12. Juli 2007
Mit dem Reisenden und Fotografen Emil Gruber auf dem Weg durch
die Viertel von Graz, in denen das "City Upgrade" angelegt ist ("next code: reel").
Ein Suchen von markanten Aspekten der laufenden Veränderungsprozesse im städtischen
Leben.
Das ist natürlich höchst selten: Ein alter
680er Steyr mitten in der Stadt. Aber das eigentlich Bemerkenswerte ist der "Michl
Markt" mit den asiatischen Lebensmitteln und billigen Gütern für Menschen mit sehr
geringem Einkommen.
Diese Geschäfte sorgen gelegentlich für
Unruhe in der Stadt. Es wird gerne angenommen, dies sei Ausdruck des
"Herunterkommens" eines Viertels. Das Gegenteil ist der Fall. Denn es waren ja
davor Einheimische, deren Geschäfte herunterkamen, um dann leer zu stehen. So entsteht
gewöhnlich der Platz, an dem Leute, die härter und länger arbeiten, wieder etwas
voranbringen. "Avantgarden des Blühens", aus der Fremde zugewandert, die dem
Viertel die ökonomische Lebendigkeit bringen, zu dem Einheimische nicht mehr in der Lage
waren.
Zurück im Zentrum, zugegeben, da ist der
Voyeur in mir durchgegangen. Aber das war doch ein unüberbietbarer Moment in der Nähe
eines Eissalons.
Cut!
Muslime tragen Terror in westliche
Lebensräume. Kommentare handeln von Verblendung, Irrsinn, Zerstörungswut. Ich halte zwar
den "Dschihadismus" für das Tun einer "Weltuntergangs-Sekte". (Das
ist übrigens NICHT "der Islam".) Es scheint aber all das sehr viel
komplizierter zu sein. Die Akteure haben höchst unterschiedliche Motive. Es sind auch
keineswegs vor allem "Modernisierungsverlierer" und
"Armutsflüchtlinge" mit Bomben unterwegs. Es kursiert das Schlagwort
"Mittelklasse-Terror". (Siehe Eintrag vom 5.
Juli 2007!)
Wir haben dabei nicht im Blick, daß es seit
weit über hundert Jahren eine wachsende Vormacht "westlicher/christlicher"
Mächte gibt, die rund um die Welt auch von einem permanenten Herabwürdigen und
Demütigen muslimischer Menschen handelt. Ich halte es für evident, daß hier ein
kausaler Zusammenhang besteht.
Dabei wiegt auch, daß offenbar eine reguläre
Armee ganz leicht zur mordenden Soldateska wird, wenn man die Einheiten nicht streng unter
Kontrolle hält. So ein Anspruch mag widersprüchlich klingen, ist aber unverzichtbar.
Amerikanische Einheiten demonstrieren das mit
ihren Entgleisungen im Irak. Wir haben es bezüglich russischer Truppen in Afghanistan und
Tschetschenien schon weitgehend vergessen. Nun aber:
In "Der Standard" war eben über "mehreren hundert Leichen"
in einem unterirdischen Gefängnis zu lesen. Dort war offenbar gefoltert und ermordet
worden, sind Menschen lebendig eingemauert worden. In einem anderen Massengrab fand man
Teile von etwa 400 Leichen.
Inzwischen erfahren wir auch mehr Details
über Folter im irakischen Abu Ghreib-Gefängnis. Es wird klar, da wurde mit quasi
staatlich genehmigten Methoden gefoltert. Diese obszöne Entwicklung erreicht inzwischen
Europa, Repräsentanten von Republiken denken laut über eine Lockerung des Folterverbotes
nach.
Wir haben gute Gründe, solche Entwicklungen
zu fürchten. Wir haben noch mehr Gründe, uns dagegen zu stellen. Während inzwischen
Millionen Muslime laufend erfahren: Sie machen das mit unseren Leuten und nichts hält sie
auf. Ich bin auf jeden Fall nicht überrascht, daß einzelne Menschen ihr Leben wegwerfen,
um etwas von diesem Schrecken an uns zurückzugeben.
Es gibt keinen "Krieg gegen den
Terrorismus". Es gibt nur: Krieg. Auf dem Weg ins 21. Jahrhundert haben wir erlebt,
wie Krieg immer mehr von Schlachtfeldern verschwindet und in die Lebensräume der Menschen
einsickert.
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