6. Dezember 2008 Im vorigen Eintrag hatte ich eine Frage hinterlassen:
"Was zeigt uns die Malerei?" Das war natürlich sehr salopp formuliert und
präzise an einigen wichtigen Aspekten vorbeigezielt. Natürlich zeigen uns Gemälde stets
etwas, aber mehr noch bieten sie uns etwas an, das nicht als "Bildnis"
funktioniert.
Der Maler Hannes Schwarz und seine Frau Elfriede waren nach
Gleisdorf gekommen, um sich die Arbeiten der Künstler aus dem
Kosovo anzusehen. Das Ehepaar repräsentiert mehr als ein halbes Jahrhundert
ästhetischer Erfahrungen und Debatten über Kunst, gesammelt auf unzähligen Reisen zu
bedeutenden Werken; neben der eigenen künstlerischen Praxis.
Das bedeutet auch, hier ist eine maßgebliche kulturelle
Kompetenz präsent, weit jenseits dessen, was solchen Regionen gerne als "Provinzielles"
zugeschrieben wird. Durch Menschen wie diese beiden ist hier eben genau NICHT Provinz.
Nach diesem Rundgang in ein nahes Café, um offene Fragen
zu erörtern. Worüber wir zu sprechen hatten, war die Option des "außersprachlichen
Erkenntnisgewinnes", also einer Spielart menschlicher Sinnstiftung, bei der
künstlerische Praxis eine ganz erhebliche Rolle spielt. Das wird ja gerne von Leuten
übersehen, die darauf beharren, daß Kunst "schön" sein solle und
"erfreulich", meinethalben "erbaulich", Das sind aber sehr viel mehr
Kriterien der Innenraumgestaltung als eines zeitgemäßen Kunstgeschehens.
Kurz nach unserer kleinen Gemeinsamkeit begleitete ich noch
am selben Tag diese Ordensfrau durch die nämliche Ausstellung. Schwester Johanna hatte
zuvor zwei Etagen darüber von ihrer Arbeit im Kosovo erzählt. Diese Region war schon vor
dem Sezessionskrieg Jugoslawiens in dem Maße benachteiligt und schlecht versorgt, wie das
häufig in einem Nord-Südgefälle von Ländern zu finden ist. Da ist so oft ein
"armer Süden", den ein "fleißiger Norden" abzuschütteln versucht.
Doch dieser nun jüngste Staat Europas, weit entfernt von
jeder Eigenständigkeit, wurde durch Kriegsgrauen und unbeschreibliche Verbrechen zutiefst
zerrüttet, hat außerdem unter den Bomben der Nato seine spärliche Industrie
eingebüßt, ist also auf jenes karge Niveau einer angeschlagenen Agrargesellschaft
zurückgedrängt worden, das unsere Großeltern hier noch kannten, an das sich freilich
niemand erinnern möchte.
Es ist nicht nur bedrückend, von den Mühen zu hören, die
in diesem versehrten Süden das Leben ausmachen, es ist fast unerträglich, auch nur
Andeutungen der Grausamkeiten zu hören, die hier vor allem zwischen albanischen und
serbischen Menschen begangen wurden.
Die Flagge der "Republika e Kosovës" zeigt sechs
Sterne, denn es leben sechs Ethnien auf diesem Terrain. Nicht nur Jahrzehnte, Jahrhunderte
waren die Menschen in diesem Teil Europas stets unter Fremdherrschaft, die nie als
freundlich empfunden wurde. Und spätestens ab dem Berliner Kongress
von 1878 waren sie überdies Spielball der bedenkenlos verfolgten Interessen größerer
europäischer Nationen und Machtgruppen.
Unter diesem zutiefst verstörenden und komplexen
Kräftespiel (vor allem durch fremde Nationen betrieben) scheint man in dieser Region
immer noch zu leiden. Wir haben hier (im Norden/Westen) also keinerlei Anlaß, uns erhaben
zu fühlen. Diese Katastrophe geht auf unser aller Rechnung.
Es fehlt in unserem Land ein ausreichend stabiler und
breiter gesellschaftlicher Konsens über jene "Grundwerte", auf die sich unsere
Innenpolitik seit Jahren wieder so lautstark beruft. Die erneut zur Innenministerin
berufene Maria Fekter scheint eine Identifikationsfigur für jene barbarischen
Boulevardgrößen abzugeben, deren menschenverachtende Ansichten leider von diensttuenden
Journalisten im Zustande völliger Besinnnungslosigkeit promotet werden. So fand ich
gestern in der "Kronen Zeitung"
diese ungeheuerliche Feststellung:
>>Wer Menschenrechte nicht achtet,
hat selbst auch kein Recht darauf.<<
Man soll sich, im Sinne einer streitbaren Demokratie, doch
denken was man will und es mag an Stammtischen offen geredet werden. Aber solche Slogans
dürfen nicht publiziert, also verbreitet und vor allem LEGITIMIERT werden. Schon in der
Präambel der "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" heißt es
ausdrücklich:
>>Da die Anerkennung der angeborenen
Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft
der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,
...<< [Quelle]
Was meint denn "unveräußerliche Rechte"? Daß
man diese Rechte durch NICHTS verliert, auch nicht durch Untaten. Der besinnungslose
Redakteur hat demnach einen Appell publiziert, der den Artikel 30 der Erklärung
ignoriert, wonach die Menschenrechte den Menschen unter KEINEN Umständen aberkannt werden
dürfen:
>>Keine Bestimmung dieser Erklärung
darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person
irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen,
welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum
Ziel hat.<<
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