31. Juli 2008

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Ost-West-Passage I
(Erzählungen und Live-Musik)

Martin Krusche in der Begegnung
mit dem amerikanischen Singer-Songwriter
Chuck LeMonds

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Geht man lange genug in den Westen, ist man erst wieder im Osten angelangt. Ein Denkanstoß, um unsere Betrachtungsgewohnheiten zu überprüfen. Zuordnungen. Zuschreibungen.

Amerika ist in sich natürlich auch vielfach gebrochen. Keine Situation wie in Europa, aber ebenso eine der harten Kontraste. Ich werde mit Chuck einigen dieser Muster nachgehen. Zum Auftakt in einer dialogischen Situation. Dann ist er natürlich als Musiker am Zug, der dabei seine ganz eigene Art des Erzählens entwickelt hat.

Rund eine Woche danach wird unsere Ausstellung "augenhöhe: blicke worte" mit einem Figuren- und Schattentheater abgerundet. Elfi Scharf und Richard Ludersdorfer widmen sich der "Wehrhaft Nachtigall", dem reimeschmiedenden Priester Ottokar Kernstock.

Das ist eine Geschichte der westlichen Selbstüberhöhung, der Menschenverachtung und der "Slawenfresserei".

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Die Denkkonventionen und die Verhältnisse zwischen Amerika und Europa, zwischen Österreich und dem "Balkan", all das geht mit vertrauten und gut eingeführten Stereotypen in einander. Wir sind ja aktuell wieder gefordert, unsere diesbezüglichen Positionen zu überprüfen.

Die Verhaftung von Radovan Karadzic verleitet dazu, ihn als "Monster" herauszustellen. Er gilt als Mastermind bezüglich des Völkermordes an den bosnischen Muslimen, als einer der Hauptverantwortlichen für schwere Kriegsverbrechen im jugoslawischen Sezessionskrieg.

Die "Kleine Zeitung" titelte "Gerechtigkeit für Srebrenica". (Siehe Eintrag vom 24. Juli 2008!) Eine interessante Forderung. Die mich natürlich zu Peter Handke bringt. In einem seiner so stark angefochtenen Bücher, auf Seite 82 von "Sommerlicher Nachtrag ..." (1996), schrieb er:

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Das ist mit Sicherheit eine der Passagen, wie sie als Anlaß genommen wurden, ihm die Verharmlosung serbsicher Kriegsverbrechen zu unterstellen. Daß er in diesem Absatz das "mutmaßliche Rachemassaker" recht unmißverständlich als "so oder unverzeihliche Rache" bezeichnet, mag man übersehen. Aber was meint er mit den "serbischen Dörfern um S.", von denen die Welt nichts wissen wollte?

Er meint jene Dörfer, in denen längst VOR dem Massaker von Srebrenica die Division von Nacer Oric serbische Bewohner gequält und massakriert hat. Handke läßt keinen Zweifel an seiner Ansicht, daß die serbischen Kriegsverbrechen "unverzeihlich" sind, aber er kritisiert zugleich eine "Weltpresse", die den Kontext des Geschehens in den Darstellungen weitgehend unterschlägt.

Der Wiener Politikwissenschafter Walter Manoschek hat diesen Teil der  Geschichte gestern in "Der Standard" dargelegt.

Nacer Oric ist eben erst von den Anklagen gegen ihn freigesprochen und rehabilitiert worden. Manoschek notierte:

>>Im Frühjahr 1993 übergab die jugoslawische Staatskommission für Kriegsverbrechen dem UN-Sicherheitsrat ein Memorandum. Es beinhaltete eine Liste von etwa 1300 Serben, die von Orics Truppen von April 1992 bis April 1993 getötet und von 192 Dörfern, die niedergebrannt worden waren. Der UN-Sicherheitsrat akzeptierte das Memorandum als offizielles Dokument.<<

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Das Memorandum von 1993, Handkes Buch von 1996 ... wir haben 2008, ich bin ja neugierig, was es in unseren Breiten konkret in der Darstellung der Ereignisse bedeutet, wenn hiesige Presseleute "Gerechtigkeit für Srebrenica" avisieren. (Der vollständige Artikel von Manoschek ist HIER im Web zu finden.)

Diese Themen zu behandeln bringt mir, wie üblich, ganz flott Leserpost aus vertrauten Ecken ein. Artigkeiten wie:
>>Ach gott, ihr bloedmaenner Ihr seid so dumm wie demagogisch Du als herausgeber bist ohnehin Ein versager<<

Ich habe ja keinen Zweifel, daß man an Handkes Handlungsweisen in all den Jahren so manches kritisieren muß. Das hat seine beschreibbaren Verläufe und Kausalitäten. Aber es hat auf jeden Fall anders BEGONNEN. Lothar Struck schrieb mir einige Eindrücke davon, was am Anfang dieser Kontroversen stand. (Wo genau stehen diese Kontroversen heute?)

>>Ich habe Handke im Februar '96 in Frankfurt bei der Lesung von "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina" erlebt. Die Stimmung war im Vorfeld aufgeheizt; es gab am Eingang Taschenkontrollen. Er war sehr ruhig, auch als der Mann der Menschenrechtsorganisation "Gesellschaft für bedrohte Völker" wütend wurde und ihm Sachen unterstellte, die unlogisch und verleumderisch waren. Als aus dem (gespaltenen) Publikum Schmährufe kamen, bat Handke um Mässigung und wollte, dass der Mann ausreden durfte. Irgendwann ging Handke einfach und liess die Diskutanten alleine.<<

[Zu Peter Handke]


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