18. Februar 2007

Im Hintergrund meines Denkens arbeitet offenbar eine ganz dünkelhafte Instanz, die amüsante Fehlleistungen produziert. Die aktuelle deutschsprachige Ausgabe von "Vanity Fair" (engl.: "Jahrmarkt der Eitelkeiten") hat, welche Überraschung!, KHG (österr.: "Karl-Heinz Grasser") als ausgezehrten Schmock auf dem Cover inszeniert. Für gefällige 1 Euro gibt's da so allerhand zu sehen.

>>Berlin - Fiona Swarovski, die Jet-Set Lady und Kristall- Erbin, hat sein Leben verändert. Aus dem erfolgreichen jüngsten Finanzminister Europas ist ein Ehe- und Lebemann geworden, der sein Motto "Mehr privat, weniger Staat" in die Tat umsetzt: ...<< [Quelle]

Wie man nun ZUGLEICH Ehemann und Lebemann sein kann, naja, das ist wieder mal so ein Journalisten-Pausennümmerchen, da wird mit Motiven gespielt, ein emotionaler Popanz aufgebaut, der sich genau so in keine Realität übersetzen läßt. Aber das ist schließlich das Hauptgeschäft auf einem "Jahrmarkt der Eitelkeiten".

Meine dünkelhafte Instanz hat mich nun als Webadresse lesen lassen: "Karl-Heinz Grassers neue Rolex". Und ich stutzte, denn wen schert's, daß jemand eine neue Rolex hat? Das schaffen inzwischen ja sogar Hausmeister. Aber das stand da ohnenhin nicht, sondern, genau betrachtet:

http://www.vanityfair.de/vf/news/2007/02/13/00077/-Karl_Heinz_Grassers_neue_Rolle-/index.php

Anschließend wird's dann aber ZU komisch. Es scheint, der ausgezehrte Schmock hat nach all seinen Ausritten auf diesem Marktplatz noch immer nicht heraußen, wie das auf dem Boulevard läuft:

>>Grasser klagt "Vanity Fair" / Der Minister a.D. zieht gegen das Magazin vor Gericht. Fotos, die ihn leicht bekleidet zeigen, waren für "private Zwecke" bestimmt.<< [Quelle]

Cut!

Ich hab gestern notiert: "Vermutlich haben die südslawischen Völker in ihrem Sezessionskrieg mindestens eine Generation verloren." Zwei Generationen. Das kommt wohl eher hin. Vielleicht sogar mehr. Dabei ist nicht erst von jenen die Rede, denen die Kriegshandlungen schwere Traumata zugefügt haben.

Ich hab mir eben ein kleines Beispiel darlegen lassen. 1983 / 84 hatten in Novi Sad rund 250 junge Menschen Elektrotechnik inskribiert. Davon schlossen rund 150 das Studium in kürzester Zeit, also noch vor Kriegsbeginn, ab. Nach einer großzügigen Schätzung sind davon heute vermutlich nicht mehr als 50 im Lande geblieben. Etwa zwei Drittel emigrierten. Davon waren mehr als die Hälfte Männer, die nun in anderen Ländern längst Familien gegründet haben und wohl kaum je zurückkehren werden.

Ein "Brain Drain" solchen Ausmaßes wäre für jedes Land eine Katastrophe. Von den wirtschaftlichen Problemen, die Jugoslawien schon VOR Kriegsausbruch hatte, erzählt äußerst eindrucksvoll genau jenes "SANU-Memorandum", von dem bei uns oft zu lesen war, es sei das grundlegende "Programmpapier" der "großserbischen Aggression" gewesen.

Zu diesem Eindruck kam ich bei näherer Betrachtung des Papieres nicht. Man kann sich das im Web genau ansehen: [link] (Ich hab hier noch einige Links zu Dokumenten, die zu lesen ich lohnt, weil ihre Inhalte teils Anlaß zu heftigen Spekulationen waren und sind.)

Das "SANU-Memorandum" ist vor allem ein Befund der Defizite und Probleme des Staates. Übrigens! Man stelle sich vor, die österreichische "Akademie der Wissenschaften" würde der Regierung dieses Landes ein vergleichbares Papier zustellen. Wir hätten einen innenpolitischen Skandal ersten Ranges. Und die Gelehrten, von denen das Dokument stammte, hätten als Reaktion vermutlich umgehend die Steuerfahndung am Hals, gefolgt von einigen anderen Unannehmlichkeiten, die ihnen solche Art der Kritik austreiben möchten. Kurz, die Politik würde sich für so ein Memorandum sehr heftig bedanken. Da halte ich JEDE Wette.

Demnach: unmittelbar VOR dem Krieg Jugoslawiens Problemlagen, die niemand mehr in den Griff bekam. Durch den Krieg all die Probleme, von denen wir (als Kinder und Enkel der Nazi) ja mindestens vom Hörensagen im eigebnen Land wissen. Nach dem Krieg all die Einschränkungen, von denen hier kaum jemand wissen will.

Ginge in dieser Region nun eine weitere Generation verloren, es wäre ein Schaden für ganz Europa. Vor allem aber, wir hätten es alle mitzuverantworten. Nebenbei: Da ist noch ger nicht erörtert, wie und woher es denn kommt, daß Völker im Konfliktfall so sehr ins "Ethnische" gehen, daraus Feinde markieren und töten ...

[Der "Balkan-Reflex"]


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7•07