18. Juni 2007

Selbstverständlich sind die Modi auf dem Weg zur "Regionale 2008" problematisch, die Fristen zu kurz, die Intentionen zu unscharf, die Begehrlichkeiten aus allen Ecken und Enden erheblich. Was sonst, wenn über ein Budget von mehreren Millionen Euro zu verfügen ist?

Hatte jemand ernsthaft gedacht, so ein Budget würde einigermaßen kerzengerade der "Freien Szene" zufallen? Lustig! (Bin ich hier der Dorfdepp?) Nein, sowas gibts nicht einmal im Märchen. Guten Mooorgen! Bitte aufwachen!

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Selbstverständlich mißfällt es mir, wenn via Medien als erstes ein gut gebügelter Bürgermeister als zentrale Person auftaucht, wo nun das Projekt vergeben wurde. (Quelle: "Kronen Zeitung") Dieser Artikel beginnt im Haupttext so: "Das Projektteam -- Feldbachs Bürgermeister Kurt Deutschmann, Designer Alexander Kada und Werbemann Gerolf Wicher -- will ..."

Ja, das weiß ich schon zu dechiffrieren und halten wir einmal fest: Das ist kein günstiges Statement für Kunstschaffende. Aber das hat eben auch viel damit zu tun, welche Lobbies sich formieren, wenn um ein Budget gerannt werden kann. Und wie diese Lobbies aufgestellt sind.

So lange "Die Szene", was immer das sein mag, in der Disziplin "Larmoyanz" jederzeit Spitzenwerte schafft, anstatt Politik und Verwaltung im Kulturbereich entsprechend zu fordern, setzen sich halt, wie man sieht, Gespanne von Bürgermeistern, Designern und Werbefachleuten immer wieder durch. Das ist jetzt zwar polemisch verkürzt, aber gut darstellbar.

Außerdem muß man inzwischen wohl das Wort "Vernetzung" ebenso für einige Jahre auf den Index setzen wie "Nachhaltigkeit". Das ist längst Inventar einer nationalen Phrasendresch- Anstalt geworden.

Mich interessiert viel mehr die Frage: Was lernen wir draus?

Ich erinnere mich zu gut, wie wir in der Arbeit an unserem Konzept für "Leben, Kunst, Geschwindigkeit" mehr als einmal erörtert haben, es könnte auch die gute Nachricht sein, den Zuschlag NICHT zu bekommen.

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Philosoph Erwin Fiala wurde nie müde, uns daran zu erinnern, welches Maß an externen Interessen und Begehrlichkeiten auf uns zukäme, wenn unser Vorhaben mit mehreren Millionen Euro ausgestattet würde. Mindestens etliche von uns waren sich durchwegs einig, wir sollten beide Verianten als spannende Aufgaben sehen, in einem von uns definierten Raum neue kulturelle Akzente zu setzen. Mit oder ohne "Regionale". Siehe dazu auch: "Diwan (Gleisdorf nach der Entscheidung zur Regionale 2008)"

Nun also ohne "Regionale". Muß ich auch nur einen Moment nachdenken, was etwa die nächsten 20 Monate zu tun sei? Nein. Ich kenne unsere Themenstellungen, Vorhaben, Optionen. Und was immer "Der Orient" sei, mindestens die letzten 500 Jahre zwischen Wien, Beograd und Istanbul beschäftigen mich wie uns ohnehin. (Siehe dazu auch "Der Balkan-Reflex"!)

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Was mit "der Orient" gemeint sein mag, hat natürlich meist sehr viel mit Klischees und Stereotypen zu tun. Ich bin mit den Büchern von Karl May aufgewachsen, der viel, enorm viel über "den Orient" geschrieben hat. (Sehr aufschlußreich: May scheiterte seinerzeit am Versuch die gemeinten Regionen zu bereisen, weil ihm Klima und Verhältnisse dort unerträglich waren.)

In meinem Eintrag vom 23. Mai findet man Notizen zu einem Arbeitsgespräch mit der türkischen Künstlerin Deniz Gül. Wir hatten uns dabei unter anderem auf eine Passage im aktuellen Buch von Dzevad Karahasan bezogen. Bosnische Häuser. Aber es ging dann auch um Momente in Serbien, wen gesagt wurde: "Idem na divan." ("Ich gehe Divan.")

Zu diesen Motiven habe ich nun bei Ivan Redi von "ortlos architects" nachgefragt, denn er stammt aus Nis in Südserbien. Ob man sich dort dem "Orient" zurechnet, weiß ich gar nicht. Aber jemand aus der Vojvodina wird sicher sagen, die aus Südserbien seien "anders". Das sind natürlich beschreibbare Verschiedenheiten.

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Ich mag den Humor aus dieser Gegend sehr. Ivan, von mir befragt, ob es in seiner Heimat etwas Typisches an den Häusern gäbe, an "traditionellen Häusern", schrieb mir:
>>in alten serbischen häusern gab es quer durch immer einen mittelgang mit zwei türen, an jedem ende eine. eine um in das haus hinein zu gehen und die andere um von den türken zu flüchten :-)<<

Anschließens meinte er:
>>ein guter tip und exzellente beschreibung ist das buch "na drini cuprija" von ivo andric.<<

Wer sich von dieser Region und ihren historischen Kräftespielen eine Eindruck verschaffen möchte, ist mit Andrics Romanen "Die Brücke über die Drina" und "Wesire und Konsuln" sehr gut beraten.

Ivan Redi:
>>aber darüber gibt es viel zu erzählen. beispielsweise bei uns in der niser wohnung sind eingangstür immer offen, so dass die nachbarin vera jeder zeit reinkommen kann.<<


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