11. Juli 2009

Was wäre, fragte ich meinen Kaufmann, wenn wir ab nun auch eine Regenzeit hätten, wie es das woanders auf der Welt gibt? Denn ich höre inzwischen viele Menschen sehr ausdauernd räsonieren, weil das Regenwetter noch ausdauernder ist.

Ich hatte mir gestern zweifach nasse Füße geholt, beide Male ohne jede schlechte Laune, weil ungewöhnliche Beute greifbar geworden war. Mein Sohn hatte an seinem letzten Schultag verschlafen. Eine letzte Geste des Widerwillens, wie mir schien, aber immerhin wollte er sich noch auf den Weg machen, um das letzte miese Schulzeugnis dieser Ära abzuholen.

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Der Kerl ist so freundlich, keinen Musterknaben abzugeben. Wo wird das hinführen? Vor einer Weile war eine ernste Situation entstanden, als ich in einem ernsten Gespräch unter Erwachsenen folgende Überlegung auf den Tisch gelegt hatte.

Selbst der übelste Freak hat eine Mutter und einen Vater. Was wäre, wenn der Bub ein wirklich übler Freak würde? Welche Konsequenzen hätte das für die eigene Position? (Das ist natürlich kein Befund über mein Kind, sondern eine Denkaufgabe.)

In der Folge hatte ich nicht bloß eine Situation, sondern einen erheblichen Krach. Das Dilemma ist offensichtlich. Welches Maß an Anpassungsleistung hat man seinem Kind abzuverlangen? Welches Maß an Widerständigkeit sollte gestärkt werden, wo eine unzumutbare Art der Zurichtung greift? Welche Balancen sind möglich und angebracht? Wie offen halte ich die ersten Wege für mein Kind? Was schulde ich meinem Schutzbefohlenen und was habe ich dem bald Erwachsenen abzuverlangen?

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Auf dem etwa halbstündigen Rückweg von der Schule fand ich unter anderem diesen prächtig restaurierten Steyr 480. Ohne die auffällige Lackierung wäre er mir im Vorbeifahren bei diesem trüben Wetter womöglich gar nicht aufgefallen. Einer der guten Gründe, in den Regen zu gehen ...

Cut!

Ich hab im gestrigen Eintrag (und davor) einige Fragen angerissen, die auf Annahmen über dieses oder jenes "WIR" und seine Bedingungen gerichtet sind. "Wir Österreicher", "unser Österreich", "unsere Sprache" ... Viele von uns sind reguläre "Staatsbürger", genauer: "Bundesbürger". Im Bundes-Verfassungsgesetz heißt es:

>>Artikel 8. Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.<< [Quelle: Wiener Zeitung]

Soweit der "amtliche" Teil. Ich sehe da freilich keine gesetzliche Vorschrift, daß die Beherrschung der Deutschen Sprache für alle Menschen verpflichtend sei. Daß es dagegen VERNÜNFTIG wäre, sich diese Sprache anzueignen, wenn man hier lebt, unterschreibe ich jederzeit gerne.

Haarspalterei? Nein! Ich möchte darauf hinweisen, daß es einen kategorealen Unterschied gibt zwischen dem was verlangt, gefordert werden kann, und dem, was empfohlen, zu dem eingeladen werden kann. Denn die dominante "Amtssprache" ist nur eine Kategorie in dieser Debatte. "Monokultur" kann aber nicht das Gebot der Stunde sein.

Darüber hinaus: "Unsere Sprache" ist nicht bloß das Deutsche, sondern natürlich auch das Slowenische und das Kroatische. Siehe dazu den Artikel VII des Staatsvertrages!

>>In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen.<< [Quelle]

Wir haben außerdem lange gebraucht, um uns damit vertraut zu machen, daß noch ANDERE SPRACHEN berechtigten Bestand haben, auch auf staatlicher Ebene. Wer wußte schon, daß es in der Gebärdensprache verschiedene Prägungen und Dialekte gibt? (Ich bin noch mit dem abschätzigen Begriff "Stummerlsprache" aufgewachsen.

>>Mit Helene Jarmer wurde am 10. Juli die erste gehörlose Abgeordnete im Nationalrat angelobt. [...] Unter anderem werden bei Nationalratssitzungen jeweils zwei GebärdendolmetscherInnen tätig sein. Auch der ORF will Live-Übertragungen aus dem Nationalrat sowie seinen Live-Stream ab sofort in Gebärdensprache anbieten.<< [Quelle: Parlament]

Ich bin in dieser Sache vor allem deshalb so hartnäckig, weil ich es obszön finde, wie leichtfertig und arrogant über das Gros der Asylsuchenden hierzulande dahinbehauptet wird, was ich da an Unterstellungen höre und mit welchen Argumenten Einheimische ihren Wohlstand gegen andere Menschen abzuschotten versuchen.

Solche Debatten berühren aber auch eine andere, durchaus sehr brisante Frage: Was genau soll eine NATION auf der Höhe der Zeit sein, die vor allem NACH Auschwitz und Srebrenica nicht auf ethnische Kategorien und Argumente gestützt sein darf?

[Wir Kinder des Kalten Krieges]


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