30. Juli 2007 II Naher
Osten: Sunnitische Waffen
Was sich nun am Golf auf Makroebene abspielt, gibt es auf
Mikroebene bereits im Irak - von Gudrun Harrer
Zu Beginn der 1990er-Jahre, nach dem Golfkrieg zur
Befreiung Kuwaits, boomten die amerikanischen Waffengeschäfte mit den arabischen
Golfstaaten: Saddam Hussein saß noch immer in Bagdad fest im Sattel, und seine arabischen
Nachbarn sollten in die Lage versetzt werden, sich vor etwaigen neuen Aggressionsversuchen
zu schützen. Ein Jahrzehnt später wurde der inzwischen zahnlose Diktator gestürzt - und
wieder klingelten kurz darauf die Kassen der Waffenhändler. Nicht nur wegen des
anhaltenden Krieges im Irak, sondern in viel größerem Stil: Diesmal muss der Arabische
Golf gegen den Iran aufgerüstet werden, den die US-Politik zur Hegemonialmacht aufsteigen
hat lassen.
Gleichzeitig mit dem Abschluss des Deals startet eine
neue US-Initiative in den sunnitischen Golfländern: Außenministerin Condoleezza Rice und
Verteidigungsminister Robert Gates wollen ihre arabischen Partner auf mehr Unterstützung
für die schiitisch geführte Regierung im Irak einschwören. Aus dieser Regierung ist die
stärkste Sunnitenfraktion vor Kurzem ausgezogen, weil sie Premier Nuri al-Maliki
sunnitenfeindliche Politik vorwirft. Man kann sich ausmalen, dass die Bereitschaft der
Golfstaaten, den US-Bitten nachzukommen, denkbar gering ist.
Ebenso ist nicht viel Fantasie vonnöten, um sich
vorzustellen, wie Maliki den US-Waffenverkauf an die sunnitischen Araber sieht: Besonders
aus Saudi-Arabien kommen immer wieder Andeutungen, dass man zugunsten der irakischen
Sunniten eingreifen könnte, wenn dies nach dem Abzug der USA nötig werden sollte. Und
was sich nun am Golf auf Makroebene abspielt, gibt es auf Mikroebene bereits im Irak:
Maliki liefert sich angeblich häufig böse Wortgefechte mit dem Oberkommandierenden der
US-Armee im Irak, General David Petraeus, weil die US-Armee im Irak gegen Al-Kaida
sunnitische Stämme bewaffnet - die diese Waffen im Fall des Falles gegen irakische
Schiiten einsetzen könnten. (DER
STANDARD, Printausgabe, 30. Juli 2007)
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