22. Juli 2010

Und warum stets, nein: überwiegend ernste Angelegenheiten? Eben! Ich hab nun eine "Herrenpartie" in das Kosovo vor mir. Das hat sehr ernste Seiten, wird aber auch ein Spaß sein. Daß uns dort für mehre Tage Gewitter vorausgesagt sind, schert mich wenig. (Wasserdichte Socken?)

Heute ist ein spezieller Tag, was das Kosovo angeht:
>>Bereits im Oktober 2008 bestellte die UNO-Vollversammlung auf Drängen von Belgrad ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH), ob die Unabhängigkeit des Kosovo rechtmäßig ist oder nicht. Am Donnerstag soll das mit Spannung erwartete Gutachten veröffentlicht werden.<< [Quelle: ORF]

Wir haben zum Anlaß der breit erwünschten Deportation von Arigona Zogaj und ihrer Familie in der Vergangenheit interessante Dinge über dieses ruinierte Land gehört und gelesen. Die ganze Schönrederei von besorgten Wohlstandskindern in Österreich bemäntelt ein paar simple Fakten, die eigentlich furchterregend sind:

>>Für die Bevölkerung sind die Arbeitslosigkeit und ein bescheidener Lebensstandard die derzeit schwierigsten Probleme. Im Zwei-Millionen-Bürger-Land befinden sich nach offiziellen Angaben rund 44 Prozent der Erwerbsfähigen auf Arbeitssuche. Das Kosovo ist bevölkerungsmäßig ein sehr junges Land: 46 Prozent der Bevölkerung sind unter 18 Jahre alt, allerdings gelten 70 Prozent der jungen Erwerbsfähigen bis 24 Jahre als arbeitslos.<< [Quelle: ORF]

Ich spiele auf unbefugte Art Prophet. Der reiche Teil Europas scheißt auf den verarmten Süden. Das Kosovo wird niemals auch nur annähernd zu unserem Niveau der Annehmlichkeiten aufschließen. Das bleibende Reservoir billiger Arbeitskräfte ist willkommen. Eine Variante, mit der das Kosovo strukturell etwas gewinnen könnte, wäre sein kompletter Ausbau zu einem amerikanischen Militärstützpunkt. Camp Bondsteel, immerhin die größte US-Basis seit dem Vietnamkrieg, ist ja bisher nicht kleiner geworden ... Aber wer weiß, was ich dort sehen und erleben werde.

Cut!

Einige weitere Reaktionen zu meinem Eintrag vom 20.7.10, Andreas Tauser staunt: "Denn überrascht finde ich meinen (nur) für Facebook gedachten Kommentar irgendwo im „mezblog“ wieder." (Nachzulesen im Kommentar zum "mezblog"-Eintrag.)

Was ist Web 2.0? Nun hatte ich zwar beschlossen, mein Facebook-Profil nicht public zu schalten, aber rund 300 "Freunde", deren "Freunde" wiederum bei ihren "Freunden" mitlesen können, also bei mir, falls ein "Freund" in meinem Bereich postet, machen ja deutlich, das ist faktisch ein Stück Teilöffentlichkeit im Web, keineswegs privates Terrain. Selbstverständlich verzweige ich manche Debattenmomente (und sei es bloß Polemik) nach meinem Belieben auf meinem Web-Terrain.

Genau das, ÖFFENTLICHE Debatte, wird in unserem Milieu ja eher gemieden. Raunen und Gemunkel dominieren. (Tauser: "Mein persönlicher Rat aber ist es, so fair zu bleiben, Texte und Zeilen hinkünftig nicht ihrer eigentlichen Bestimmung zu berauben. In Ordnung?")

Die Kommentar-Überschrift "Krusche und seine Schutzwand aus Worten." ist kuriose Post an einen Schriftsteller. (Mit Verlaub: Texte sind mein Metier.) Tauser führt aus: "Deine letzte Antwort war gerade ein wunderbarer Beleg dafür, dass man mit viel Wortwirrwarr und Neben- und Scheinargumentationen vom Eigentlichen ab- und auf sich selbst lenken kann."

Es bleibt in der Sache für mich folgender Punkt interessant und der Klärung bedürftig: Warum will in dieser Region, womöglich im ganzen Land, begrifflich nicht zwischen Gegenwartskunst und Voluntary Arts unterschieden werden? Warum sollen Kunsthandwerk oder etwa ambitionierte Bastelei nicht als eigenständige Felder erkennbar sein? Warum sind die markantesten Ereignisse der Region oft so gehalten, daß all das eher unreflektiert in einander fließt?

Mein Haupteinwand gegen solche Diffusion ist der, daß sich in solcher Begriffsunschärfe KULTURPOLITISCH nichts Neues entwickeln läßt, erreichen läßt. Genau das wäre aber dringend notwendig. Erstens aus Gründen, die in Fragen der Regionalentwicklung liegen. Zweitens aus Gründen der einbrechenden Kulturbudgets. (Auf Landesebene, wie schon erwähnt, minus 25 Prozent Minimum, minus 30 Prozent höchst wahrscheinlich.)

Wo es nun um Fragen der Kulturpolitik geht, das sind dann auch Fragen nach den Kulturbudgets der Kommunen, haben wir allerdings zu klären, WER mit welchen Intentionen WAS unternehmen möchte, um verhandeln zu können, WAS davon mit welchen Mitteln kofinanziert werden sollte.

Wer diesen Weg des Klärens und Verhandelns ausschlägt, befestigt den gut eingeführten Weg individueller Lobby-Arbeit, die vor allem aufgrund persönlicher Beziehungen und Mitgliedschaft bei Seilschaften zu Ergebnissen bei der Kommunalpolitik führt. Das ist aber eine Parteinahme für das Reich der Partikularinteressen und im Grunde eher GEGEN die "res publica" gestellt.

Daraus folgt nach meiner Überzeugung, daß ein Ausschlagen solcher Debatten und Prozesse undemokratische Tendenzen stärkt und das schwächt, was "Politik" eigentlich meint; nämlich ein lebendiges Wechselspiel zwischen "Politiké" ("Staatskunst") und "Polis" ("Gemeinwesen"). Anders ausgrdückt, Partizipation, Bürgerbeteiligung wird in dieser Situation enorm erschwert.

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So! Aber bei aller Ernsthaftigkeit: NICHT ohne meine Schlenkerer in's Triviale. Sonst möchte man ja ein düsterer Mensch werden ;-)))

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Schöner geht's nicht. Das erste Baumuster des "VW Typ 2". Und diesmal kein gefälschter "Samba", sondern eine offenbar auf Originalität gebürstete Bus-Version. So gesehen nahe Großwilfersdorf.


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