13. Juli 2008

Das hat ja nicht lange gedauert. Maria Fekter zeigt recht flott, wo es bei ihr hingeht. (Siehe dazu auch den Eintrag vom 29. Juni 2008!) Konnte sie uns, da sie eben erst das Innenministerium übernommen hat, in Aussicht stellen, daß sie gleich einmal dort ansetzt, wo Erwachsene enormen Schaden anrichten, wo wohlhabende Leute die Republik ausplündern, wo Companies miese Arbeitsbedingungen vorgeben und Löhne drücken, wo diese Companies den Profit privatisieren und dafür die Folgekosten der Republik aufbürden, weil ausgebrannte Leute an der Grenze zur Verarmung den Staat viel Geld kosten?

Hat sich die Frau Minister, deren Spitznamen „Schottermitzi“ aus der sehr geldintensiven Baubranche kommt, gleich einmal um jene Bereiche gekümmert, wo im großen Bogen der Öffentlichkeit jene Mittel entzogen werden, die im Sozialen, im Bildungswesen etc. so dringend gebraucht würden?

Nein! Die erste große Meldung, die ich über die Frau Minister erfahre (Quelle: "Der Standard"), setzt bei den Kindern an.

Noch sind die betreffenden Zahlen und vor allem deren Deutung umstritten, aufgrund derer Fekter solche Schlüsse zieht. Aber sie will Kinder vor Gericht bringen.

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Auch wenn es unter Kindern Täterschaft gibt, galt bisher: Sie sind unsere Schutzbefohlenen, also tragen WIR die Verantwortung.

Aber damit haben wir in Österreich schon lange große Probleme: Täterschaft, Schuld und Verantwortung als Kategorien zu verstehen, die im jeweiligen Zusammenhang unterschiedlich zu begreifen sind. Doch das wichtigste in dieser Geschichte bleibt: Auch wenn Kinder als Täter in Erscheinung treten, bleiben sie unsere Schutzbefohlenen, für die wir Verantwortung tragen.

Es weist in das 17. Jahrhundert zurück, Kinder als strafmündig zu erklären. Denn sehr viel älter ist die Vorstellung vom Kind als eigene menschliche Dimension in unserer Kultur nicht. Davor waren das einfach kleine Menschen, denen man leider noch nicht abverlangen konnte, was man großen Menschen abverlangen kann. Wie kurios, daß nun ausgerechnet eine christlichsoziale Ministerin als Law and Order-Fresse vor den Vorhang tritt und an diesem (historisch recht jungen) kulturellen Gut rüttelt.

Aber es paßt in die Zeit und es paßt zu meiner Generation, die einen bemerkenswert starken Anteil an weinerlichen Leuten hat, welche nach dem 50. Geburtstag noch immer vor allem mit sich selbst befaßt sind, mit ihren ungelösten Dilemmata und offenen Fragen. Dabei sehe ich dann, daß neben uns Kinder aus dem Gleis fahren, die mitunter ihre Orientierung verlieren, aber für ihre Pubertät in Therapie empfohlen werden.

So als wäre Pubertät eine Krankheit.

Dabei ist sie ein Lebensabschnitt, zu dem eine tiefe Krisis unausweichlich und auch sehr notwendig gehört. Daran ist nichts falsch. Nun könnte wir unsere Schutzbefohlenen würdigen, indem wir sie durch diesen Abschnitt halbwegs ausgeruht und achtsam begleiten: Mit ausreichenden Reserven versehen, um die Irritationen, die störrischen Momente und die kleinen oder auch einmal größeren „Flurschäden“ dieser Krisis Jugendlicher einigermaßen entspannt abzufangen.

Dazu kommt es aber vielfach nicht, weil Leute meiner Generation offenbar von den eigenen Pubertätskrisen her über Jahre beschäftigt waren, allerhand Lebensirrtümer zu begehen, um nun, wenigstens im fünften Lebensjahrzehnt, die verfügbaren Kräfte zu verzehren, damit noch irgendwie eine Kurskorrektur möglich wird oder sich in den angehäuften Schwierigkeiten ein völliges Ausbrennen abwenden läßt.

Ich weiß von Menschen, die einst liebenswürdige Leute waren, lebensfroh und zuversichtlich, an denen dominiert heute eine Mischung von Reizbarkeit und Gehässigkeit. Man braucht sich nur berichten lassen, welchen enormen volkswirtschaftlichen Schaden Mobbing quer durchs Land anrichtet und was ansteigende Burnout-Probleme dabei an Zuwaage ergeben.

Da hat sie also die Kurve recht rüde genommen, die Frau Innenminister. Feine Headlines so kurz nach ihrem Amtsantritt. (Ob man ihr für den nächstbesten Urlaub ein Buch von Charles Dickens ins Reisegepäck stecken sollte?)


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28•08