16. Mai 2008 Heute
in Gleisdorf:
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SPACE: ERSTE SESSION (ARCHITEKTURTAGE)
Das SPLITTERWERK trifft auf Martin Krusche
Freitag, 16. Mai 2008, 20:00 Uhr
[link]
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Die Architektur als Königin der Künste?
Diese Vorstellung ist historisch. Beim Label "SPLITTERWERK" stellt man zwar nicht diesen Aspekt als vorrangig
heraus, aber folgenden: Wenn es keine Kunst ist, dann ist es auch keine Architektur,
sondern Baudienstleistung. Daraus wird umgekehrt gefolgert: Es gibt in Österreich zur
Zeit praktisch so gut wie keine Architektur.
Darüber werden wir heute Abend zu reden
haben!
Cut!
In unseren Verläufen hat das Festival "steirischer
herbst" schon vor einer Weile begonnen. Im Juni wird es übrigens eine nächste
Session mit "Skart" und der "Grupa kao takva" geben. (Wer unter Ihnen
am Singen Freude hat, sollte da mitmachen. [link])
Vorgestern hat der Historiker Karl Kaser durch seinem Vortrag
eine Orientierungshilfe geboten, was mit "Balkan heute" gemeint sein mag. Die
Darstellung der in Ost und West unterschiedlichen Entwicklungen vor allem in dem, was
Kaser "staatsbürgerliche Emotionen" nennt, zeigt sich dabei als sehr
aufschlußreich.
Es ist bei uns vielen Menschen nicht gegenwärtig, daß die
Osmanen ihren letzten "Balkankrieg" 1913 verloren haben, also knapp vor dem Ersten
Weltkrieg; daß demnach die Völker im größten Teil von Ex-Jugoslawien sich bis dahin (während
der rund 500 Jahre osmanischer Herrschaft) in ihren Grundzügen etwas anders entwickelt
hatten als jene nördlich der vormaligen "Militärgrenze".
Da sind erhebliche Kontraste in der Mentalitätsgeschichte
und in der Ausbildung gesellschaftlicher Institutionen. Diese Prozesse haben in der
"Industriemoderne" ein Gefälle erzeugt, das man nicht für
"naturgegeben" halten sollte.
Kaser drückte es so aus: "Es gibt genug
Institutionen, aber keine tiefe Institutionalisierung." Das hat freilich auch
politische Konsequenzen, die aber nicht mit den gängigen Balkan-Klischees erklärt sind.
Es gilt die Differenz zu betrachten.
Kaser hat davor freilich in Erinnerung gerufen, in welchem
enormen Ausmaß Europa aus dieser Region und weiter südöstlich liegenden Zonen Europa
all das bezogen hat, was heute als Grundlage europäischer Kultur verstanden wird.
Reichlich Anlaß für Debatten im Anschluß an
den Vortrag. Oben: Kurator Reinhard Braun ("steirischer herbst") mit Serbiens
Generalkonsulin Sonja Asanovic-Todorovic.
[Der
"Balkan-Reflex"]
Cut!
Kontrollverlust. Scheitern. Einstehen und Aufstehen. Neu
ansetzen und aus gehabter Erfahrung Schlüsse ziehen. Weltkundige Menschen erzählen mir,
in anderen Kulturen sei Scheitern eine Qualität, die man sich erwerben muß. Im Sinne
von: Wer nicht wenigstens einmal pleite gemacht hat, kann doch vom Geschäftsleben keine
Ahnung haben. (Oh! Feines Kriterium! Ich gehöre dazu.)
Ich hab vorgestern
geschrieben:
>>Dabei ist diese ganze Kultur gefordert, auf eine Dämonisierung des mutmaßlichen
Täters zu verzichten und zu klären, wie viel an "Normalität", die wir alle
teilen, in dieser Geschichte steckt.<<
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Wir haben offenbar
eine Kultur, die Scheitern nicht zuläßt. Die "Normalität" heißt:
Unerbittliches Gelingen. Kontrollverlust. Scheitern. Einstehen und Aufstehen. Das ist von
manchen Menschen offenbar zu viel verlangt. Das aktuelle Beispiel: Er hat eigentlich nur
(NUR!) Geld versenkt. So berichten es die Blätter. Nun
das Verblüffende:
Er könnte ja neu beginnen. Oder sich selbst aus der Welt schaffen, falls ihm das
aussichtslos erscheint. Statt dessen schafft er jene aus der Welt, vor denen er natürlich
nicht im gewohnten Bild weiter bestehen kann.
Die Kolportage besagt, er wollte den Ermordeten die Schande
ersparen. Was sind denn das für Herrenattitüden, aus denen man SO über andere Menschen
verfügt? |
Genauer: Das ist ein
Herrenmenschen-Nümmerchen. Sieht man kurz von den privaten Gründen des mutmaßlichen
Täters ab, fällt auf, daß dieses Herrenmenschen-Nümmerchen in Österreich Geschichte
hat. Tradition. Hintergründe.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer alten
Bäuerin. Sie erzählte mir, wenn Bauern einmal "fertiggemacht" hätten, also
pleite gegangen wären, würde der Familie, genauer: dem Hause, das noch über
Generationen nachhängen.
Ein irritierender Sachverhalt. Denn gerade wer in einer
vormals so ärmlichen Region wie der Oststeiermark der Natur ausgesetzt war, brauchte
bloß ein, zwei schlechte Ernten erleben, dazu krankes Vieh haben, und schon hatte man
"fertiggemacht".
Man konnte sowas mit Tüchtigkeit wieder reparieren.
Manchmal gelang das erst den Kindern. Aber die Reputation war beschädigt. Jene, die den
gleichen Gefährdungen ausgesetzt waren, hielten den Makel an den Betroffenen lebendig.
Das Hau stand in Verruf, weil einmal etwas geschehen war, was allen hätte passieren
können.
Scheitern als Anlaß, um jemandem "Schuld und
Schande" für den Rest eines Lebens anzuhängen. Das muß offenbar gar nicht mehr
praktisch erfahren werden. Das nimmt jemand schon prospektiv an und plötzlich gibt es
Tote. Dabei war nur Geld versenkt worden.
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