27. Oktober 2011 Es läßt
sich ohne Übertreibung sagen, daß die Kommunen uns Kulturschaffende nun schon eine Weile
völlig sich selbst überlassen und sich auf Positionen zurückgezogen haben, die wir
nicht kennen, weil sie nicht nach außen dargestellt, kommuniziert werden.
So ist das eben im Moment und wir werden erst herausfinden
müssen, was es bedeutet und wie damit zu verfahren ist. Zugleich setzen einzelne,
erfahrene Leute deutliche (private) Zeichen. So hat Wolfgang Seereiter eben eine "werkstatt
gleisdorf: zeitgeschichte + kultur" eröffnet.
Dazu eine Notiz bei "kunst ost": [link]
Ich stelle erleichtert fest, daß sich in Summe wenigstens ein Feld inspirierter Leute
gehalten hat, jederzeit für relevante Debatten gut, für vielfältigen
Erfahrungsaustausch. Ich denke, es wird dazu führen, daß sich die Regionalpolitik in
absehbarer Zeit wieder mit uns auseinandersetzen muß. Warum? Na, es geht um die
relevanten Themen und deren Debatte in öffentlichen Diskursen. Dabei sind traditionelle
Instanzen der regionalen Gesellschaft offenbar etwas verloren gegangen.
Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark (hier neben
Wissenschafterin Ulli Vilsmaier) erspart sich und uns wenigstens Phrasendrescherei, die in
Kreisen politisch Funktionstragender leider recht häufig vorkommt. Er sagte dieser Tage
offen: "Die G'schicht' wird net ganz leicht." Da ging es um jene Wege
und Prozesse, die uns, naja, viele von uns, in das Jahr 2050 führen werden.
Nein, leicht wird es nicht. Genau das sollten wir auch im
Auge behalten und öffentlich erörtern können. Das wird keine feel good-story.
Das wird anstrengend. Es geht unter anderem um eine Reihe von Paradigmenwechseln. Da sind alle
Instanzen einer Gesellschaft gefordert, ohne daß wir heute schon wüßten, wie dieses
Instanzen mit einander ungehindert kommunizieren oder sogar kooperieren sollen. Wir werden
uns dem bei "kunst ost" konzentriert widmen: [link]
Aspekte dessen habe ich kürzlich mit Sammler Emil Gruber [link] erörtert. Der Fotograf
hält sich eine "Wunderkammer", also eine Sammlung aus Leidenschaft,
deren Artefakte keiner systematischen Ordnung und theoretischen Untermauerung ausgeliefert
sind.
Diese "vormuseale" Form der
Sammlung drückt eine interessante Denkweise und emotionale Lage aus, die ich zur Zeit
wieder als Anregung für unsere weiteren Vorhaben aufnehme. Übrigens! Grubers "Tra(c)ktat 1 zur Gründungsurkunde eines
postnationalen Reisebüros" ist ein Basisdokument unseres "Avantourismus'":
[link]
Apropos "Avantourismus'"! Von
Sozialhistoriker Matthias Marschik kam mir eben eine neue Publikation ins Haus. Siehe dazu
auch die Notiz "mobilitätsgeschichte"!
In den letzten beiden Jahren meiner aktuellen Befassung mit
diesem Thema ist für mich immer irritierender geworden, zu erahnen, welche unermeßlichen
Geldbeträge während der letzten zirka 80 Jahre in umfassende Propaganda zugunsten des
Automobilismus' gesteckt worden sind. Wir haben keine wie immer "objektive"
Sicht auf das Thema zur Verfügung. Es ist radikal in diese Gesellschaft implementiert |
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worden und in fast jeden
Lebensbereich verzweigt. Es hat sich vor allem eine vorherrschende Männerkultur dieses
Motiv des (auto-) mobilen Mannes als eines ihrer Fundamente erarbeitet. Darin finde ich
ohne große Mühe Versatzstücke eines älteren Ideals wieder, das den "soldatischen
Mann" hervorhob.
Wie sehr und wie selbstverständlich
individuelle Mobilität uns am Herzen liegt, demonstrieren ja schon die Spielzeugecken von
Kindern. Aber das ist seit der Götterwelten der griechischen Antike in unserer Kultur
präsent; vom Crash-Piloten Phaeton bis zum Überflieger Ikarus. Von Chef-Düse Hermes
ganz zu schweigen... |