dies als Mittelschicht."

Von Wikipedia erfahre ich: "Bezogen auf einen Einpersonenhaushalt definiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) statistisch als „Mittelschicht“ die Bevölkerungsgruppe mit einem Nettoäquivalenzeinkommen zwischen 70 und 150 Prozent des Medians der privaten Haushaltsrealeinkommen. Im Jahre 2006 lag dieser Einkommensmedian in Deutschland knapp über 16.000 Euro. In Österreich lag der Median im Jahr 2007 knapp über 18.000 Euro."

Nun ist unbestreitbar, daß Kunstschaffende in Österreich höchst problematische Bedingungen haben und viele am Rande der Armut dahinwirtschaften. Der geringste Teil hat auf dem Markt reüssiert und genießt einen passablen sozialen Status. Etliche sind in Brotberufe ausgewichen, um ein gutes Jahreseinkommen zu machen, etwa im Bildungswesen.

Blieben noch jene Freelancers, die hart an allerhand Limits dahinarbeiten, zu denen ich mich auch zähle. Manche von ihnen, jetzt etwa Mitte 50 und von so einem Leben merklich zerschlissen, wie auch ich, entdecken gerade wieder den Begriff "Selbstausbeutung".

Was genau könnte das sein? Bedeutet es etwa, man kann so blöd sein, einem Ausbeuter dieden Teil der Arbeit abzunehmen? Bedeutet es, man erprobt sich zu lange auf einem Feld, das wenig einträglich ist, auch wenn man mit den gleichen Kompetenzen in anderen Branchen mehr Geld bewegen könnte?

Worüber reden wir da in einem Land, wo das Jammern fraglos als populärer Breitensport angesehen werden kann? Ich hätte derlei Dinge gerne etwas konkreter und etwas präziser behandelt. Mit "Wovon lebt der Krusche?" habe ich schon begonnen, das ein wenig deutlicher und transparenter zu machen.

Mir fehlen vorerst noch vergleichbare Reaktionen unter den Kolleginnen und Kollegen, auf daß sehr konkret verhandelbar würde, worüber wir eigentlich reden, wenn wir die soziale Lage Kunstschaffender in Österreich als prekär ausweisen.

Das wäre nur einer von mehreren möglichen Beiträgen, die wabernde Legendbildung rund um das Dasein Kunstschaffernder etwas beiseite zu ziehen und transparent zu machen, über welche Fragen bezüglich materieller und immaterieller Aspekte wir zu reden hätten.

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