10. August 2007
Was der Golf nie sein konnte, auch nach
mehreren Generationen, lief da plötzlich im trüben Wetter vor mir her. "Street
Machine" auf europäisch. Ein 02er-BMW, wie er Mitte der 1960er bis Mitte der 70er
gebaut wurde. Überdies als Cabrio. Welch schnörkellose Klarheit, die nichts raunt,
flüstert, andeutet, sondern IST!
Ein wesentlich unbekümmerteres Design haben
dagegen diese, nein, nicht in Honig gebackene Bananen, sondern Zwetschgen, die ich zum
Kennenlernen eben vorgesetzt bekam. Ich grüble immer noch ein wenig über das Louis
Sullivan-Diktum "form follows function", von dem hier am 6. August die Rede war. Und darüber, warum von etwas die Rede sei,
wenn doch geschrieben wird. (Vielleicht ein Echo der bei uns für rund zweieinhalb
Jahrtausenden versunkenen oralen Kultur.)
Das ist übrigens eine der neuen Lampen im
Zentrum Gleisdorfs, die ein Kitsch-Anbeter als "übermodernes Gestänge" abgetan
hat. Eine maximal zurückgenommene Linie, die sich ihrer Hauptfunktion widmet, leuchten
wenn es dunkelt, um dabei nicht mit der barocken "Türkensäule" symbolisch und
formal zu konkurrieren, weil diese doch das Hauptereignis des Platzes ist. Deshalb, wie
mir scheint, eine kluge Entscheidung des Planungsteams. Freilich gestaltet die Natur
anders, zuweilen auch streng, aber oft eben gewissermaßen fraktal.
Von solchen Relationen handeln die Stilfragen.
Wer gestaltet zu welchen Zwecken in welchen Zusammenhängen? Es gruselt mir dann eher vor
dem geschmacklich am Sortiment des lokalen Baumarktes geschulten Publikum. Dabei stelle
ich mich freilich selbst unter den Verdacht der Dünkelhaftigkeit. Schließlich hat nicht
jeder Mensch, Zeit, Kraft und Muße, sich jenseits des Erwerbslebens den Fragen der
Ästhetik zu widmen.
Andrerseits waren einst auch die hart
arbeitenden Mensch unter viel schwereren Lebensbedingungen durchaus in der Lage, selbst
den Gebrauchsgegenständen ästhetische Qualitäten zu verleihen. Wie denn? Man muß wohl
Erfahrungen im Arbeiten damit gesammelt haben.
Der Schund kommt offenbar aus Ramschläden,
Supermärkten und lokalen Baumärkten. Hier dämmert die Stunde der Idioten und man
müßte diesen Ramsch mit einem großen Hammer zerschlagen, weil damit in der Folge leider
nichts mehr etwa von Boticelli erzählt wird. Es bleibt bei dieser Verstümmelung
ästhetischer Kategorien. (Wäre wieder einmal Gelegenheit, daran zu erinnern, daß
Ästhetik nicht von "Schönheit", sondern von Wahrnehmung handelt.)
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