29. Juni 2008
Das bedeutet, Österreich bleibt in
wesentlichen Bereichen auf einem rechts-konservativen Kurs. Denn Maria Fekter (vom
ÖVP-Langzeitpersonal) ist nun zur Innenministerin geworden (Quelle: "Der Standard"), nachdem sie sich
als Volksanwältin die Wartezeit vertreiben durfte. Das ist eine Dame, die, so muß man
aus unzähligen Äußerungen schließen, auf "ewige Werte" setzt, also auf einen
guten Teil eines Wertekataloges, der stammt nicht einmal aus dem vorigen, sondern aus dem
vorvorigen Jahrhundert.
Dazu der Kontrast einer aktuellen "APA"-Meldung:
>>Bei dem Krisengipfel versuchen die
Spitzen von SPÖ und ÖVP, Bewegung in die zuletzt wieder einmal festgefahrenen Fronten zu
bringen. Vor allem angesichts des radikalen EU-Schwenks der SPÖ, die sich nun für eine
Volksabstimmung bei künftigen EU-Referenden ausspricht, hat sich das Klima zwischen den
Regierungsparteien deutlich verschlechtert.<<
Die Klimaverschlechterung zwischen den
Regierungsparteien. Wann haben wir zum letzten Mal etwas anders als das gelesen? Obwohl
Sozialdemokraten und Christlichsoziale einander in vielen Bereichen so ähnlich geworden
sind, daß einem Unterscheidungen sehr schwer fallen, ist der "Koalitionsstreit"
längst Alltag und der rote Kanzler Gusenbauer überzeugt lange nicht mehr, daß die
Regierungsgeschäfte sein Hauptgeschäft seien.
Das Hauptgeschäft der Politiker besteht
augenscheinlich in großen Abschnitten darin, sich selbst zu managen. Das ist zwar ein
wenig pauschal zugeschrieben, aber mindestens an vielen prominenten Akteurinnen und
Akteuren feststellbar. Die "Res publica" auf dem Weg zur Privatsache?
Dazu paßt vortrefflich, daß sich auf dem
Boulevard viele Profis für die "besseren Politiker" halten. Wie etwa in der
"Kronen Zeitung" via
Redaktionsarbeit und Leserbriefauswahl der Nationalismus hochgehalten und die Abschottung
des Landes propagiert wird, wie man möglichst alle Vorteile sich selbst und alle
Nachteile der EU zuschreibt, habe ich hier schon öfter dokumentiert. Dabei wird
regelmäßig unterschlagen, daß Österreich einer der Welt größter Profiteure der
sogenannten "Osterweiterung" ist.
Zahlreiche österreichische Unternehmen
stünden ohne die vorzüglichen Geschäfte, die sie SEIT JAHREN in Südosteuropa machen,
merklich schlechter da!
Was auf dem Boulevard für Drecksgeschäfte
betrieben werden, kann man auch an diesen umgekupferten Agenturmeldungen ablesen, wie die
oben gezeigte aus dem genannten Blatt. Sprachregelungen als "Positionsleuchten".
Wie dumm oder wenigstens borniert muß man
denn sein, um Huren "freizügige Damen" zu nennen und gekauften Sex einen
"Liebesdienst"? Schließlich ist hier von einem der härtesten Jobs der Welt die
Rede, dessen Marktwert darin begründet ist, daß unzählige Männer der Begegnung mit
Frauen das Kaufen von "Weiberfleisch" vorziehen.
Sprachregelungen sind
"Positionsleuchten". Sie markieren Standpunkte. All das paßt hier auch
irgendwie zusammen. In der Welt rechts-rückwärts orientierter Politik muß der Lauf der
Dinge bemäntelt und geschönt werden. Da werden Akte der Menschenverachtung zu
Schutzmaßnahmen für die "Heimat" umgedeutet. Da wird das Sexgeschäft zum
"Liebesdienst" umgedeutet. Da erzählen uns Opinion Leaders die Welt in Zitaten
aus Groschenromanen.
Warum eigentlich? Na, wenn einem die Welt das
zu sein scheint, was sie in den Telenovelas des Nachmittags- und Abend-TV ist, fallen
viele lästige Debatten flach.
Ein lustiges Beispiel aus dem nächsten
Supermarkt. Was heißt denn da: Zu MEINER Sicherheit? Die umfassende Videoerfassung des
städtischen Lebens erhöht MEINE Sicherheit? Vaflucht! Wie hab ich bloß die rund 50
Jahre VOR diesem Boom heil überstanden?
Bei einem Plenar-Treffen von "kunst O.ST" hatte ich
auch das Problem, jemandes Sprachregelungen für problematisch zu halten. Verbunden mit
der stets wiederkehrenden Erfahrung, daß Kritik zur Sache und Kritik zur Person gerne
vermischt werden, weshalb in solchen Kontroversen gleich einmal darüber geredet werden
muß, warum sich eine Person so angefeindet fühlen dürfe, wo doch bloß eine Ansicht
angegriffen wurde.
Weshalb ich aktuelle Notizen dazu [link] mit der --
zugegeben: polemischen -- Frage abgeschlossen hab: "Mehr Styling oder mehr
Inhalt?" Das knüpft an die Themenstellung, die ich mit Max Aufischer eben erst
formuliert habe: "Der Künstler als Sofa?" (Siehe den Eintrag von vorgestern und "Ich möchte ein wenig
polemisieren." im next code-log!)
Bei all der Ernsthaftigkeit geht mir freilich
der Blick für das Banale keineswegs verloren. Wie für jenen mit Strohhut beschirmten
Oststeirer, der im Alltag des blühenden Sommers einen Ford Model A in der
Roadster-Version spazieren fährt. Was körperlich unter Garantie ein harter Job ist. Denn
dieses etwa 80 Jahre alte Automobile ist eine Menge Stahl auf einem starren Leiterrahmen
aus Zeiten, wo all das noch mit bloßer Muskelkraft zu bewegen war.
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