4. November 2010 Es
kommt vor, daß mir mein Mädchen gegenüber sitzt und plötzlich laut denkt: "Wie
viel sind jetzt drei Viertel von vier Fünftel?" Das ergibt Momente, in denen
ich sehr froh bin, daß ich zur Sache schweigen darf. Solche Art von Komplexität liegt
mir nämlich gar nicht.
Allerdings frage ich dann schon nach,
denn ich bin grundsätzlich furchtbar neugierig. Die erfahrene Mathematikerin lächelt
müde und sagt: "Du mußt verstehen, daß VON eigentlich MAL bedeutet." Fein!
Ich werde mich bemühen. Folgen Sie mir kurz in der Sache. Es ist durchaus interessant.
Wenn man es in Brüchen anschreibt, ergibt der
oben zitierte Gedanke 3/4 mal 4/5, also: 3x4=12 und 4x5=20. Das ergibt zwölf Zwanzigstel
oder 12/20. Dieses Ergebnis kann man wiederum oben und unten in seiner Komplexität
reduzieren, nämlich durch 4 dividieren, was drei Fünftel ergibt. Demnach sind 3/4 von
4/5 genau 3/5.
Das ist ein kleines Abstraktionsgebäude von
einiger formaler Schönheit. Solche Dinge habe ich kürzlich mit dem Techniker Gerrit
Husung erörtert. (Hier links neben Fotograf Franz Sattler.) Husung fotografiert, wie
schon vorgestern erwähnt, im Großformat. Dabei
spielen hervorragende Objektive, also komplexe Linsen-Ensembles, eine zentrale Rolle.
Eines der heute immer noch besten Objektive,
über das Menschen verfügen, ist das 1902 eingeführte "Tessar". Das kam lange
vor der Zeit auf den Markt, da Konrad Zuse einen programmierbaren Universalrechner
praxistauglich gemacht hatte. Um also zu so einem exzellenten Objektiv zu kommen, mußte
ein Weg über "händische" Berechnungen gegangen werden.
(Wikimedia Creative Commons)
Husungs Schilderung besagte sinngemäß: Erst
mußte jemand ein zielführendes Rechenmodell entwickeln, dann mußten in Jena einige
hundert Menschen mehrere Jahre rechnen, um zu diesem Ergebnis zu kommen.
Solche Zusammenhänge interessieren mich sehr.
Ich finde dabei Anregungen bezüglich der Schönheit einer Methode. Mir gefallen
Abstraktionsverfahren. Das rührt aber auch an kulturgeschichtliche Fragen. Denn in der
Renaissance kreuzten sich auf spektakuläre Art Theorie- und Erfahrungswege ganz
unterschiedlicher Art aus der arabischen und der abendländischen Kultur.
Das hat viel mit unserer Geschichte des Blickes,
des Bildes und den Darstellungen der Welt zu tun. Laut einer bestechenden These von Hans
Belting ist Europas Entwicklung der Zentralperspektive im Tafelbild, die rund um den
Globus große Dominanz erlangt hat, nicht denkbar ohne die arabische Sehtheorie und die
damaligen arabischen Kenntnisse der Optik, in denen unsere westeuropäische Bildtheorie
unverzichtbare Fundamente hat.
Belting nennt Alhazen als herausragende
Autorität in diesen Fragen. Und er behauptet: "Was Kulturen aber mit Bildern
machen und wie sie die Welt in Bilder fassen, führt zum Zentrum ihrer Denkweisen."
Gut, es darf dann auch wieder trivial werden.
Auf dem Weg durch Bosnien fand ich dieses wunderbar derangierte Feuerwehr-Fahrzeug. Ein
FAP 13, also ein Schnauzer aus dem serbischen Priboj, nahe der Grenze zu Bosnien.
Das sind Lizenzbauten, denen man die
"Mercedes-Gene" noch ansieht. Diese FAP und die FAMOS aus Sarajevo waren
Jahrzehnte ein logistisches Rückgrat Jugoslawiens. Schöne, puristische Maschinchen, die
es in unzähligen Varianten mit zahllosen Aufbauten gibt.
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