3. März 2007
Seite vielen Jahren erlebe ich es wieder einmal, daß
Kulturschaffende der Region mit einiger Regelmäßigkeit in gemeinsame Gespräche gehen.
Was auch von sehr sinnlichen Querverbindungen handelt: Die 70 Liter Wein des Fery Berger
(den man oben im Vordergrund sieht). Ich hab unlängst
davon erzählt. Und ich hab etwas davon erhalten.
Blaufränkisch. Bei genauem Hinsehen findet einen kleine
Verbindung zu Peter Handke. Dessen
langjährige Anfechtung des Monopolanspruchs in Sachen Definitionsmacht, wie er von
Zeitungs- und Rundfunkleuten hoch gehalten wird, gerade kaum Widerstände erzeugt. Man
rezensiert seine aktuellen Veröffentlichungen, leistet sich gelegentlich verschämte
Hinweise auf den jugoslawischen Sezessionskrieg und welches Gebaren man Handke da
zugeschrieben hat, das wär's.
Derweil ist die Rede, daß Bosnien und
Herzegowina mit einer Anklage Serbiens wegen Völkermord beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag
abgewiesen worden sei. (Summary of the Judgment) Weiters heißt es aus Wien, die Verhandlungen
um die Zukunft des Kosovo und Metohia sei in den völlig festgefahrenen Verhandlungen
total unklar.
Nun ist ja unübersehbar, daß die Konflikte
zwischen verschiedenen Ethnien in Südosteuropa enorm sind. Einfach gefolgert liegt das
"Auseinander!" nahe. Was mich dabei so verblüfft: Wie kann denn oder soll das
real in ein fortgesetztes Bilden immer neuer Nationalstaaten münden?
Es hat mich schon die Unabhängigkeit von
Montenegro sehr erstaunt. Aber eigentlich wäre weiter zurück zu blicken. Wieso hat
Europa, nein: haben maßgebliche Nationen Europas eigentlich diesen "Rückfall ins
Ethnische" gefördert, als Jugoslawien in so schweren Krisen steckte?
Vor allem die internationale Anerkennung
Sloweniens und Kroatiens war im losgebrochenen Sezessionskrieg so schnell, in wenigen
Monaten, realisiert, daß es hier vorab schon geheime Verhandlungen gegeben haben muß.
Warum also hat dieses Europa nicht spätestens
in den 1980ern einem krisengeschüttelten Jugoslawien intensive Hilfe und Ermutigung
geboten, um die anstehenden Probleme zu lösen? Vor allem mit Hinblick auf diese zentrale
europäische Option der Politik, ETHNOS eben NICHT zur Grundlage von Nationalstaaten zu
machen.
Ich habe hier schon mehrmals jenes Reüssieren
einer "Neuen Rechten" erwähnt, das in den 1980ern quer durch Europa wahrnehmbar
gewesen ist, ohne daß meine Generation das ausreichend ernst genommen hätte. Heute haben
wir vaterländische Parteien mit rassistisch orientierten Proponenten im Parlament. Das
sind genau die Leute, die ganz offen Ethnos als Grundlage der Nation fordern.
Dabei sehen wir gar nicht all jene Akteure der
Politik, die auf verdeckte Art das "Prinzip Ethnos" forcieren. Und wir machen es
uns leicht, wenn wir etwa südslawischen Völkern eine spezielle Anfälligkeit für die
offensichtlichen Grausamkeiten unterstellen. Unfug! Es ist ein gesamteuropäisches
Problem. Man kann nur staunen, welche Exempel am Beispiel Südosteuropa da seit etwa 15
Jahren gegeben werden.
[Der
"Balkan-Reflex"]
[kontakt] [reset] [krusche] |