15. September 2008
Wir
waren nahen Feldbach und ich sah am Straßenrand einen raren Hintern. Auch ein Stück
Kulturgeschichte, das ich den Burschen zeigen konnte, nachdem ich den Lieferwagen, mit dem
ich uns über Land brachte, energisch eingebremst und zwischen anderen zum Verkauf
stehende Fahrzeuge geparkt hatte.
Der
NSU Ro80 kam 1967 auf den Markt und war zwar nicht das erste, aber das erste weiter
verbreitete Serienauto mit einem Wankelmotor. (Ro = Rotationskolben.) Vor allem ist aber
das Design für seine Zeit unglaublich, was erst auffällt, wenn man den NSU neben anderen
Autos seiner Zeit sieht. Laufende Debatten ziehen manchmal mehr, manchmal weniger klare
Grenzen zwischen Design und Kunst.
Anderntags
ging es um einen Teil solcher Debatten. Naim Spahiu, Anton Krasniqi und Shpend Queriqi
hier beim Durchsehen von Katalogen der Sammlung Wolf. Wir hatten den Weißburgunder bei
der Vernissage von Michael Geyer [link] hinter uns gelassen und waren in der Rotweinzone gelandet.
Ich
hab im Eintrag von vorgestern erzählt, daß
unter den Burschen stets kleine Hänseleien laufen, die eine Demarkationslinie zwischen
Christen und Moslems haben. Die Burschen konnten sich auch scheckig lachen, wenn der
vielfach sprachkundige Et'hem mich fragte: "Kako si?" ("Wie geht es
dir?") und ich mit "Dobro, dobro!!" antwortete. Oder wenn er sich bei mir
mit "Hvala lepa puno!" bedankte ("Danke sehr vielmals!") Denn freilich
haben sie offenbar ein etwas nervöses Verhältnis zu allem Serbischen. Das hatte ich auch
umgekehrt schon festgestellt, wo die albanische Schreibweise "Kosova" statt dem
serbischen "Kosovo" merkliche Reaktionen hervorrufen kann.
Die
Strecke, an der ich den NSU entdeckt hatte, führt über Feldbach nach Schloß Hainfeld. Ich hatte die
Kosovaren schon ein Weilchen hinter mir singen gehört. Das Albanische ist offenbar keiner
anderen europäischen Sprache ähnlich. Ich habe mir nach all den gemeinsam verbrachten
Tagen nur zwei Worte merken können. "Faleminderit" heißt "Danke" und
"Lulet" sind die Blumen.
Als
wir auf das Schloß zurollten, erkannte ich ich eine Liedzeile, in der "hapi
syte" vorkommt. Das Lied über eine Frau, die ihr Land bittet, ihren Mann zurück zu
geben. Das Land sagt ihr, es seien so viele Männer in ihm, es wisse nicht, welchen es
zurückgeben solle. Oder doch ein anderes?
Anton,
Et'hem und Naim hatten sich mitten in der Fotoausstellung von Christine de Grancy von mir
bewegen lassen, dieses Lied noch einmal zu singen. Das wird bei einem der nächsten
Updates dann auf der Website
zu finden sein, die ich für diese Tage eingerichtet habe:
Cut!
Es ist scheinbar ziemlich schlagartig um den
Kaukasus-Konflikt sehr viel ruhiger geworden. Ich nehme an, jetzt wird an den Deals
gearbeitet. Politik bedeutet eben stets auch das: Deals. Dazu war kürzlich im "profil"
ein bemerkenswerter Beitrag zu lesen. Kriegerische Handlungen sind nie bloß
Kampfhandlungern, sie sind auch Gegenstand aufwendiger Deutungsgeschäfte. Die werden von
Branchenprofis vorgenommen. |
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Dietmar Ecker meint, der
Meinungsbildungsprozeß sei bei derlei Ereignissen innerhalb eines Monats abgeschlossen.
(Der vollständige Text.) Das macht retrosepktiv
einmal mehr deutlich, warum etwa die USA den "Embedded Journalism" eingeführt
hat, wobei das Militär sich die Journalisten eng zur Brust nimmt.
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