4. Dezember 2008
So klein kann eine Galerie sein. Der Name
"einraum" beschreibt die "Hardware". Gerade ein Raum steht zur
Verfügung. Eine breite Fensterfläche zur Straße hin. Die Gleisdorferin Barbara Lukas
gibt damit der Kunst einen fixen Bezugspunkt in der Innenstadt.
Es ist nur eine von mehreren Optionen, mit denen eine
örtliche Gesellschaft Anlässe und Gelegenheiten findet, in realer Begegnung einem
geistigen Klima anzuhängen, das seine historischen Vorläufer in einer
"Salonkultur" hat, die ja in die Gegenwart übersetzt sein will. Was das
praktisch bedeutet? Viele offene Fragen.
Ich hatte gestern im "einraum" einen kuriosen
Dialog durchlaufen. Ab dem Punkt, wo es hieß: "Aber wie soll denn ein Mann, der
1.200 Euro heimbringt, Frau und Kinder erhalten?" "Na, gar nicht."
"Eben. Da muß auch die Frau arbeiten gehen." "Das mußten Frauen eh immer
schon." "Na, bei einer Großfamilie nicht." "Großfamilien hat's hier
nicht gegeben." "Freilich. Wo die Großmutter auf die Kinder geschaut hat."
"Also, in der agrarischen Welt war das bei uns sicher nicht so. Und bei der Industrie
auch nicht. Alle Frauen haben immer hart arbeiten müssen. Die Kinder liefen doch nur
nebenher."
Wir haben in der Sache keinen Konsens gefunden. Und ich
staune, wie haltbar die Legenden über das "Familienleben" sind. Man muß ja
nicht unbedingt Bücher zur Sozialgeschichte gelesen haben. Man könnte auch alte Leute
befragen. Nicht den kleinen Kreis eines einst ökonomisch erfolgreichen Bürgertums. Den
großen Kreis aus der agrarischen und industriellen Welt.
Ich weiß, wenn man auf äußerst haltbare Legenden
stößt, die sich als gesellschaftliche Realität ausgeben, eventuell als
"historische Faktenlage", hat man es meist mit Ideologie zu tun, die gewöhnlich
zum Vorteil irgendwelcher Eliten lanciert wurde.
Cut!
Anthony Minghella hat 1996 eine Verfilmun von Michael
Ondaatjes Roman "Der
englische Patient" vorgelegt. An einer Stelle wird die Krankenschwester Hana
(Juliette Binoche) vom Entminungsspezialisten Kip (Naveen Andrews) auf besondere Art
überrascht.
Er hat einen Seilzug gebaut, damit sie sich die hoch
liegenden Wandmalereien in einer Kirche aus der Nähe anschauen kann. Dabei hält sie eine
Fackel in der Hand. Eine kuriose Parallele zu einer Sequenz im Film "Die Liebenden von Pont-Neuf"
von Leos Carax aus dem Jahr 1991. (Siehe dazu den Eintrag vom 7.11.2008!) Juliette Binoche -- als erblindende Malerin --
betrachtet nachts mit einer Lampe in der Hand aus nächster Nähe ein riesiges Gemälde in
einem Museum.
Was zeigt uns die Malerei?
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