24. Februar 2009 Faschingsdienstag.
Ich verzichte auf das Anstecken einer roten Knollennase. Es wird auch kein lustiges
Hütchen aufgesetzt. Ich mißgönne solche Vergnügungen niemandem. Es macht mir Spaß zu
sehen, welchen Spaß andere haben können, während sie sich solchen Posen hingeben. Mein
Spaß daran korreliert allerdings stark mit der gesicherten Rückzugsmöglichkeit, die ich
dabei brauche.
Diese Art des schleichenden Winters; keine richtig harte
Wetterlage, aber stets merkliche Erinnerungen daran, welche Jahreszeit gerade herrscht.
Heuer hab ich sogar an der Kälte Gefallen, weil sie gewissermaßen ein Terrain absteckt,
klimatisch und zeitlich, auf dem ich mich gut zurechtfinde.
Mitten in dieser trüben Wetterlage sah ich dann aus etwas
Entfernung diese geduckte Silhouette, eine derart prägnante Linie, daß sie keinem
anderen Automobil zugeordnet werden kann. (Er sieht ja ein wenig so aus, als wäre jemand
von der Fertigungsstraße damit abgehauen, bevor die Arbeiter mit dem Aufbau fertig
geworden sind.) Also blieb bloß noch die Frage, ob der X-Bow mir auch diesmal davonfahren
würde, bevor ich in Position war.
Genau genommen hat KTM hier dem Begriff
"Roadster" eine zeitgemäße Deutung gegeben. Denn was zwischenzeitlich an
lieblichen Zweisitzern unter diesem Begriff gehandelt wurde, hat mit dem spröden und
minimalistischen Layout ursprünglicher Roadster nichts zu tun. Das sieht nun anders aus
...
Ich hatte in jüngster Zeit zwei aussichtslose Begegnungen
gehabt. Diesmal lief die Ampelschaltung zu meinen Gunsten und ich konnte mir ausmalen, wie
es sich bei der Außentemperatur anfühlt, unterm Fahren im Freien zu sitzen. Der X-Bow
von KTM hat ja nicht einmal eine Windschutzscheibe. Damit war mein Tag schon gut
zurechtgerückt. Es ist das sensationellste Automobil-Konzept der jüngeren Vergangenheit,
ein weiteres, technologisch hinreißendes Stück der "Eroberung des Nutzlosen".
(© Werner Herzog)
Dabei stand mir vorgestern noch eine andere
Technologie-Lektion bevor. Ein Körper mit 20 Flächen heißt Ikosaeder".
Dieser verkabelte Gegenstand ist mit Lautsprechern bestückt. Meist wird Schall in einen
Raum hinein übertragen. Die Basissituation des üblichen Stereo-Effektes. Es ist
eine ganz andere Geschichte, wie hier, aus dem Raum heraus ein
Wellenfeld" aufzubauen.
Darum ging es bei einem Konzert im Grazer
Medienkunstlabor". Tontechniker halten gewöhnliche Lautsprecher als
Schallquelle für eine ziemlich üble Sache. Also wird daran getüftelt, auf welchen Wegen
sich der Klang eines Instrumentes möglichst authentisch abnehmen und folglich wiedergeben
läßt.
Im Rahmen von impuls 2009" wurde ein Workshop realisiert, zu dem die
Live-Übertragung eines Konzertes aus dem Cube" des IEM" gehörte. (Institut für
Elektronische Musik und Akustik") Dazu wurde eine Art Interspace"
geschaffen. Das meint, neben der Tonübertragung bestand auch eine Bildübertragung, durch
die Teile des jeweils anderen Raumes (und der da anwesenden Menschen) virtuell"
in den lokalen Realraum" geschoben wurden.
Der nötige Aufwand an Technologie und Know how ist dazu
ganz erheblich. Ungebrochener Datenfluß, das Eingrenzen, möglichst das Vermeiden von
Verzerrungen und und und ... Ein Sturm im Aufbrechen von Hörkonventionen, der hier nicht
nur aus technischen Quellen entfacht, sondern auch aus den Workshop-Ergebnissen gespeist
wurde. Elektroakustische Kompositionen, live electronics" ... Was für ein
Trost, daß es neben dem allgegenwärtigen Mainstream-Radio, mit dem ich in
Kaufhauäusern, Gaststuben und Autobussen behelligt werde, auch noch so ganz andere
Erlebnisse des Hörens möglich sind.
August
1998Der
Begriff Arbeit muß entmoralisiert werden.
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