15. Juli 2009

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Das war nicht die Nachspeise, bloß ein kleiner Zaungast, der den vorzüglichen Fisch auf meinem Teller sicher verschmäht hätte, das Weißbrot aber nicht. Diese Momente sommerlicher Annehmlichkeiten. Und zugleich die Grübeleien, in den letzten Tagen von allerhand kuriosen Denkanstößen befeuert.

Wo immer ich hintrete, rühre ich an Legenden darüber, was "Ausländer" und "Asylanten" bei uns angeblich bewirken, anrichten. Selbst die Sozialdemokratie überläßt es den Kommunisten, daran zu erinnern, daß Österreich ein äußerst reiches Land ist, dieser Reichtum aber in den Händen weniger Familien liegt.

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Ich hatte über das Plakat schon gelesen, nun hab ich eines gefunden. Ein interessanter Akzent in Graz. Nach all den gefönten und geschönten Serien aus der Abteilung "Personenkult", die mir geschniegelte Krawattenköpfe angedient haben, ist diese Rückgriff auf eine frühere Ära, den die KPÖ hier zeigt, ziemlich überraschend.

Der Maler Josef Schützenhöfer [link] lieferte das propagandistische Motiv. Ich denke, da hat sich Josef selbst als Schuhputzer in das Ensemble eingebaut, in dem die Herren Androsch und Meinl thronen. Meinl ist weitgehend uninteressant. Ein Standard-Reicher des Landes, der aus laufenden Untersuchungen seiner Geschäftsgebarungen möglicherweise eine erhebliche Revison seines guten Rufes beziehen wird. log1420c.jpg (3855 Byte)

Aber Hannes Androsch, DAS ist eine bemerkenswerte und sehr "österreichische" Geschichte. Sozialdemokat, Finanzminister, "Salzbaron". Was hätte Karl Kraus daraus machen können!

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Das ist übrigens Josefs Frau Janice. Die gebürtige Amerikanerin arbeitet auch im realen Leben als Krankenschwester. Ich denke, von ihr habe ich einst den Ausdruck "Desaster Nurse" gehört, was ich sehr amüsant fand. Noch viel spaßiger erschien mir, daß der Boss einer "Katastrophen-Krankenschwester" den Arbeitstitel "Master of Desaster" trägt; obwohl das keine lustigen Themen sind.

Zurück zum Thema. Das Plakat illustriert einen ganz wesentlichen kategorealen Unterschied, der oft unter den Tisch fällt. Ich meine den Unterschied zwischen "arbeiten" und "Geld machen". Polemisch zusammengefaßt: Es ist völlig ausgeschlossen, mit dem Arbeiten sehr viel Geld zu machen. Richtig Geld zu machen bedingt, das Arbeiten anderer Menschen entsprechend effizient zu nutzen, einzusetzen.

Woher kommt also der auffallende Wohlstand Österreichs?

Ich habe am 9. Juli begonnen, anläßlich einer "Asylantendebatte" nach einigen Aspekten dieser Wohlstandsgeschichte zu fragen. Es wird in diesem Land vieles sehr gut gemacht. Daran kann kein Zweifel bestehen. Aber die Sache mit der maßlosen Tüchtigkeit der Österreicher ist eher ein Mythos. Ein an Diabetes erblindender Bauer, der es aus sehr bescheidenen Verhältnissen zu respektablem Wohlstand gebracht hatte, legte mir vor etlichen Jahren auseinander, was der Unterschied zwischen "fleißig" und "tüchtig" sei.

Fleißig ist, wer viel arbeitet. Tüchtig ist aber nur der, wo bei der vielen Arbeit auch "etwas herausschauen" würde. Gut. Weiter: Wenn "100" der europäische Durchschnittswert des "BIP pro Kopf" ist, dann liegen die nebenstehend gelisteten Länder DARÜBER.

>>Luxemburg bleibt nach jüngsten Schätzungen des EU-Statistikamtes Eurostat weiter mit Abstand reichstes Land der EU. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Luxemburg betrug 2006 mehr als das Zweieinhalbfache des Mittelwertes aller 27 EU-Staaten. Österreich ist laut der Statistik viertreichstes Land in der EU mit einem BIP pro Kopf in Kaufkraftstandards, das 29 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt.<< [Quelle: NEWS]

Und wie kommt das? Weil wir hier so tüchtig sind? Manche sind es, andere nicht. Mit den Pleiten, vor allem mit hausgemachten Pleiten, sind wir nämlich ebenfalls Spitze. Das geht nun schon seit etlichen Jahren so und hat mutmaßlich durch die Krisen der jüngeren Vergangenheit noch schärfere Kontraste bekommen.

Index BIP pro Kopf (EU27 = 100)
Luxemburg 280
Irland 144
Niederlande 131
Österreich 129
Dänemark 127
Belgien 123
Schweden 121
Großbritannien 118
Finnland 117
Deutschland 113
Frankreich 113
Italien 104
Spanien 102

Ein kleinber Überblick der jüngeren Vergangenheit:

2004: "Internationale Insolvenzstatistik für das 1. Halbjahr 2004 reiht Österreich auf 3. Platz [...] Mit einer Insolvenzrate von 1,8% ist Österreich im Vergleich zu 15 westeuropäischen Staaten eindeutige Spitze. Den zweiten Platz teilen sich Deutschland und Frankreich mit 1,4%." [Quelle]

2005: "In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Unternehmenspleiten in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um 18,1 Prozent gestiegen. [...] Im laufenden Geschäftsjahr steuert die Alpenrepublik nach Berechnungen des KSV auf einen neuen Pleitenrekord zu." [Quelle]

2006: Gesamtinsolvenzen 2006: 14.437 gegenüber 2005: 13.598, Veränderung absolut + 839, ergibt + 6,2 % [Quelle: Creditreform Österreich]

2007: Gesamtinsolvenzen 2007: 14.978 gegenüber 2006: 14.437, Veränderung absolut + 541, ergibt + 3,7 [Quelle: Creditreform Österreich]

2008: Gesamtinsolvenzen 2008: 16.061 gegenüber 2007: 14.978, Veränderung absolut + 1.083, ergibt + 7,2 [Quelle: Creditreform Österreich]

2009: "Insolvenzen im 1. HJ 2009 um 10% gestiegen, 3.471 insolvente Unternehmen im 1. Halbjahr 2009, Im Vergleich zum 1. HJ 2008 bedeutet das ein Plus bei den Unternehmensinsolvenzen von knapp 10%. Der Zuwachs liegt damit noch etwas unter den erwarteten 12%-15% für 2009." [Quelle]

Daran finde ich interessant: "31% der insolventen Unternehmen wurden in den Jahren 2005 - 2009 gegründet, weitere 23% in den Jahren 2000 - 2004."


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