24. Juli 2008
Plauderstündchen mit dem amerikanischen Singer-Songwriter Chuck LeMonds, zugleich
Lokalaugenschein im neuen Gleisdorfer "Weltladen". Unsere Session
am 1. August wird zum Auftakt genau davon handeln, einem Plauderstündchen.
Die bei uns verfügbaren
"Ost-West-Ressentiments", eigentlich vom Westen nach Osten gerichtet,.auch von
Norden nach Süden, aber ebenso in die Gegenrichtungen verfügbar -- was für ein
Durcheinander! --, trüben die Blicke auf ganz andere Realitäten. (Realitätensalat.
Richtig! Ich halte Ressentiments für Quasi-Realitäten von keineswegs schwächerer Kraft
als das, was allgemein als "Konsensrealität" durchgeht.) |
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Das Amerika von LeMonds ist
freilich nicht das Amerika der Bush-Administration. Wer von uns kennt davon andere Seiten?
Ich habe Chuck eingeladen, für unsere Veranstaltungsreihe einen Beitrag zu bringen, weil
ich deutlich und greifbar machen möchte, daß der Mangel an Dialogsituationen nicht bloß
dem "Orient" gegenüber besteht. Selbstdefinition durch Feindmarkierung ist ein
internationales Phänomen.
Die Darstellung der Welt in Stereotypen ist es
ebenso. Ein gutes Mittel gegen solche Weisen der "Weltbeschreibung", gestützt
auf Ressentiments und Stereotypen, ist die reale Begegnung mit Menschen von da wie dot,
ist der persönliche Augenschein.
Cut!
Apropos Amerika. Barack Obama wird inzwischen mit einer
wachsenden Auswahl an Witzen gewürdigt und an etlichen Stellen als "Obambi"
gefeatured. (Was vermutlich mit "treuherzig und harmlos" assoziiert werden darf.)
Autor Michael Roloff
schickte mir eine kleine Auswahl. Mein Favorit:
>>Barack Obama and a kangaroo pull up to a gas
station. The gas station attendant takes one look at the kangaroo and says, "You
know, we dont get many kangaroos here." Barack Obama replies, "At these
prices, Im not surprised. Thats why we need to reduce our dependence on
foreign oil."<<
Cut!
Es wird den Menschen auf dem Balkan oft eine besondere
Blutrünstigkeit zugeschrieben. Ein Motiv aus dem Stereotypen-Kistchen, empirisch nicht
belegbar. "Normalität" birgt den besonderen Schrecken.
Harald Welzer hat in seinem Buch "Täter" den Autor Primo Levi
zitiert: "Es gibt die Ungeheuer, aber sie sind zu wenig, als dass sie wirklich
gefährlich werden könnten. Wer gefährlich ist, das sind die normalen Menschen." Es
ist also interessant, unter welchen Rahmenbedingungen die "Nomalität" Pause
macht.
Die Greuel von Srebrenica stehen außer
Diskussion, die Opfer der Massaker wurden gefunden, über die Täter gibt es viel Klarheit und
einiges Videomaterial. Als ein Hauptverantwortlicher
für diese und ähnliche Kriegsverbrechen, wie auch für die Belagerung von Sarajevo, gilt
Radovan Karadzic.
"Der Doktor" war untergetaucht, ist aber nun
aufgestöbert worden. Er wird sich einem Verfahren stellen müssen.
Ich habe mir erzählen lassen, in Serbien gehe die Rede,
die Regierung habe inzwischen gebilligt, daß ausländische Geheimdienstleute sich im
Lande der Sache annehmen würden. Mit der lakonischen Begründung: "Die sind sowieso
da und aktiv." |
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Ich weiß nicht, ob das
stichhaltig ist, oder ob es Ausdruck jenes etwas grimmigen Humors, den ich dort schon
einige Male kennengelernt habe. Es heißt, dazu haben sich bosnische Geheimdienstleute
gefunden, die bereit waren, ihr Leben bei dieser Suche nach Karadzic hinzugeben.
Die Headline der gestrigen "Kleinen Zeitung" erscheint
mir bemerkenswert. Ich halte sie für eine ironisch Anspielung auf ein Buch von Peter
Handke und auf seine medienkritische Haltung während und nach dem jugoslawischen
Sezessionskrieg:
"Eine winterliche Reise zu den Flüssen
Donau, Save, Morawa und Drina
oder Gerechtigkeit für Serbien" (1996)
Ich bin neugierig, ob sich wird feststellen
lassen, in welchem Maß es der westlichen Presse tatsächlich um "Gerechtigkeit"
geht. Alos ein umfassendes Betrachten der Ursachen für diesen Sezessionskrieg. Denn
unterm Strich tauchen vermutlich nicht nur interne Ursachen für diese "Zerstörung
Jugoslawiens" auf. Da werden wohl auch externe Interessenslagen zur Diskussion stehen
müssen.
Unabhängig von der Evidenz bezüglich der
Sachverhalte, der Täter und Opfer von Srebrenica, wird man in Serbien sicher erwarten,
daß im Zuge der Debatten über diesen Krieg und diese Ereignisse auch davon gesprochen
wird, was noch alles in dieser Region geschehen ist.
Die Gewalttaten hatten auch mit Serien von
Morden an serbischen Leuten eine starken Akzent. Es erschiene verfänglich, diese
Vorfälle als "Auftakt" zu bezeichnen, weil so ein kausaler Zusammenhang
angedeutet wäre, den zu behaupten bei Kriegsverbrechen unangemessen ist. Ein
"Relativieren" von Verbrechen wäre zynisch. (Wir haben in Österreich damit
nach dem Zweiten Weltkrieg reichlich Erfahrung gesammelt.)
Wie sich zeigt, stehen mutmaßliche Täter zur
Debatte und schließlich auch vor Gericht. Das ist der geforderte Standard zeitgemäßer
Demokratien. Serbien ist davon keienswegs ausgenommen, serbische Täter sind vor keiner
Verfolgung sicher.
Ich habe gehört: "Mit Radko Mladic wird
das schwieriger. Der war kein Zivilist, sondern Militär." Was bedeutet, da sind noch
ganz andere Netzwerke akltiv ...
[Zu
Peter Handke]
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