4. Oktober 2007

Heute im Rahmen des Festivals "steirischer herbst"

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Lesung: "tandem"
Heinz Janisch und Mohammad Abdullahpour
Buchhandlung Plautz, Gleisdorf

Wie passend! Die beiden Autoren lesen aus einem Buch, das Meldungen dieser Tage kontrastiert: "Literarische Protokolle -- Polizisten treffen Migranten".

Unlängst mußte sich noch die Polizei Österreichs von verschiedenen Instanzen ausrichten lassen, daß einige ihrer Leute zu Menschenrechtsverletzungen neigen. Inzwischen sorgt sogar der Innenminister für eine Praxis der Menschenverachtung, die leider fast sprachlos macht.

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Arigona ist noch minderjährig. (Quelle: "Der Standard") Sie ist untergetaucht. Sie hat für den Fall einer Abschiebung mit Selbstmord gedroht. [link] Ihr Vater und vier Brüder wurden schon in das Kosovo entsorgt. Die Mutter durfte vorläufig bleiben, um die Tochter zu suchen. (Warum darf eigentlich nicht die ganze Familie suchen helfen?) In der Steiermark hat sich gerade eine ähnliche Geschichte abgespielt. [link]

Innenminister Günther Platter gehört der ÖVP an. Das ist eine Partei, die stets für das Kinderkriegen, "die Familie" und ähnliche Zusammenhänge sich stark zu machen behauptet. Habe ich bisher noch angenommen, dies sei eine "Operettenrepublik", sind wir mit diesen Vorfällen einmal mehr zum Rang der "Bananenrepublik" vorgestoßen. Der Staat schützt die Menschen, die sich ihm anvertraut haben, nicht.

Das ist ein Hauptpunkt in der Sache. Ohne Wenn und Aber. Sogar der vormalige Bundeskanzler Schüssel, der die Gesetzgebung zu solchen Verfahren zu verantworten hat, reißt nun in der Sache das Maul auf. Um seinen Parteikollegen zu verteidigen. Anstatt um das zu Tode geängstigte Kind sich zu sorgen. "Halt die Fresse!" gehört ihm zugerufen. Wir, der Souverän, haben dem Staat das Gewaltmonopol überlassen, damit den Menschen keine Gewalt angetan wird. Wenn Repräsentanten des Staates so handeln, sind sie uns allen eine Gefahr.

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Gestern war die Autorin Lydia Mischkulnig in Begleitung von Andrea Stift zu Gast in der Oststeiermark. Es gibt im Rahmen des Festivals "steirischer herbst" eine Serie von "Hausbesuchen". Dafür hatte sich Jaqueline Pölzer beworben.

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Jaqueline und Tino Pölzer hatte ich am Wochenende bei unserem "Gastmahl" am Tisch (Siehe Eintrag vom 2. Oktober!) Dieses zarte Netzwerk neugieriger und inspirierter Menschen quer durch die Region ist ein wichtiges Fundament des kulturellen Geschehens, das regional langsam viel seltener als "unnötig", als "zu viel", als ein "Za wos brauch ma des" angefochten wird.

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Aber zurück zu Mischkulnig. (Links: Andrea Stift.) In einem ihrer Texte kommt eine Passage vor, die den wunden Punkt dessen trifft, was ich oben angedeutet hab:

"Wahr ist, was Sinn stiftet."

Die kulturelle und politische Katastrophe dieses Landes liegt unter anderem in der zutiefst diskreditierten Sprache, die vernehmbar wird, wenn ein großer Teil des politischen Personals den Mund aufmacht. Das geschieht in einer Kumpanei enormen Ausmaßes mit Medienleuten. So wird das Gesprochene darauf gebürstet, Medienpräsenz zu erlangen. Das ist das Hauptereignis solcher Momente. Nicht eine Sinn stiftende Mitteilung, sondern die mediale Präsenz der, nein EINER Mitteilung, ergo die mediale Präsenz der sprechenden Person sind der herrausragende Unternehmensgegenstand dieser Akte.

Das ist die komplette Verhöhnung dessen, was wir heute unter Demokratie verstehen dürfen. Es ist das Untergraben dessen, was "öffentlicher Diskurs" bedeutet. So wird zumindest, ein schwacher Trost!, ganz gut verständlich, was etwa die Literatur einer Mischkulnig ist; im Gegensatz zu diesen erbärmlichen Medienereignissen. Nämlich, großzügig ausgelegt, das Beanspruchen einer Position in öffentlichen und privaten Weltdeutungen, von der aus es wohl nicht in Frage kommt, Menschen zu verletzen.

"Wahr ist, was Sinn stiftet." kann keineswegs von einer bestimmten Seite gepachtet werden, aber es empfiehlt wenigstens ein Minimum ein Redlichkeit. Dabei zeigt der Lauf der Dinge, wir haben in Österreich eine nicht abreißende Welle von Gründen, hochrangigen Politikern ins Wort und womöglich auch in den Arm zu fallen.

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Als ich gestern auf dem Weg in unsere "Galerie" war, ich sorge da für die Offenhaltung unserer Geschichte, sah ich Malerin Hertha Tinchon bei den Arbeiten von Deniz Gül (Türkei) und Amirali Ghasemi (Iran). Einmal mehr Anlaß, daran zu denken, was dem französischen Schreihals auszurichten ist: Ihr könnt den Iran nicht bombardieren! Ich hab einen Freund in Teheran.

Es ist schon merkwürdig. Das ganze 20. Jahrhundert belegt ab Verdun, daß die Bombardiererei nichts, absolut nichts bringt, was politisch sinnvolle Relevanz hätte. Daß testosterongesteuerte "Idiotes" mit schmalem Blick auf die eigene Medienpräsenz sowas immer noch als probates Mittel empfehlen, um bei anderen Menschen Verhaltensänderungen zu erwirken, ist grotesk.

[Dokumentation]


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40•07