23. Mai 2007 Ob es im
letzten Hochsommer heißer war als in den vergangenen Mai-Tagen? Bei einem kurzen Gang
durch die Stadt hatte ich das deutliche Gefühl, es wäre klug gewesen, zum Schutz
Sonnencreme aufzutragen. Nun der Regen, an dem ich nicht bloß die Abkühlung mag, die er
verursacht, sondern auch die sich markant verändernde Geruchswelt, zu der Regen in der
Hitze führt.
Hitzige Momente bieten diese Tage ebenso auf anderer Ebene.
Da sich in der Oststeiermark einige Gemeinden gewinnen ließen, ein größeres kulturelles
Vorhaben in Angriff zu nehmen, das eine ganze Region verbinden soll, wird da nun heftig
gedacht, debattiert und gerechnet. Ich hab selbst keine Scheu, ein 100.000 Euro-Budget in
die Hand zu nehmen, das läßt selbst einen Kalkulations-Legastheniker wie mich nicht mehr
nervös werden.
Wenn es aber um einige Millionen Euro geht, sehe ich mich
hilfesuchend nach versierten Leuten um. So konnte ich dann diesen beiden Jungs vergnügt
zusehen, wie ihre Stifte über Papiere und Taschenrechner tanzten. Links Georg Köhler,
Kulturbeauftragter der Stadt Weiz, rechts Winfried Kuckenberger, Leiter des Gleisdorfer
Kulturbüros. Beide merklich entspannt und ohne Unruhe über die zu lösende Aufgabe, in
einem Packen von Zahlen Lesbarkeit und Kohärenz herzustellen, um es dann auch
Bürgermeistern plausibel kommunizieren zu können.
All das bei einer Session, die nun zur zweiten schönen
Sprachschöpfung, die mir erhaltenswert erscheint, in dieser Arbeitsrunde geführt hat.
Wie Philosoph Erwin Fiala vor einem Weilchen das Wort "Kazapität" auf den Tisch
gelegt hatte, kam nun von Künstler Richard Frankenberger "Symposiant".
Cut!
Apropos! In Liechtenstein hätte ich gerne ein Stück des
Symposions weiter getragen, jener "Erzählung", die in der Oststeiermark schon
einige Markierungen hat: [link] Aber dort war's einfach nicht danach. Wie überhaupt das
inhaltliche Arbeiten, auch das klassische "Preisen des Eros" verlangt ja, daß
man seine Gründe nennt, wie also inhaltliches Arbeit, welches dann auch in Diskurse
führen könnte, schon geraume Zeit nicht gar so populär zu sein scheint.
Liechtenstein war dann aber auf jeden Fall die Gelegenheit
für ein sehr ausführliches Arbeitsgespräch mit der Künstlerin Deniz Gül. Wir haben überprüft, was
in den verschiedenen kulturellen Regionen sichtbar wird, wenn man Häuser und Städte
darauf hin betrachtet, wie dort die Verhältnisse zwischen privatem und öffentlichem Raum
geregelt sind.
Dabei sind wir von der Schilderung eines bosnischen Hauses
ausgegangen, dessen Strukturen und Gliederungen Dzevad Karahasan in seinem aktuellen Buch
"Berichte aus der dunklen Welt" darlegt. Mirjana Selakov erzählte
ferner, was es bedeutete, wenn ihre Urgroßmutter sagte: "Idem na divan."
"Ich gehe Divan" ("Divan" wird auf dem
a betont) bedeutet seinen Sessel zu nehmen und auf die Straße zu gehen, zu jenem Eck, wo
Menschen zusammensitzen, um sich zu unterhalten. Im Süden findet man solche Szenen noch
und ich bin sicher, es gibt nach wie vor österreichische Dörfer, in denen es ebenso
gepflegt wird.
Erwin Fiala erzählte zu diesem Thema, wie deutlich das in
den Städten Amerikas Anfang des 20. Jahrhunderts sichtbar geworden sei. Der wachsende
Verkehr verdrängte das Leben von den Straßen und Gehwegen. So ist es ja auch bei uns
geschehen. Wie radikal die sozialen Konsequenzen solcher Prozesse sind, haben wir zwar vor
Augen, das Thema ist aber wenig beliebt.
Wer nicht sieht und nicht gesehen wird, riskiert die
soziale Abwertung in einem Ausmaß, wie es manchmal Menschen sogar tötet. Das wäre
allgemein keineswegs unklar. Trotzdem läuft real und "alltagspolitisch" ein
erbitterter Kampf um noch mehr Raum für Automobile, um noch mehr Parkplätze etwa in der
Innenstadt Gleisdorfs ...
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