6. September 2010Was mich nun Tage beschäftigt hat? Der "Blicktausch".
Lange Zeit ein Tabu in der Kunst. Die Darstellung von Lebewesen, welche auf Bildern so
realistisch wirken mochten, daß man sie für lebendige Kreaturen halten konnte. Das
handelt von Tafelbildern, von aufrecht davor stehenden Betrachtenden, vom subjektiven
Blick und von der "Erwiderung" dieses Blickes aus dem Werk heraus.
Der Islam kennt übrigens keineswegs ein
"Bilderverbot". In den arabischen Kulturen war bloß derartige Darstellung mit
einem Tabu belegt. Solcher Realismus, der einen "Blicktausch" möglich machte,
galt als Anmaßung gegenüber Gott, als der Versuch eins Schöpfungsaktes.
In genau diesem Sinn waren derlei Dinge auch in
unserer Kultur mit Grenzen belegt. Das änderte sich in der Renaissance grundlegend. Das
Tafelbild mit derlei Darstellungen ist eine Kreation des Westens, in seiner Entwicklung
allerdings auf arabischen Grundlagen basierend.
Das ist ein wuchtiges Thema, dessen wenigstens kursorische
Kenntnis nicht bloß für Kunstschaffende von Interesse sein mag, sondern auch dem
Verständnis dient, wie sich islamische und christliche Traditionen zu einander verhalten,
auch wie sie wechselseitig anregende Wirkungen hatten.
Zum Kontrast falle ich freilich
Tag für Tag erneut in diese wohlig trivialen Momente ... Das Fahrzeug mag bei flüchtigem
Hinsehen unerheblich wirken. Die Kontur eines Renault R5 dürfte auch wenig interessierten
Menschen geläufig sein. Aber ich hatte gestern besonderes Glück, als mich ein
Verkehrs-Wirrnis in Graz auf Abwege brachte.
So begannen die 1980er-Jahre. Dieser Renault 5 Turbo war
ein weiterer Beitrag, uns zu lehren, was "Mittelmotor" meint. Daß nämlich der
Motor zwischen den zwei Achsen liegt. Solche Fundstücke zu bestimmten Zeiten, das ergibt
eine schöne, kleine Alltagsmagie. Ich stecke nämlich gerade tief in der Geschichte des
Steyr Puch 500, welche vor allem mit renntauglichen Derivaten Stoff unserer Bubenträume
war.
Die Zweier-Version des Turbo-Renault hatte ich übrigens
erst kürzlich im ruhigen Pöllau erwischt ... siehe den Eintrag vom 20. Juli 2010! Etwas anderes betont den gestrigen Fund
zusätzlich. Die Träume vom schnellen Fahren hatten in meiner Kindheit einen
herausragenden Exponenten. Das ist eigentlich sachte untertrieben. Er ist uns ein Gigant
gewesen. War seither je wieder jemand so präzise, unerschrocken und unaufhaltsam, wenn es
darum ging, Rennen zu fahren? Ich denke, er ist nach wie vor eine Kategorie für sich,
unerreicht.
Gestern vor genau vierzig Jahren verstarb Jochen Rindt auf dem
Kurs von Monza, als an seinem Lotus 72 vermutlich eine Bremswelle gebrochen war. Auf dem
Foto sieht man den Weizer Automechaniker Sepp Pfleger mit seinem Idol; ein kleiner Hinweis
darauf, daß Jochen Rindt nicht nur in meinen Bubentagen enorme Popularität besaß,
sondern auch Generationen nach uns noch für große Emotionen gut war.
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