9. Oktober 2008 Am kommenden Samstag und Sonntag eröffnen wir in Gleisdorf "next code: exit"
Ich bin demnach mit Vorbereitungsarbeiten
reichlich beschäftigt, aber innerlich noch gar nicht richtig von Bukarest zurück
gekommen. Denn das sind ja magische Orte. Wo Vergangenes und Gegenwärtiges sich so massiv
in einander verschränkt zeigen. Dann ist da aber
auch noch der Tod von Johannes M. Musolf, der an mir rüttelt. (Siehe dazu den gestrigen Eintrag!) Als ich im Vorjahr einmal
vorgeschlagen hatte, ihm für ein Projekt den Weg nach Österreich zu Bahnen, lehnte er
ab, weil er sich dieser Reise nicht gewachsen fühlte. |
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Unsere Korrespondenzen und das
Verschicken von Päckchen riß die Welt seiner wenigen verfügbaren Schritte zu einem
virtuellen Universum auf, das längst auch mit Künstlern aus anderen Teilen der Welt
bevölkert war.
Johannes ist übrigens ein Meister der feinen
Päckchen gewesen. Die "Sieben Blätter", von denen am Wochenende noch einige
gezeigt werden, sind Mitte 2006 erstmals vom Fotografen Gerhard Gross im Grazer
"forum stadtpark" ausgepackt worden. [link] Wir hatten uns
dort gerade über ein Projekt in Linz verständigt. [link]
Cut!
Weiter zu Bukarest. Mirjana Selakov und ich waren also ohne
Gepäck am Flughafen gestrandet, während Sigrid Meister ihren roten Koffer recht schnell
hatte vom Fließband holen können. (Siehe Eintrag
vom 7. Oktober!) In der Klischeefalle stand auf dem Schildchen: "Geklaut!"
Eh klar! Rumänien. Blödsinn! Anderntags standen unsere Koffer in der "Sala
Dalles". Ich hatte meinen sowieso unversperrt gelassen, um allfällige
Begehrlichkeiten nicht in Beschädigungen zu transformieren. Nichts fehlte. Auch der
vorzüglich, folglich teure Wein für Romelo Pervolovici war da, wo ich ihn hingetan
hatte.
Romelo hatte eine Studentin der Kunstgeschichte
losgeschickt, um uns abholen zu lassen. In der halle des Flughafens fand noch ein
Landsmann von Selakov zu uns, der in Madrid lebende Serbe Ivan Grubanov [link]. Er
spricht Englisch wie ein britischer Diplomat und versteht Deutsch, "wenn du langsam
redest". Unser Taxifahrer sprach auch Deutsch, dazu klang Serbisch und Rumänisch an,
das war also ein nettes Durcheinander in meiner ersten Bukarester Nacht.
Die Studentin schlug vor, wir könnten unser Gepäck erst
einmal ins Quartier bringen, sie würde uns dann noch einige nette Cafés zeigen. Selakov
sagte betont: "Wir HABEN kein Gepäck." Die Studentin fiel in Verlegenheit und
wir vor Lachen fast von den Sitzen.
Die Stimmung im Stadtzentrum hatte allerhand Details, die
mich an Beograd erinnerten. Es ist außerdem alles nicht so aufgeräumt und wohl geordnet,
wie bei uns. Welche Wohltat zu sehen, daß Leben nun einmal auch SO funktioniert, was
bloß etwas mehr Wachheit von den Menschen verlangt.
[breathe slow in the fast
beat of bucharest]
Cut!
Aus welchem Blatt habe ich denn diesen
Schnipsel nun? Mutmaßlich aus der in "Kleine Zeitung". Während also in Amerika mit Sarah Palin eine
Politikerin "leicht rechts von Dschingis Khan" auf das Weiße Haus zumarschiert
(Siehe dazu den gestrigen Eintrag!), wünscht
sich bei uns die Menschenverachtung im Parlament einzurichten. Das geschieht in Tagen, wo Kärntens Landeshauptmann Asylwerber, die er gerne
loswerden möchte, auf eine entlegene Alm verfrachten und da bewachen läßt. (Kärnten
grüßt Guantanamo!)
Wer den Mann gewählt hat, wahlweise seinen Klon Hace
Strache, will genau solche Schäbigkeiten an jenen verübt sehen, die es schon geraume
Zeit trifft. Das Dumme an solchen Dummheiten ist unter anderem, daß die
Menschenverachtung nicht wählerisch ist. |
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Wenn man ihr in einer
Gesellschaft Raum zur Entfaltung bietet, werden alle ihre Grenzen durchlässig. In
absehbarer Zeit kann es ganz beliebige Menschen treffen. Und das wird auch geschehen. Wir
haben alle diese Dinge im 20. Jahrhundert schon durchgespielt. Mehrfach. Es wird keine
Geheimnisse und keine Überraschungen geben.
[Gesamtansicht]
Wenn der vaterländische Jörg Haider
straffällig gewordene Asylanten so anprangert, belegt er damit jene Öffentlichkeit,
jenen Raum in öffentlichen Debatten, die er ja auch nützen könnte, um seinesgleichen in
die Pflicht zu nehmen. Wohlhabende Menschen. Oder bin ich es, dem daran liegt, Kundschaft
der Filiale einer honorigen österreichischen Bank in einem "Steuerparadies" zu
sein?
Das Haus "Bank Austria Cayman Islands Ltd."
weist schon in seiner Webadresse darauf hin, daß man dort übliche Regulierungen zu
umgehen versteht: "BA offshore". Das bedeutet im Klartext: Hier, offshore, also
"außerhalb nationaler Hoheitsgebiete", kann "steuerschonend"
verfahren werden.
Wissend, daß genau über solche Plätze ganze
Volkswirtschaften in die Knie gezwungen werden, begreift man den unglaublichen Zynismus
jener seriösen Geschäftsleute, wenn sie auf der Startseite mitteilen: "... Cayman's
success, owning to the Cayman Islands reputation in the global community for its sensible
regulation, professionalism, confidentiality ..." [Der Text]
So liest sich das zynische Glaubensbekenntnis
der "Heuschrecken", über die ein Jörg Haider nicht reden will. Statt dessen
beugt er lieber österreichisches Recht und mißbraucht Flüchtlinge für seinen
medienwirksamen Aktionismus.
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