24. März 2009

Leute meiner Generation werden mußtmaßlich eher nicht zu jenen zählen, die sich im öffentlichen Raum mit Notizen dieser Art zu Wort melden:

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Ich hab auf meinen Wegen über die Felder einige launige Beispiele für "Call & Response" gefunden. Das hier übersprayte Graffiti ist in der Tat Scheiße und das "Wen scherts" ein rührender Einwand gegen die ästhetischen Grausamkeiten, die im öffentlichen Raum längst Standard sind.

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Noch freundlicher finde ich es, die Kerl-Nummer "Ich hack dich um, Nutte!" mit diesem "WARUM" zu quittieren. Wir haben bei uns freilich nicht erst das Auftauchen von musikalisch gefärbtem "Gangsta"-Jargon gebraucht, um Frauen solche Artigkeiten zukommen zu lassen.

Das ist jetzt allerdings noch kein Diskussionsbeitrag zur Debatte über "Gewalt und Jugendliche", wie sie momentan anläßlich des deutschen Amokläufers mit dem Kindergesicht läuft. Irgendwie fehlt mir eigentlich genau das: Eine Debatte, welche diese Bezeichnung auch verdient.

Mir fiel übrigens an meinem Sohn und seinen Leuten auf, daß diese Youngsters einen ironischen Umgang mit all diesen Motiven pflegen, daß sie einen Jargon entwickelt haben, der sowohl Gewaltmotive als auch kleine Obszönitäten in launigen Variationen vorführt.

Dabei fällt mir weiters auf, daß sie einen Code hingekriegt haben, den wir ihnen nicht so leicht klauen werden, wie so vieles zuvor. Die Plünderungen von Jugendkulturen durch Erwachsene haben eine breite Tradition.

Diese Mischung hat es einigermaßen in sich: Die Jugendkulturen ausplündern, die Beute vermarkten, den Youngsters aber darüber hinaus vieles vorenthalten, was ihnen ein gutes Gefühle für diese oder irgendeine Zukunft geben könnte. Ich hab im vorigen Eintrag notiert, mit welcher Chuzpe die Youngsters verschaukelt werden und daß diese Blödheiten viele von ihnen den "Vaterländischen" zutreiben.

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Hannes Rauscher, Kolumnist von "Der Standard", hat unter dieser Headline vor einigen Tagen angemerkt, in Deutschland seien fast fünf Prozent der 15-jährigen Burschen und 2,6 Prozent der Mädchen "in einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft". Jeder siebente Jugendliche sei "sehr ausländerfeindlich". Jeder SIEBENTE! Das illustriert ein umfassendes kulturelles und politisches Versagen meiner Generation in den relevanten Fragen, deren Offenbleiben dieses Ergebnis ausdrückt.

Rauscher erinnert an den letzten Wahlkampf in Österreich, der eben, wie ich hier mehrfach betont habe, vor allem ein "Ausländerwahlkampf" gewesen ist, während alle Leute von einiger Sachkenntnis schon längst wissen mußten, daß die Serie von Banken- und Versichungspleiten zu einer Flut werden dürfte.

Also haben maßgebliche Akteure in der Politik uns genau NICHT erzählt, daß sie einerseits zwar den freien Menschenverkehr in Europa nach Kräften blockieren, um Wanderbewegungen von armen Leuten unter Kontrolle zu halten; ZUGLEICH haben sie andrerseits den freien Verkehr FAULER PAPIERE begünstigt, forciert.

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Zusammengefaßt: Wir bringen unseren Kindern brutale Verdrängungswettbewerbe als Grundübung bei, schieben Asylsuchenden die Schuld für die aktuellen Malheurs in die Schuhe und bemänteln nach Kräften, daß einige Minoritäten die Welt als Kasino behandeln, wobei ihnen die Politik seit Jahrzehnten nicht entschlossen in die Arme zu fallen gedenkt.

Juli 2005

Beim Verlassen von Vinkovci dieses zerschossene Haus.

[Hinfällige Notizen] [***]


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13•09