28. Dezember 2008

Etwas scheint sich durch die gesamte Vergangenheit der Spezies zu ziehen: Menschen wandern hinter erträglichen Lebensbedingungen her. Sie verlassen unwirtliche Gebiete. Das geht freilich schon lange nicht mehr einfach so, da Grenzen gesetzt wurden, die zunehmend unüberwindlich werden. Seit dem 19. Jahrhundert ist dieses Thema außerdem mit den Ideologien des Nationalismus durchwirkt.

Kuriosum der Gegenwart: Wir haben wirtschaftliche und ökologische Kräftespiele in Gang gesetzt, von denen die ganze Welt erfaßt wird, egal, von wo sie ausgehen. Zugleich ist die Welt von Grenzen durchzogen, die ganze Ländereien sogar zum Gefängnis machen können.

Es steht den Menschen nicht frei, vielfältigen Bedrohungen auszuweichen. Vor diesem Hintergrund hat Österreichs Politik nun über viele Jahre völlig irreale Vorstellungen zugelassen, wonach manche dieses Land von jeder Mitverantwortung für diese Zusammenhänge abschotten möchten.

Es gilt bei uns, wie in Demokratien üblich, das Prinzip der "Gewaltenteilung". Was meint, die Staatsgewalt ist auf verschiedene Organe des Staates verteilt, damit eine wechselseitige Machtkontrolle gesichert und einseitige Machtkonzentration ausgeschlossen werden können. Legislative, Exekutive und Judikative, also Gesetzgebung, Vollzug und Rechtsprechung.

Ein aktueller Beitrag zum oben angeschnittenen Thema kam nun von Gerhart Holzinger, dem Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes:

>>Der Politik empfiehlt Holzinger eine Neuausrichtung der immer noch unter dem Titel "innere Sicherheit" abgehandelten Ausländerpolitik. Die Migration betreffe mittlerweile verschiedenste gesellschaftliche Bereiche, daher wäre es überlegenswert, das Thema woanders anzusiedeln. "Ein Sicherheitsthema ist das nur am Rande."<< [Quelle]

Was findet sich zur gleichen Zeit von der Politik im vaterländischen Lager? Eine Operetten-Nummer. Inhaltlich ein völliges Null-Ereignis.

>>"Claudia Haider soll Landtagspräsidentin Kärntens werden", erklärte Heinz-Christian Strache.<< (Quelle: "Kronen Zeitung")

Witwe zu sein als politische Qualifikation, das ist natürlich kein neues Konzept. Die zwei Meldungen machen im vorzüglichen Kontrast gut sichtbar, was inhaltliche Arbeit und billige Unterhaltung (Entertainment) von einander unterscheidet.

Das billige Geschwätz ist allerdings keine Domäne des Boulevards.

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Ich habe hier Stammpublikum, das sich auf eben solche Art hervortut. Kein Einwand! Ich werde doch keinen Stammleser abweisen ;-))) Zum Jahresende kamen nun wieder herzerwärmende Botschaften wie:

>>Ist bloss die frage, wie man soclhe chaotoidiots   bekaempft und zur raison brinmgt<<

>>Krusche, deine arbeit ist wert und sinnlos Krusche, der stab ist ueber dich gebrochen Verdrueck dich, du laus<<

Die Sprachregelung ist aufschlußreich: "bekämpfen", "zur Raison bringen", "Laus". Ungeziefer "vertilgt" man. Das ist der letzte Härtegrad, falls a) "zur Raison bringen" und b) "bekämpfen" nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen. So oder so, der Andersdenkende muß weg.

Das ist die Logik der Gaskammern.

Cut!

Ich hab im gestrigen Eintrag das Wort „Typoskript“ hervorgehoben und beklagt, daß dieser Klang verflogen ist, weil Schreibmaschinen nicht mehr verwendet werden. Obwohl es vermutlich nach wie vor Menschen gibt, die an diesen Maschinen festhalten, sie einem Computer vorziehen.

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Im Film "Smoke" (1995) von Wayne Wang sitzt so ein Kerl, der Schriftsteller Paul Benjamin (William Hurt), rauchend an seinem Tischchen und haut auf die Tasten.

Dezember 2007

Kriechströme der Veränderung. Schleichend geschieht etwas.

[Hinfällige Notizen] [***]


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