9. Dezember 2008 Ich hätte
kaum überraschter sein können, als ich dieses kuriose Geschenk erhielt. Eine gut
gekühlte Dose mit einem Kilo Schafskäse. Also eine Portion, wie ich sie nie zuvor nach
Hause getragen habe. Das Präsent war mir von einem Kurden gereicht worden. Gestern ist
Bayram gewesen. Das Opferfest der Muslime.
Mehmet ist Alevit, hängt also islamischen Traditionen an.
Ich merke gelegentlich, wie er um seine Möglichkeiten kämpft, dabei auch mit sich selbst
ringt. Ein schwieriges Leben. Er kann dann fast beiläufig solche Sätze sagen: Aber
was wäre das für ein Leben, ohne Gott? Wir sind uns darin nicht ganz einig. Doch
es fiele mir keinesfalls ein, ihm zu widersprechen.
Ringen. Wie sehr ich die Kosovaren mit einander ringen sah.
[link] Mit
kleinen Spitzen und launigen Witzen. Einerseits Christen und Muslime in Spannung,
andrerseits aber auch die drei Albaner mit dem einen Türken.
Ethem Baymak, der Türke, hatte mir vor seiner Abreise
Grafiken vorgelegt, damit ich mir eine aussuche. Ich hatte erst nach dem Bild eines Hauses
gegriffen, wie es Dzevad Karahasan in einem seiner Bücher beschreibt. Dann nahm ich aber
jenes mit der Alten Brücke von bosnischen Mostar. Kroatische Einheiten hatten dieses
Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert im Jahre 1993 durch ausdauernden Beschuß zerstört.
Zurück zu den Kosovaren. Kürzlich fragte ich eine
Ordensfrau nach diesen Dingen (Siehe dazu den vorigen
Eintrag!), den laufenden Spannungen unter den Leuten, weil mich das verunsichert hatte
und ich die Gewißheit empfand, ich habe mich für dieses Begegnungen viel zu schlau
gefühlt. Die Nonne fragte mich kurz angebunden: Wo haben Sie die denn
getroffen? Hier. Ach, hier. Mehr war ihr die Sache nicht
einer weiteren Erwähnung wert gewesen.
Europa. Wie doch viele unter uns sich damit begnügen
würden, sich europäisch zu "fühlen", um ihr
Österreich in der Folge zu verriegeln. Welche Schäbigkeiten hatte ich auch heuer
wieder zu hören bekommen. Nicht bloß im Alltag, sondern aus der Innenpolitik. Von
prominent in den Medien aufgestellten Menschen.
Es wäre vermutlich nutzlos, diesen Schreihälsen ein
Brieflein zuzuschicken; mit nichts als der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte. Der Artikel 18 lautet:
>>Jeder hat das Recht auf Gedanken-,
Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion
oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine
Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch
Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen. [Quelle]
Wie leicht wir es hier haben, wenn jemand im Land geboren
ist, dem dominanten Kulturmodell angehört, sich um das Ringen anderer nicht zu scheren
braucht. Das ist die Arroganz, mit der zuletzt Herrenmenschen die Dinge in Europa zu
ordnen suchten. Die Konsequenzen waren verbrecherisch. Leider endet das nicht.
Die Muslime. Das Kosovo. Stichworte. Europa ist keineswegs
in Ordnung und ziert sich, die Dinge in Ordnung zu bringen. Ich schreibe hier nicht von
den Anderen, die sollen sich selbst um ihre Klarheiten kümmern. Ich meine
den Westen mit seinen Hypotheken der Unmenschlichkeit. Diese EU hat Arm in Arm
mit der Nato inzwischen mehrfach moralische Hoheit beerdigt und im Eigennutz
wesentliche Regeln verletzt, die anderen gepredigt worden waren.
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